Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Bann seiner Küsse

Im Bann seiner Küsse

Titel: Im Bann seiner Küsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
Vom Netzwerk:
und hallte durch das viel zu stille Haus wie Kanonenfeuer.
    Ein Angstschrei entrang sich Jacks Kehle. Er musste seine Familie schützen.
    Von Panik erfasst sprang er auf, machte sich nicht die Mühe, seine Schuhe zu suchen und lief noch im Halbschlaf in die Küche, wo er nach seiner Jacke griff und die Arme ins warme Schaffellfutter steckte.
    Dann riss er verzweifelt die Tür auf und stürzte hinaus auf die Veranda. Regen hämmerte auf das Vordach, lief in silbernen Strömen herunter und prasselte schwer auf die Bodenbretter. Der Wind pfiff grell durch die Nacht.
    »Oh Gott«, stöhnte er und spürte, wie die Dunkelheit immer näher heranrückte. Immer näher.
    Er schloss die Augen in einem hoffnungslosem Gebet, dann stolperte er die regennassen Stufen hinunter und lief los.
    Er hatte keine Ahnung, wohin.
     
    Tess erwachte abrupt. Etwas stimmte nicht.
    Sie stützte sich auf die Ellbogen und sah verschlafen und mit verschwommenem Blick um sich. Die ersten Strahlen der Morgendämmerung schoben sich durchs Fenster des dunklen und stillen Raumes. Allem Anschein nach war alles in Ordnung.
    Sie schlug die Decke zurück und griff nach ihrem Schlafrock. Sie schlüpfte in den warmen Flanell, um zum Bettchen zu gehen und nach Caleb zu sehen. Das Baby saugte im Schlaf an der Faust.
    Nun lief sie über den Gang und warf einen Blick in das Zimmer der Mädchen. Erleichtert, dass beide schliefen, ging sie ins Wohnzimmer.
    Das Sofa war leer, die braune Decke nachlässig über die Lehne geworfen. Sie verschränkte die Arme und ging in die Küche, um aus dem Fenster zu sehen. Die Dämmerung kroch durch das dunkle Gras, der nächtliche Regen hing noch in den Baumkronen und verlieh dem Laub einen saftigen Glanz.
    Es war so ruhig, dass Tess hörte, wie Regentropfen von den Blättern ins noch immer nasse Gras fielen.
    Kälte drang durch die dünne Scheibe und ließ Tess erbeben, doch war es nicht Kälte allein, die ihr Schauer über den Rücken jagte.
    Etwas stimmte hier nicht.
    »Nein«, sagte sie laut und schöpfte Trost aus der Stärke und Sicherheit ihrer eigenen Stimme. Alles war in Ordnung. Jack war wie immer vor Anbruch der Dämmerung hinaus aufs Feld zur Arbeit gegangen.
    Und doch wollte sie es nicht ganz glauben.
    Unverwandt schaute sie über die welligen Grasflächen, auf der Suche nach einer einsamen Gestalt. Irgendwo. Überall .
    »Jack, wo bist du?«, murmelte sie. »Und was stimmt da nicht?«
     
    Jack schlug die Augen auf und glaubte einen Moment lang, blind zu sein. Die Welt war ein verschwommenes Gemisch von Schwarz und Mitternachtsblau und tiefem Purpur, von Formen, die sich zu unmöglichen Gebilden und drohenden Schatten zusammenfügten.
    Seine Muskeln verkrampften sich vor Angst, bis sein ganzer Körper ein einziger Schmerz war. Er drehte sich auf den Bauch und lag schwer atmend da, verzweifelt bemüht, sich an etwas zu erinnern. An irgendetwas.
    Brechreiz erschütterte seinen Magen und alle inneren Organe. Er würgte schwer und betete darum, sich nicht übergeben zu müssen, als er sich wackelig auf die Knie aufrichtete. Auf allen vieren hielt er inne, ließ den Kopf hängen und atmete tief und in abgemessenen Zügen.
    Allmählich spürte er den Duft von frischem Gras und Wiesenblumen.
    Auf den Fersen kauernd blicke er ermattet um sich. Der Kopfschmerz hatte eingesetzt und dröhnte mit Hammerschlägen hinter seinen Augen. Sein Sichtvermögen veränderte sich ständig, verschwamm, wurde schärfer.
    Die Westweide.
    Er befand sich auf seinem eigenen Grund und Boden.
    »Gottlob«, flüsterte er mit einer Stimme, die vom Schreien ganz heiser war.
    Er wollte sich aufrichten, aber als er sich bewegte, bohrten sich seine Knie in etwas Hartes und Kaltes. Er rutschte zur Seite und griff blind nach dem Gegenstand. Er war lang und schmal und erschreckend kalt.
    Ein Messer.
    Jack drückte die Augen zu, von eisiger, verzehrender Angst und würgendem Brechreiz überwältigt.
    Seine Hände zitterten. Als er die Klinge fester umfasste und sie hob, schien sie schwerer und kälter zu werden. Schweiß hinterließ eine brennende Spur auf seiner Stirn. Angst strahlte in den ganzen Körper aus und war in jedem Hämmern des Kopfschmerzes spürbar.
    Was habe ich getan? Diese vertraute Frage bohrte sich wie ein Eispickel in sein Gehirn.
    Nein, dachte er verzweifelt. Ich würde meinen Kindern nichts antun. Bitte, lieber Gott, nicht meinen Kindern ...
    Müde und vor Angst, Scham und Verzweiflung zitternd, öffnete er die Augen und warf einen

Weitere Kostenlose Bücher