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Im Bann seiner Küsse

Im Bann seiner Küsse

Titel: Im Bann seiner Küsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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Sie hatte es selbst so gehandhabt. Aber nicht Jack. Er hatte sich in seine Wut zurückgezogen, hatte sich bemüht zu vergessen, aber er war nicht davongelaufen. Und das bedeutete, dass er nie aufgegeben hatte.
    Letzte Nacht, ehe er eingeschlafen war, hatte sie die erste Andeutung des echten Jack gesehen, des Mannes hinter der zornigen Maske. Einen angstvollen, einsamen Menschen, der nicht mehr allein sein wollte. So wie sie ...
    Sie dachte an die Augenblicke, wenn sie ihn beim Lächeln ertappte oder wenn er die Mädchen liebevoll ansah oder mitten in der Nacht ein Schaukelpferd schnitzte, und ihr Herz barst fast vor Gefühlen. Diese Erinnerungen setzten in ihrem Inneren etwas frei. Tief in ihr, in dem kleinen, verschwiegenen Winkel ihrer Seele, in dem sie vor langer Zeit ihre Träume von Liebe und Familie verborgen hatte, rührte sich etwas, das sehr lange geschlafen hatte.
    Tess spürte, dass Savannahs Blick schwer auf ihrem Gesicht lastete. Sie blickte plötzlich auf und sah, dass das Mädchen sie eindringlich anstarrte. »Was ist, Savannah?«, fragte sie leise.
    Savannah schüttelte langsam den Kopf und verzog traurig den Mund. »Nichts.«
    Tess fasste nach Savannahs Hand. Ihre Blicke trafen sich. »Savannah, du weißt, dass ich für dich da bin, wenn du mich brauchst«, flüsterte Tess. »Für alles.«
    Savannah schluckte. »Danke, Mama.«
    Katie stützte laut die Ellbogen auf den Tisch. »Mama, du wolltest mir zeigen, wie das mit dem Löffel geht.«
    Tess lächelte und entzog Savannah langsam ihre Hand. »Na schön«, sagte sie. »Also ... als Erstes haucht man ihn an. So ...« Tess blies darauf, bis er sich beschlug. »Siehst du? Wenn er so aussieht, klebt man ihn an die Nase.« Sie platzierte den Löffel gekonnt auf ihrer Nase.
    »Es geht!«, rief Katie aus und klatschte in die Hände.
    Der Löffel fiel von Tess Nase und landete klirrend auf dem Tisch. »Natürlich geht es. Eine Mutter lügt nicht.«
    Savannah kniff die Augen zusammen. »Wirklich?«
    Tess Lächeln verschwand, als sie Savannah ansah. Es war ein langer, stiller Augenblick, als sie einander anblickten. Tess hatte den deutlichen Eindruck, dass sie einer Prüfung unterzogen wurde. »Wirklich.«
    »Kann ich es versuchen?«, fragte Katie eifrig.
    Tess und Savannah sahen einander noch ein, zwei Sekunden lang an, dann wandte Tess sich Katie zu und nickte. »Natürlich darfst du.«
    Katie runzelte konzentriert die Stirn. Vorsichtig hauchte sie die Wölbung ihres Suppenlöffels an. Das Metall beschlug sich, wurde trüb und grau. Nun legte sie den Löffel vorsichtig auf die Nase. Er klebte fest.
    Erstaunt riss sie die Augen auf und kicherte rasch und aufgeregt, worauf der Löffel herunterfiel und klirrend auf dem leeren Teller landete.
    »Schön«, sagte Tess. »Und jetzt alle zusammen.«
     
    Jack starrte zum Haus hinüber. Die einfallende Nacht senkte sich auf den kleinen Holzbau und verwandelte das hell getünchte Holz zu metallischem Grau. Das Verandageländer hob sich als dunkle Linie von den helleren Wandbrettern ab.
    Das Eichenlaub raschelte im Wind. Der Sitz der Seilschaukel schlug regelmäßig gegen sein linkes Bein.
    Jacks Blick wanderte zur Veranda hinauf und glitt das Haus entlang. Dünne, geisterhafte Rauchfahnen stiegen gekräuselt aus dem gemauerten Kamin und hinterließen auf dem mitternachtsblauen Himmel eine flüchtige graue Spur. Bernsteinfarbenes Licht ließ das Küchenfenster verschwimmen, dass es aussah wie ein Viereck gefangenen Sonnenlichts inmitten eines kalten, immer finsterer werdenden Abends.
    Die Küchenvorhänge waren offen, als wären die Bewohner keine belagerten Krieger mehr, sondern einfach eine Farmerfamilie, die darauf wartete, dass jemand von den Feldern heimkäme. Das Haus, das er vor so vielen Jahren errichtet hatte, sah aus wie etwas, das es nie gewesen war: ein Heim.
    Er schob die Schaukel aus dem Weg und drehte sich um. Während er unverwandt zu der funkelnden Meerenge hinunterblickte, versuchte er nicht an das Fenster zu denken, das so einladend winkte.
    Es ist nur eine Illusion, Jackson, nur eine verdammte Illusion.
    Doch diesmal konnte er es sich nicht so recht plausibel machen. Irgendwie erschienen ihm die Veränderungen substanzieller, greifbarer.
    Gefährlicher...
    Er dachte an die Worte des Arztes und fragte sich, ob die Veränderungen, die er an seiner Frau wahrnahm, vielleicht - nur vielleicht - echt waren. Von Dauer.
    Vielleicht ändert sie sich wirklich. Vielleicht...
    »Verdammt.« Er fuhr sich mit der

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