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Im Bann des roten Mondes

Im Bann des roten Mondes

Titel: Im Bann des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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einige Beduinen mit ihren Ziegen und handelten mit dem Koch. Andere schöpften am Brunnen Wasser. Es war ein stillschweigendes Übereinkommen zwischen dem Kommandanten und den Beduinen, seitdem die französische Kolonialregierung diese Oase unter ihren Befehl gestellt hatte, dass die Beduinen ihr Vieh wie seit je an diesen Brunnen bringen konnten. Zumindest gab es dadurch einen Scheinfrieden. Die Beduinen gelangten ans Wasser und ließen die Soldaten in Ruhe. Sie handelten mit ihnen und zumindest, was das Essen anbelangte, gab es keine Not. In der Oase wuchsen reichlich Dattelpalmen, wurden Zwiebeln, Tomaten und sogar Granatäpfel angebaut. Die schönen Frauen der Ouled Nail, eines Berberstammes, verhießen den Soldaten eine angenehme Unterbrechung ihres stumpfsinnigen Dienstes. Die Mädchen tanzten und prostituierten sich gegen Geld, das sie für ihre spätere Aussteuer verwendeten. So gab es eine relativ friedliche Koexistenz der Bewohner der Oase und der Stationierten in der Garnison.
    Was Kommandant Febréze mehr Sorge machte, waren seine eigenen Soldaten. Seit 1873 die allgemeine Wehrpflicht in Algerien eingeführt worden war, mussten alle Algerier ihren Dienst ableisten. Der Gedanke, dass die undurchschaubaren Einheimischen unter Waffen standen, verursachte Febréze kein geringes Unbehagen. Umso mehr versuchte er, den Druck groß genug zu halten, um das Pulverfass, auf dem er saß, nicht zur Explosion zu bringen.
    Der Kommandant tupfte sich das Gesicht mit kühlem Wasser ab, das immer in einer Schüssel neben seinem Schreibtisch stand. Dann verließ er sein Quartiersbüro und trat hinaus auf den Hof. Eine Weile schaute er den Soldaten zu, die kaum noch die Füße heben konnten und sich im schleppenden Laufschritt im Kreis herumquälten.
    Dann winkte er zwei seiner Offiziere heran. »Sergeant Boulieux, nehmen Sie zehn berittene Leute zu einer Patrouille Richtung Südosten. Sie, Merville, patrouillieren mit fünf Reitern und zwanzig Fußsoldaten nach Südwesten.«
    Die Offiziere salutierten und gaben die Befehle weiter. Die Pferde wurden gesattelt, die Soldaten nahmen Aufstellung. Kommandant Febréze schritt die Reihen ab. Dann nickte er und wandte sich an die entkräfteten Leute, die von Pellegrue geschunden wurden. »Und wenn ihr glaubt, euch über euer Schicksal beschweren zu müssen«, tönte Febréze, »dann steht es jedem frei, die Patrouille von Sergeant Merville zu begleiten.«
    Niemand antwortete ihm. Nur der keuchende Atem der Soldaten übertönte noch den ständig wehenden Saharawind.
    »Nun, niemand hier, der sich freiwillig meldet?«, höhnte Febréze. »Dabei würden die hübschen Berbermädchen heute Abend gern Helden begrüßen und keine Schlappschwänze!«
    Zögernd trat einer der Soldaten vor, dann ein zweiter, vier, fünf, sieben. Dabei blieb es. Febréze wippte auf den Zehenspitzen. »Das ist alles?« Wieder wanderten seine Augen die Reihen entlang.
    »Gut«, sagte er schließlich. »Die Freiwilligen schließen sich der Patrouille an. Die anderen haben sich geirrt, wenn sie glauben, sich ausruhen zu können. Pellegrue, sammeln Sie die Soldaten zu einem Fußmarsch durch die Dünen. Das ist gut für die Kondition!«
    »Sehr wohl, Kommandant«, salutierte Pellegrue und knirschte mit den Zähnen. Da knirschte es ohnehin von dem aufgewirbelten Staub.
    Er ließ sich sein Pferd satteln. Die beiden anderen Patrouillen und seine Truppe marschierten durch das offene Tor in die Wüste hinaus.
    »Ein Lied!«, brüllte Pellegrue. »Stimmt ein Lied an!«
    Zögerlich, dann immer lauter schallte der Gesang aus rauen, durstigen Kehlen in den milchig blauen Wüstenhimmel.
    Nach kurzer Strecke trennten sich die beiden Patrouillen. Boulieux schwenkte nach Südosten ab, während Merville in Richtung Südwesten marschierte. Pellegrue trieb seine Leute stur geradeaus nach Süden.
    Die Hitze drückte mit dem Gewicht von Wackersteinen auf die armseligen Menschen herab, die sich durch die Wüste schleppten. Die Sonne stand im Zenit, und Pellegrue marschierte unbeeindruckt weiter.
    »Vorwärts, ihr lahmen Schnecken! Aus euch muss man erst noch richtige Soldaten machen. Anschluss halten! Aufrücken! Wegen eines Nachzüglers kehren wir nicht um!«
    Der Gesang war schon längst verstummt, die Soldaten starrten stumpfsinnig vor sich hin, nur noch darauf bedacht, nicht zu straucheln. Sonst würden sie an dieser Stelle liegen bleiben, um nie wieder aufzustehen.
    Leutnant Pellegrue hasste die Wüste, so wie alle

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