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Im Bann des roten Mondes

Im Bann des roten Mondes

Titel: Im Bann des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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Männer waren, da sie ihre Gesichter generell verschleiert hielten. Zehn von ihnen trugen Schwerter. Das mussten die »Edlen« der Tuareg sein. Die anderen waren wahrscheinlich Sklaven. Aber es war auch nicht von Bedeutung. Arkani war bei ihr. Nur das zählte.
    Erst als sich die Sonne dem Horizont zuneigte, legten sie eine Rast ein. Sorgfältig wählte Arkani die Stelle für das Nachtlager. Es gab ausreichend vertrocknete Sträucher, die in der Nähe der eigenartigen Felsen wuchsen. Einer der Männer sammelte das Holz, nachdem alle sich zunächst um ihre Dromedare gekümmert hatten. Sie bekamen weder zu fressen noch zu trinken, aber das war sicher nicht nötig. Nur die Sättel und die Wassersäcke wurden ihnen abgenommen und die Vorderbeine gefesselt. Danach begann die umständliche Zeremonie des Teekochens. Ein weiterer Targui bereitete das einfache Mahl aus Hirsebrei, Wasser, getrockneten Tomaten und Kichererbsen. Dann hockten sich alle im Kreis um das Feuer und aßen und tranken den heißen Tee. Désirée hockte mitten zwischen ihnen. Sie wusste nicht, ob es schicklich war oder nicht. Aber sollte sie allein abseits sitzen? Arkani würde sie schon darauf hinweisen, wie sie sich zu verhalten hatte. Außerdem war sie ja die Hauptperson. Nicht sie begleitete die Männer, sondern die Männer begleiteten sie.
    Das Essen geriet zu einer seltsamen Zeremonie. Alle speisten aus einer Schüssel, die reihum gereicht wurde. Doch für jeden steckte ein eigener hölzerner Löffel im Brei. Den benutzte derjenige, um danach die Schüssel an seinen Nachbarn zu geben, der den nächsten Löffel nahm und nur von dieser Stelle aß. Niemals konnte Désirée beobachten, dass die Männer nach arabischem Brauch mit den Fingern speisten. Anfangs hatte sie geglaubt, dass das Essen, welches Aissa oder Tedest ihr gebracht hatten, mit einem Löffel verzehrt wurde, weil sie eine Europäerin war.
    Nach dem Essen tranken sie Tee, und die Männer plauderten zwanglos miteinander. Da Désirée die Sprache nicht verstand, erhob sie sich und setzte sich ein Stück abseits. Sie ließ ihre Gedanken fließen und verspürte plötzlich den Schmerz in ihrem Körper. Die Anstrengung nach ihrem langen Krankenlager war wohl doch zu groß, als dass ihr Körper sie so einfach toleriert hätte. Es war ihr unmöglich, mit untergeschlagenen Beinen zu sitzen wie die Tuareg. Wie hielten die das bloß aus?
    Stöhnend streckte sie ihre Glieder und stützte sich mit den Armen im Sand auf. Auch ihr Rücken protestierte. Hoffentlich bemerkte es Arkani nicht. Sie wollte nicht am ersten Tag der Reise schon Schwäche zeigen.
    Die Kälte der Nacht griff nach ihr. Sie spürte eine warme Decke um ihre Schultern. Die Dunkelheit war plötzlich hereingebrochen wie an jedem Abend. Auch wenn sie sich nicht umdrehte, sie wusste, dass es Arkani war. Er setzte sich in leichtem Abstand neben sie, und gemeinsam betrachteten sie den Himmel.
    Keiner von beiden wagte, die Stille zu durchbrechen. Doch dann wandte sich Arkani an Désirée. »Dein Herz ist voller Fragen«, sagte er.
    In diesem Augenblick wurde sie von ihrer Ungeduld überrannt. »Und wie«, erwiderte sie. »Bislang habe ich überhaupt nicht begriffen, worum es eigentlich bei meiner eigenartigen Gefangennahme ging. War ich wirklich eine Gefangene?«
    Arkani antwortete nicht. Da sie sein Gesicht nicht sehen konnte, musste sie in die Stille hineinlauschen.
    »Fühltest du dich als Gefangene?«, erwiderte er die Frage nach einiger Zeit.
    »Selbstverständlich. Es gab da unmissverständliche Zeichen. Zunächst dein Wort, dass ich deine Gefangene sei. Das hast du doch nicht so dahergesagt. Ich vermute, dass ihr in eurer Versammlung beratschlagt habt, was ihr mit mir anfangen wollt. Umbringen, Lösegeld erpressen oder ...« Sie stockte.
    »Oder?«
    »Ich weiß nicht, was man sonst noch mit einer Gefangenen machen kann. Ich möchte nicht an andere schreckliche Dinge denken.«
    »Foltern? Vergewaltigen?«, sprach es Arkani aus.
    Désirée schluckte. »Ja«, antwortete sie gepresst.
    Sie hörte, wie Arkani scharf die Luft durch die Nase ausstieß. »Wir sind keine Franzosen«, sagte er hart.
    »Na, hör mal«, begehrte Désirée auf. »Über Jahrhunderte war Frankreich Vorbild für einen ganzen Kontinent. Was hat es geschadet, den Franzosen nachzueifern? Die französischen Männer sind charmant und nationalbewusst. Manchmal ein bisschen stur wie Esel und überzeugte Kämpfer. Es gab große Feldherren unter den Franzosen und große

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