Im Bann des Vampirs: Fever Saga 1 (German Edition)
die auf fleischliche Gelüste hindeutete, und der Oberlippe, die auf Selbstbeherrschung und vielleicht ein wenig Grausamkeit schließen ließ – bei diesem Anblick fragte ich mich unwillkürlich, wie es wohl wäre …
Guter Gott! Ich schüttelte vehement den Kopf, um meine Gedanken zu sortieren. Nach meinen beiden kurzen Begegnungen mit V’lane wusste ich, dass allein bei Anwesenheiteines Tod-durch-Sex-Feenwesens die Hormone einer Frau verrückt spielten und sich dieser Zustand nicht besserte, bis sie irgendwie Erlösung gefunden hatte. Nach allem, was V’lane mir heute angetan hatte, war ich in fürchterlicher eisiger Erregung zurückgeblieben, die ich nur durch mehr Orgasmen, als ich je für möglich gehalten hätte, und eine lange kalte Dusche losgeworden war. Und jetzt schien es, als hätte ich doch nicht genug getan, denn noch immer litt ich unter Nachwirkungen. Eine andere Erklärung gab es nicht dafür, dass ich mitten im Buchladen stand und mich fragte, wie es wohl sein würde, Jericho Barrons zu küssen.
Zum Glück hatte er gerade diesen Moment gewählt, um den Mund, den ich so beunruhigend sexy fand, zu öffnen und zu sprechen. Seine Worte rückten augenblicklich meine Perspektive zurecht.
»Sie glauben immer noch, Sie könnten dem allen hier den Rücken kehren, hab ich recht, Miss Lane?«, sagte er kühl. »Sie meinen, es geht nur darum, ein Buch zu finden und in Erfahrung zu bringen, wer Ihre Schwester getötet hat – aber die Wahrheit ist, Ihre Welt ist im Begriff, in Windeseile vor die Hunde zu gehen, und Sie sind eine der wenigen, die etwas dagegen unternehmen können: Wenn die falschen Personen oder Wesen das Sinsar Dubh in die Hände bekommen, dann haben Sie nicht nur den Verlust Ihrer kleinen regenbogenfarbenen, hübsch manikürten Welt zu beklagen, sondern auch das Ende des gesamten menschlichen Lebens, wie Sie es kennen. Was meinen Sie, wie lange Sie bestehen, wenn jemand wie Mallucé, der seine Unseelie-Wachhunde, diese Rhino-Boys, in der ganzen Stadt positioniert hat, das Dunkle Buch an sich bringt? Was glauben Sie, wie lange Sie dann noch leben wollen ? Hier geht es nicht um Spaß und Spiele, Miss Lane. Es geht nichteinmal nur um Leben und Tod. Es geht um Gefahren, die weit schlimmer sind als der Tod.«
»Denken Sie allen Ernstes, das weiß ich nicht?«, gab ich ungehalten zurück. Vielleicht hatte ich nicht über diese Dinge gesprochen, aber selbstverständlich hatte ich darüber nachgedacht. Ich wusste, dass da draußen etwas viel Größeres im Gange sein musste als das, was mir in meinem kleinen Dunstkreis passiert war. Ich hatte in Ketchup aufgeweichte Pommes in mich hineingestopft, während der Graue Mann eine hilflose Frau zerstört hatte, und fragte mich seither jede Nacht, wer ihm heute zum Opfer fiel. Ich hatte das vielmündige Monster aus nächster Nähe gesehen und wusste, dass es sich da draußen auf den Straßen herumtrieb und jemanden fraß. Und ich stellte mir vor, wie Dublin in einem oder zwei Jahren aussehen würde. Zweifellos vergrößerte sich auch jetzt, während Barrons und ich miteinander sprachen, dieser dunkle Bereich der Stadt stetig – jedes Mal, wenn eine Straßenlaterne mit einem letzten Flackern den Geist aufgab, huschten die Schatten herbei und morgen würde sich die Stadt, wenn man Barrons Glauben schenken konnte, nicht einmal mehr daran erinnern, dass es diesen Straßenzug jemals gegeben hatte.
Diese Sorgen beschäftigten mich nicht nur im Wachzustand, sie durchdrangen auch meine Träume. Letzte Nacht hatte ich einen Alptraum, in dem ich über das stockfinstere Dublin schwebte und nur noch eine einzige vierstöckige Festung war beleuchtet. In der surrealen Art, wie sie nur Träume zuließen, war ich sowohl über der Stadt als auch im Buchladen und sah durch die verglaste Ladentür. Ich wusste, dass so große Teile von Dublin in Finsternis gefallen waren, dass ich, wenn ich morgens beim ersten Sonnenstrahl losgehen, bis zum Einbruch der Nacht keinen sicheren Zufluchtsort finden würde. Ich wusste, dass ich fürden Rest meines Lebens in B ARRONS B OOKS AND B AUBLES gefangen war.
Beim Aufwachen hatte ich über Dinge wie prophetische Träume und die Apokalypse nachgedacht, statt mir wie sonst am Morgen zu überlegen, was ich essen und für welches hübsche Outfit ich mich heute entscheiden würde.
O ja, ich wusste, dass es um Schlimmeres als den Tod ging. Es ging unter anderem auch darum, dass alle von mir erwarteten, mein Leben nach dem Tod meiner
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