Im Bann seiner Küsse
helfen.
Morgen würde die neue und verbesserte Amarylis ausschlüpfen - der Himmel stehe allen bei.
Nachdem Tess Caleb am nächsten Morgen nach dem Stillen behutsam in sein Bettchen zurückgelegt hatte, wartete sie kurz, um sicherzugehen, dass er nicht aufwachte, ehe sie sich den schweren Flanellmorgenrock um die Schultern legte und auf Zehenspitzen ans Fenster ging. Die Farm lag noch in Dunkelheit gehüllt da. Eine Andeutung von Gold am Horizont kündete vom heraufdämmernden Tag.
Tess lächelte befriedigt. Nun musste sie nur zum Stall gelangen, ohne gehört zu werden, dann konnte sie ihren Plan in die Tat umsetzen.
Sie ging aus dem Schlafzimmer und tappte leise durch den Flur, wobei ihre Fingerspitzen leicht über die rauen Holzwände glitten. Mit jedem Schritt beschleunigten sich Herzschlag und Atmung.
Sie lugte um die Ecke, als sie das Wohnzimmer passierte, und suchte in der Finsternis nach Jack. Eine Reihe schwarzer Wölbungen auf dem etwas helleren Sofa zeigte seine Schlafposition an. Ruhige, regelmäßige Atemzüge füllten den dunklen Raum aus.
Tess atmete auf. Alles in Ordnung.
Mit gesenktem Kopf lief sie durch das dunkle Haus und schloss die Küchentür leise hinter sich.
Sie rannte durch das taufeuchte Gras zur Scheune und schob die schwere Holztür auf. Bis sie eine Laterne, Streichhölzer und den Melkschemel gefunden hatte, drang mit rosigem Gold die Dämmerung durch die Fugen in der Bretterwand.
»Muuh.« Bessies zorniges Muhen hallte in der stillen, kalten Luft wider.
Tess fuhr auf. Ihre Finger verkrampften sich reflexartig um den dünnen Metallhenkel der Milchkanne.
»Schon gut, Bessie«, sagte sie zögernd. »Ich bin da, um dich zu melken.«
Bessie schwang den großen braunen Schädel herum und starrte Tess an.
Tess ging vorsichtig auf die Kuh zu und platzierte den Melkeimer zwischen deren Hinterbeinen. Dann stellte sie den Schemel hin, schob ihr schweres Nachtgewand hoch und setzte sich auf die harte Holzfläche.
Bessies großes, pralles Euter nahm ihr gesamtes Blickfeld ein.
Tess verzog angewidert das Gesicht und griff unwillkürlich nach den eigenen schwellenden Brüsten. »Schon gut, Bessie, los geht's.«
Sanft zupfte sie mit Zeigefinger und Daumen an der Zitze. Das rosige Anhängsel hüpfte nutzlos auf und ab.
Das war eindeutig nicht der richtige Weg.
Sie versuchte es wieder, indem sie diesmal die Zitze fest packte und daran zog.
Bessie stieß ein lautes Muhen aus und schwang den Schädel herum. Lang bewimperte braune Augen starrten Tess gelassen an.
Tess lächelte unsicher. »Das war wohl nichts, hm? Wie wäre es so?« Sie versuchte es abermals, diesmal sanfter.
Bessie schlug Tess mit dem Schwanz ins Gesicht.
»Mama?«
Tess fuhr auf ihrem Schemel herum und sah Savannah im Eingang stehen. »Savannah!«, rief Tess. »Wie bin ich froh, dass du kommst. Melken geht nicht ganz so ... intuitiv, wie ich dachte.«
Savannah staunte mit offenem Mund. »Mama, du hast doch nie ...«
»Ach, man soll nie nie sagen. Hier ...«, sie stand auf, »... setz dich und zeig mir, wie es geht. Ich bin entschlossen, ein aktives Mitglied dieser Familie zu werden. Und das heißt, Arbeit übernehmen.«
Savannah bedachte ihre Mutter mit einem wachsamen und zugleich ängstlichen Blick. »Danke, Mama.«
Tess unterdrückte ein Lächeln, als das Mädchen sich an ihr vorbeidrückte. Nun setzte Savannah sich auf den Schemel, und Tess kniete neben ihr nieder. »Was macht man als Erstes?«
Savannah umfasste eine der Zitzen, drückte einmal und zog fest daran. Ein Milchstrahl schoss hervor und traf mit singendem Geräusch im Eimer auf. Dampf stieg auf und verbreitete den feuchten Duft nach frischer Sahne.
»Wie machst du das?«
»Hier, sieh nur.« Savannah führte es vor. »Drücken, ziehen, loslassen.«
Milch schoss aus zwei Zitzen. Das schnell aufeinander folgende, helle Geräusch der im Eimer auftreffenden Milch klang laut durch die Scheune.
Tess sah auf und studierte Savannah, die intensiv in den Eimer starrte und die Lippen zu einem schmalen, farblosen Strich zusammenpresste.
Tess strich Savannah eine widerspenstige Locke aus dem Gesicht. »Du hast versucht, diese Familie zusammenzuhalten, nicht wahr?«
»Familie? Ha!« Savannah merkte sofort, was ihre barsche Äußerung bedeutete, und wurde blass. »Ach, ich wollte nicht...«
»Schon gut«, murmelte Tess. »Von Familie kann eigentlich nicht die Rede sein.«
Savannah ließ die Schultern hängen und senkte den Kopf. Tränen schössen ihr
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