Im Bann des stolzen Wuestenprinzen
Hatte er angenommen, sie würde die Situation nicht verstehen?
„Ich weiß die Mühe zu schätzen, die Sie sich mit diesem Ausflug gemacht haben.“ Nicht nur Mustafas Männer, auch Amirs Leute standen Wache. „Aber glauben Sie mir, je eher die Verhandlungen zu einem Ende kommen, desto glücklicher bin ich.“ Sie würde sich erst wieder in Sicherheit fühlen, wenn sie zurück in Tarakhar war. Sie schaute auf die Felder hinaus, die weit unterhalb der Berge lagen. „Wo liegt eigentlich die Grenze?“
Amir zeigte mit einer ausholenden Geste über das Land dort unten. „Die Gebirgskette zieht eine natürliche Grenze zwischen den beiden Staaten. All das dort gehört zu Tarakhar.“
„Es scheint ein sehr fruchtbares Land zu sein.“ Sie dachte an die Fahrt mit dem Bus zurück.
„Die Wüste liegt weiter südlich, dort leben auch noch Nomaden.“ Amir beschrieb sein Land mit den fruchtbaren Tälern und rauen Bergen mit einer Begeisterung, die Cassie fast neidisch werden ließ. Sie lebte gern in Melbourne, mochte die Stadt mit der lebendigen Kultur, aber sie hatte nie eine so tiefe Liebe für einen Ort verspürt, wie Amir sie offenkundig für sein Land hegte.
Im goldenen Schein der Sonne wirkte das, was sie von Tarakhar sehen konnte, geradezu idyllisch. „Was sind das für Zickzacklinien, die sich über die Ebene ziehen?“
„Bewässerungsgräben. Schon seit Jahrhunderten wird das Wasser aus den Bergen in diese Kanäle gespeist und garantiert so Tarakhars Wohlstand.“ Amir führte Cassie zu einer gedeckten Tafel, die sich unter den Speisen bog.
Faruq, der sich diskret zurückzog, hatte sich mit dem Arrangement selbst übertroffen. Amir gefiel es, dass Cassie die landestypischen Speisen so sehr genoss. Oder vielleicht genoss er es auch nur einfach, ihr beim Essen zuzusehen.
„Ich hätte nicht erwartet, dass es so schön ist“, sagte sie, den Blick auf das weite Land gerichtet.
„Es gefällt Ihnen also?“ Erstaunlich, wie sehr ihn ihr schlichtes Lob freute. Er hätte gedacht, die gemachte Erfahrung würde ihr Urteil trüben. Doch Verbitterung schien sich bei Cassie nicht lange zu halten. Sicher, sie verabscheute, was ihr widerfahren war, dennoch besaß sie eine grundsätzlich positive Einstellung.
„Das Wenige, was ich vom Bus aus gesehen habe, gefiel mir sehr. Und die Menschen hier sind freundlich.“
„Die Tarakhaner sind von Natur aus gastfreundlich.“
Sie schaute vielsagend auf die Schüsseln und Teller auf dem Tisch und lachte auf, ein sanftes Trillern, das leise in die Luft stieg. Es war ein Laut, der Amir ein Lächeln entlockte und ihr formelles Verhältnis ins Wanken brachte.
Er bewegte sich auf einem schmalen Grat. Zwar wünschte er, dass sie sich nach dem erlebten Trauma entspannte, aber er durfte ihr nicht zu nahe kommen. Schon jetzt herrschte eine Vertrautheit zwischen ihnen, die leicht gefährlich werden konnte. Es war besser, wenn er den Umgang zwischen ihnen zwar lässig gestaltete, dennoch unmissverständliche Distanz wahrte.
Also, keine persönlichen Fragen mehr. Eher unwillig unterdrückte er den Drang, mehr über seine faszinierende Begleiterin zu erfahren. „Ich werde Ihnen mehr von unserem Bewässerungssystem erzählen …“
Amir sah zu, wie das erste Licht des neuen Tages draußen vor der Zeltwand aufzog.
Eine weitere schlaflose Nacht lag hinter ihm.
Er rührte sich leicht und zuckte zusammen, als die weiche Baumwolle über seine heiße Haut rieb. In Gedanken verfluchte er die Pumphose, doch der Anstand gebot, dass er die Hose zum Schlafen trug. Und es war unerlässlich, damit Cassie das Gefühl von Sicherheit hatte.
Außerdem war es nicht wirklich die Hose, die ihn quälte, sondern Cassie. Cassie mit ihrem silberhellen Lachen, Cassie mit ihrer Courage. Jedes ihrer Worte, jede ihrer Handlungen ließen seinen Respekt für sie wachsen.
Die Erinnerung an ihre schlanken Gliedmaßen und ihre seidige helle Haut quälten ihn. Unwillkürlich spreizte er die Finger, als er an die Massage dachte. War Cassie überhaupt bewusst gewesen, wie sehr sie sich seinen Händen entgegengedrängt hatte? Nur mit großer Anstrengung hatte er der Versuchung entsagt und die quälende Folter überstanden.
Jetzt jedoch … Im Schlaf hatte sie sich an seinen Rücken geschmiegt, auf der Suche nach seiner Wärme. Ihre Schenkel drückten sich an seine, eine Hand hatte sie auf sein Gesäß gelegt. Wenn er sich jetzt drehte, würde er ihre Finger an der Stelle fühlen können, wo er sie sich am
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