Im Bann des Vampirs: Fever Saga 1 (German Edition)
Augenwinkeln zu. »Wie das, Miss Lane?«
»Fluchen in fremden Sprachen ist immer noch fluchen«, antwortete ich geziert. Ich wusste, was Countach hieß. Mein Dad hatte meine Liebe zu schnellen Autos geweckt. Schon als ich noch ein kleines Mädchen war, hatte er mich von einer exotischen Autoausstellung zur nächsten geschleppt, in Ermangelung eines Sohnes, mit dem er diese Leidenschaft teilen könnte. Im Laufe der Jahre schweißte uns unsere gemeinsame Liebe zu allem Schnellen, Schnittigen immer mehr zusammen. »Countach« war ein ziemlich derber italienischer Ausdruck für das viel zu harmlose »heiliges Kanonenrohr«. Und genau das hatte ich gedacht, als ich den Wagen gesehen hatte, aber das war noch lange kein Grund, es laut auszusprechen. Wenn ich bei diesem Irrsinn um mich herum schon an nichts, was mir lieb und teuer war, festhalten konnte, sollte ich wenigstens meine Würde und den Anstand bewahren.
»Sie scheinen viel über Autos zu wissen, Miss Lane«, murmelte Barrons.
»Einiges«, erwiderte ich bescheiden. Das war aber auch das einzig Bescheidene an mir in diesem Moment. Wir überquerten gerade die ersten von zwei Schienensträngen und mein Busen bebte und hüpfte mir fast ganz aus dem freizügigen Kleid, das aus einer hauchdünnen Geleeschicht gemacht zu sein schien. Okay, mir gelang es eben nur manchmal, Anstand und Würde zu bewahren. Dann wieder bekam halb Dublin meine Brüste aus der Nähe zu sehen; dabei tröstete mich kaum, dass mich während meines improvisierten Striptease sicher niemand gesehen hatte, weil das Tod-durch-Sex-Feenwesen einen Schleier um sich und mich kreiert hatte.
Wir steuerten auf den zweiten Schienenstrang zu und ich verschränkte die Arme, um meinen Busen stillzuhalten. Als es zu holpern begann, spürte ich Barrons’ Blick auf meinen Brüsten, seine Hitze und wusste, ohne hinschauen zu müssen, dass er wieder diesen unverhohlen hungrigen Gesichtsausdruck hatte. Ich weigerte mich, in seine Richtung zu schauen, und so fuhren wir einige Meilen schweigend. Barrons nahm viel zu viel Raum in dem Wagen ein und die Spannung war schier unerträglich.
»Haben Sie schon den neuen Gallardo Spyder gesehen?«, plapperte ich schließlich drauflos.
»Nein«, antwortete er sofort. »Erzählen Sie mir von ihm, Miss Lane.« Der spielerische Unterton war weg; seine Stimme klang jetzt heiser und gepresst.
Ich gab vor, nichts zu bemerken, und schwärmte poetisch von dem Vio mit den rasiermesserscharfen Linien und den 512 PS, der, obschon er den Porsche nicht bei der Beschleunigung von null auf hundert schlagen konnte, ungeheuer kraftvoll und temperamentvoll war. Und ehe ich mich’sversah, hielten wir vor O’Bannions Club und die Pagen machten einen Parkplatz für uns zwischen einem Maybach und einer schwarzen Luxuslimousine frei. Die Pagen waren menschlich, also keine Rhino-Boys – eine nette Abwechslung.
Ich gestehe, ich hinterließ Fingerabdrücke auf dem Maybach. Ich musste ihn einfach ein bisschen streicheln, als wir vorbeigingen, dann konnte ich Dad wenigstens erzählen, dass ich einen berührt hatte. Wäre mein Leben ein anderes, eines, in dem Alina nicht ermordet worden war und ich nicht bis zum Hals in Alpträumen steckte, hätte ich ihn augenblicklich mit meinem Handy angerufen und ihm von dem Twin-Turbo, V12, 57S Tourenwagen »für jene, die ihren eigenen Maybach fahren wollen« bis hin zum mit schwarzem Klavierlack behandelten Armaturenbrett, das einen wunderbar glänzenden Kontrast zu den bequemen cremefarbenen Ledersitzen bildete, vorschwärmen können: Und Dad hätte aufgeregt nach mehr Details gefragt und mich aufgefordert, in den nächsten Drugstore zu gehen und eine – oder zehn – Ein-Weg-Kameras zu kaufen.
Aber Alina war ermordet worden, meine Eltern steckten in tiefen Depressionen und es hätte gar keinen Zweck gehabt, Dad jetzt anzurufen. Ich wusste das, weil ich vorhin, nachdem ich mich zurechtgemacht hatte, mit zu Hause telefonieren wollte. Um Viertel vor zehn in Dublin war es in Georgia noch früher Abend. Ich saß auf der Bettkante in meinem Zimmer, betrachtete im Spiegel meine Strümpfe, die an einem anrüchigen Strapsgürtel befestigt waren, die spitzen Highheels und den hühnereigroßen blutroten Rubin, der zwischen meinen Brüsten lag, und fragte mich, was aus mir geworden war.
Dad war betrunken, als er den Anruf entgegennahm. Ich hatte ihn seit Jahren nicht in einem solchen Zustand erlebt.Genau sechseinhalb Jahre. Damals war sein Bruder auf dem Weg zu
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