Im Bann des Vampirs: Fever Saga 1 (German Edition)
oder stranguliert. Etwas Vergleichbares hatte die Stadt noch nie erlebt. Bestens organisierte Killer waren in der ganzen Stadt ausgeschwärmt, in Restaurants, Privathäuser, Hotels und Clubs eingedrungen und hatten gleichzeitig zugeschlagen.
Grauenvoll, sagten die meisten, aber einige fanden diesen Schachzug echt brillant. So ziemlich jeder, die Polizei eingeschlossen, war froh, die Ganoven los zu sein. Gleich am nächsten Tag hängte der über Nacht reich gewordene Rocky O’Bannion, Championboxer und Idol vieler junger Männer, die Boxhandschuhe an den Nagel und übernahm die vielfältigen Geschäfte, die bis dahin die Hallorans und O’Kierneys geführt hatten. Die mittellose Arbeiterklasse, die ein Dasein in Armut führte, jedoch ihre großen Träume nicht verloren hatte, feierte ihn als Held, obwohl frisches Blut an seinen Händen klebte und er sich mit einer Bande rauer Ex-Boxer und Gangster umgab.
Dass er ein »verdammt gutaussehender Kerl« war, störte niemanden. Rocky galt als Charmeur und Frauenheld, aber er besaß Ehrgefühl, und das machte ihn bei seinen Anhängern so beliebt. Er schlief nicht mit den Frauen anderer Männer. Niemals. Der Mann, der keine Rücksicht auf Menschenleben oder das Gesetz nahm, respektierte das heilige Sakrament der Ehe.
Habe ich schon erwähnt, dass er irischer Katholik war? In der Stadt scherzte man, dass der junge O’Bannion in der Schule gefehlt habe, als der Pfarrer mit der Klasse die Zehn Gebote durchgenommen hatte, deshalb habe er lediglich die Kurzversion mitbekommen: Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib – dafür aber all seine anderen Habseligkeiten.
Nach den schillernden Hintergrundinformationen, die mir Barrons über unseren dritten Gastgeber gegeben hatte, war ich – argloses Opfer, das ich war, wenn man es genauer bedachte – nicht erpicht darauf, mir Rocky O’Bannion mit seiner weitverzweigten Organisation zum Feind zu machen.
»Äh, Barrons«, begann ich. »Ich halte es für keine guteIdee, diesen Typen zu bestehlen.« Etliche Mafia-Filme hatten mich gelehrt, dass niemand zum Paten marschierte und einen seiner Schätze mitgehen ließ, ohne damit zu rechnen, deswegen sein Leben zu verlieren. Und ich hatte ohnehin bereits zu viel Schauriges hinter mir.
»Diese Brücke brennen wir nieder, wenn wir sie erreichen, Miss Lane«, erwiderte Barrons.
Ich sah ihn von der Seite an. Mein Leben war absolut verrückt. Heute Abend hatte Barrons einen 1975er Lamborghini Countach – einen von den nur drei »Wolf« Countachs, die jemals hergestellt wurden – aus seiner wahnwitzigen Sammlung ausgewählt.
»Ich glaube, in dem Sprichwort heißt es: die Brücke überqueren. Von Niederbrennen ist nicht die Rede. Was wollen Sie erreichen – dass alle Freaks, Vampire, Feen und Gangsterbosse der Stadt Jagd auf mich machen? Was meinen Sie, wie oft ich mein Äußeres verändern kann? Ich weigere mich, meine Haare rot zu färben. Auch ich habe meine Grenzen. Auf keinen Fall male ich mir den Kopf orange an.«
Barrons lachte. Es kam so selten vor, dass er echte Belustigung zeigte, dass ich ein paar Mal blinzeln musste und ihn unverhohlen anstarrte.
»Sehr komisch, wirklich, Miss Lane«, sagte er und fügte unvermittelt hinzu: »Möchten Sie den Wagen mal fahren?«
»Was?« Ich starrte ihn an. Was war los mit ihm? Seit ich um kurz nach elf in Fionas Kleid – als ich es überstreifte, wartete ich ein paar Minuten, um zu sehen, ob der Stoff mit einem Gift imprägniert war, das höllischen Juckreiz auslöste – in den Laden gekommen war, benahm sich Barrons so. Ich kapierte das einfach nicht. Er kam mir … na ja … ausgelassen vor – ein besseres Wort fällt mir nicht ein. Gut gelaunt. Fast berauscht, aber mit klarem Kopf. Wäre er einanderer, hätte ich ihn im Verdacht, gekokst zu haben oder so. Aber Barrons war Purist; seine Drogen waren Geld, Macht und Einfluss.
Trotzdem – er war so lebendig heute Abend, dass die Luft um ihn herum zu zischen und zu knistern schien.
»War nur ein Scherz«, sagte er.
Und auch das war ganz und gar untypisch. Jericho Barrons machte keine Scherze. »Das war nicht nett. Ich habe immer schon davon geträumt , einmal einen C…c… Lamborghini zu fahren.«
»Können Sie ›Countach‹ nicht aussprechen, Miss Lane?« Mit seinem einzigartigen Akzent klang Kuhn-tah noch fremder, exotischer.
»Ich kann«, gab ich ärgerlich zurück. »Aber ich will nicht. Mom hat mich besser erzogen.«
Er warf mir einen Blick aus den
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