Im Bann seiner Küsse
Ein leiser Luftzug bewegte ihren Rock und hob die gelockten Enden ihres langen Haares an. Ihre Wangen waren gerötet, in ihren Augen lag ein Leuchten, das er lange nicht mehr gesehen hatte.
Er war so verwirrt, dass es ihm momentan die Rede verschlug. Sie sah ... glücklich aus.
»Komm, Daddy. Es ist fertig.«
Er angelte die Taschenuhr aus seiner Hosentasche und klappte sie auf. Sofort runzelte er die Stirn. »Aber es ist erst vier. Wir essen doch nicht vor fünf.«
Savannah zog die Schultern hoch. »Ich weiß nur, dass Mama sagte, wir sollten zu Tisch kommen.« Sie warf über die Schulter einen Blick zum Haus. »Jetzt muss ich gehen. Wir machen Spiele.«
Ehe Jack ein Wort sagen konnte, war sie fort und sprang übers Gras nach Hause.
»Spiele?«
Er warf einen Blick auf seine schönen, ordentlich aufgereihten Geräte und bekam es mit der Angst zu tun. »Was nun, Lissa?«
Widerstrebend ging Jack aus der Scheune und zum Haus. Als er an der Eiche vorüberging, hörte er ein glückliches, hohes Gekicher aus dem offenen Küchenfenster.
Er hielt inne. Gelächter?
Dann hörte man Savannahs Stimme. »Hier ist es, Mutter. Unter dem Tortensturz.«
Wieder Gekicher.
Jacks Magen krampfte sich zusammen. Als er bedächtig die Stufen hinaufstieg, verzog er bei jedem Knarren des müden alten Holzes das Gesicht. Beim Eintreten fühlte sich der Türknauf kalt und sonderbar fremd in seiner Hand an.
Als Erstes nahm er Brathuhnduft wahr, der ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. Als Zweites sah er das Chaos.
Tess und Katie und Savannah liefen in Küche und Wohnzimmer kichernd hin und her, krochen unter Möbel, hoben Lampen.
»Hier ist ein Suppenlöffel!«, rief Katie lachend, als sie einen Löffel unter einem Sofakissen hervorzog.
Jack, der leise die Tür hinter sich schloss, sah den Tisch.
»Was zum Teufel...«
Der Tisch war mit Blumen, Tellern, Tassen, Besteck, sogar mit Salz und Pfeffer gedeckt. Das Problem war nur, dass alle Utensilien in grellem Rot aufs Tischtuch gemalt waren.
Er studierte das sonderbare Kunstwerk und versuchte zu ergründen, was hier vorging.
»Hallo, Jack. Willkommen daheim.«
Er hörte die leisen Worte seiner Frau und zuckte zusammen. Die Hände tief in die Taschen gerammt, blickte er auf und sah sie grollend an. Sie stand vor dem Herd, die Hände aneinander gelegt, ganz die wohlerzogene Südstaatendame, die zu sein sie stets behauptete.
Und doch sah sie ... anders aus. Aufgelöst. Ihre Wangen waren von der feuchten Hitze und vom Lachen gerötet, in ihren Augen lag ein Funkeln, das in ihm schmerzliches Verlangen weckte. Einst, vor langer Zeit, hatte sie immer so ausgesehen, wenn sie zusammen gewesen waren.
Sie merkte, dass er sie studierte und keine Anstalten machte, sich abzuwenden. Ein träges, sinnliches Lächeln lag um ihre vollen Lippen. Verrückt, aber er hatte das Gefühl, dass dieses Lächeln ihm, ihm ganz allein, galt.
Er biss die Zähne zusammen und sah in die andere Richtung.
Die Backrohrtür wurde geöffnet und zugeknallt. Der Duft nach Brathuhn und Kartoffeln durchzog den kleinen Raum.
Jack suchte nach geeigneten Worten, die dem lächerlichen und immer mehr von ihm Besitz ergreifenden Gefühl, alles hätte seine Richtigkeit, ein Ende machen würden. »Warum essen wir so verdammt früh?«
Er starrte das bizarre Tischtuch an und wartete mit verschränkten Armen auf ihre Antwort. Sie gab ihm keine.
»Amarylis?«
Noch immer nichts.
Mit zwei Riesenschritten durchquerte er die Küche und blieb neben ihr stehen. »Verdammt, ich rede mit dir.«
Sie sah zu ihm auf ... die personifizierte Unschuld. »Ach?«
»Du weißt es.«
»Woher denn? Normalerweise sieht man jemanden an, wenn man mit ihm spricht. Ich dachte, deine Worte würden vielleicht den gemalten Blumen gelten.«
»Verdammt, Amarylis ...«
»Das ist das nächste Problem.«
Jack war so verwirrt, dass er nicht aus noch ein wusste. Er ballte frustriert die Fäuste. »Was?«
»Du nanntest mich Amarylis.«
»Ja.« »Deshalb nahm ich natürlich an, du würdest mit den Blumen sprechen. Ich bin Lissa. Von nun an weigere ich mich, auf etwas anderes zu reagieren.« Sie lächelte. »Es sei denn, du willst mich Schätzchen oder Herzallerliebste nennen.«
Jack starrte sie ungläubig an und wandte dann ihrem Unschuldsblick und dem lächelnden Mund den Rücken. Er ging zum Schrank und nahm sich einen Teller. Mit diesem unter dem Arm zog er mit einem Ruck die unterste Lade auf.
Sie war leer.
Er drehte sich zu ihr um. »Wo
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