Im Bann seiner Küsse
Gehirn ist eine komische Sache. Niemand weiß so richtig, was darin vorgeht. Und schon gar nicht ein Landarzt wie ich.«
» Verdammt, Doc, das ist aber gar nicht gut. Diese Veränderungen bringen mich noch um. Sie ist so ... anders.«
Der Arzt klopfte Jack auf die Schulter. »Ich will Ihnen keine Angst einjagen, mein Lieber. Sie müssen Geduld haben. Sicher wird sie wieder bald wie früher sein.«
Jack erstarrte. »Ja. Das ist es ja, was ich fürchte.«
Tess ließ den Vorhang zurückgleiten. Sie lächelte langsam. Jack hatte Angst vor ihr. Nun, das war immerhin eine Reaktion, und es war keine Wut.
Ihr Plan funktionierte.
Hewlett-Packard
10
Savannah zog die Füße unter sich und ließ die Proviantbox auf ihren Schoß plumpsen. Sonnenschein drang durch die Fichtennadeln und sprenkelte ihr braunes Kleid.
Katie saß stumm neben ihr und kramte in ihrer Box.
Auf den Fersen kauernd starrte Savannah den Hang hinunter, so tief in ihre Gedanken versunken, dass sie die knirschenden Schritte überhörte, die auf sie zukamen.
»Savannah?«
Als sie erschrocken aufblickte, sah sie Jeffie Peters neben sich stehen. Er starrte auf sie hinunter, noch bleicher als sonst, seine Proviantb ox krampfhaft an die Brust gedrückt. »Kann ich mich zu dir setzen?«
Savannahs Kehle wurde eng. Ihr lautes Magenknurren drohte sie in Verlegenheit zu bringen. Schon wollte sie ablehnen.
»Aber sicher, Jeffie«, sagte Katie und biss krachend in eine Essiggurke.
Jeffies Wangen röteten sich. »Danke!« Er kniete neben Savannah nieder und fing ernst an, in seiner Box zu suchen.
Savannah schloss so fest den Mund, dass man die Zähne aufeinander schlagen hörte. Sie saß ganz steif und studierte Jeffie unter gesenkten Wimpern hervor.
Er sah ... nervös aus. Ungeschickt und hastig wickelte er sein Maisbrot aus dem Mulltuch.
Plötzlich wagte er einen Seitenblick und ertappte sie dabei, wie sie ihn beobachtete.
Hitze flammte in Savannahs Wangen auf. Sie riss den Blick los und starrte ins knöcheltiefe Gras.
»Savannah?«
Zögernd blickte sie wieder in seine Richtung. »Ja?«
Er errötete. »Ich dachte mir ... ich meine, der Tanzabend ist schon bald und ...«
»Bis dahin sind noch Wochen«, unterbrach Katie ihn.
Jeffie warf ihr einen gereizten Blick zu und schluckte schwer, so dass sein Adamsapfel in seiner knochigen Kehle auf und ab hüpfte. »Na ja, so lange auch wieder nicht ... nun ja, ich fragte mich, ob du mit mir gehen würdest.« Er starrte sie mit großen, ernsten Augen an.
Eine verwirrende Gefühlsregung durchschoss Savannah. Aus einem unerfindlichen Grund war ihr nach Heulen zumute. »Ich kann nicht.«
»Aber ...«
Savannahs Mund zitterte und zog sich abwärts. »Du kennst ja meine Mama. Ich könnte nicht mal, wenn ...«
»Wenn was?«
Sie schluckte den Klumpen in ihrer Kehle hinunter. »Wenn ich gehen wollte«, sagte sie leise.
»Ach so.« Jeffie wickelte sein zerbröckelndes Brot wieder ein und tat es in die Box. Langsam stand er auf. »Na dann ...«, sagte er und ging.
Savannah starrte durch den brennenden Schleier nicht vergossener Tränen zu Boden.
»Vielleicht solltest du mit Mama reden«, schlug Katie vor. »Sie war in letzter Zeit irgendwie ... nett.«
Savannah atmete aus. »Was sollte ich denn sagen? Sie würde nicht verstehen, was mit mir nicht stimmt.«
»Mit dir stimmt alles«, verteidigte Katie sie. »Du bist in Ordnung.«
Savannah schenkte ihrer Schwester ein mattes Lächeln. »Danke. Und jetzt iss dein Brot.«
Sie verfielen in freundschaftliches Schweigen. Savannah versuchte sich aufs Essen zu konzentrieren, ausschließlich aufs Essen. Aber Katies Worte wollten ihr nicht aus dem Kopf gehen.
Rede mit Mama.
Wenn ich es nur könnte, dachte sie.
Sie biss in ihre Brotschnitte und kaute müde. Natürlich konnte sie mit Mama reden. Kein Zweifel. Es war Jahre her, seit sie es nur versucht hatte. Mama würde nur sagen, was sie schon wusste: dass sie sich im Umgang mit Jeffie Peters total dämlich benahm. Keine Chance, dass Mama ihr sagen würde, was sie wirklich wissen wollte.
Warum sie sich so benahm.
Krraach. Die Axt fuhr in den dicken Holzklotz und spaltete ihn mittendurch. Jack hielt inne, wischte mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn und legte sich den halben Klotz wieder zurecht.
Als er die Axt hob, vernahm er sonderbare Klänge. Er hielt inne und horchte.
Eine süße Weise wurde von der sanften Frühjahrsbrise herangetragen und unterstrich das muntere Gezwitscher der Schwalben und
Weitere Kostenlose Bücher