Im Bann seiner Macht (German Edition)
schwebte irgendwo in den Untiefen ihres Bewusstseins, schwappte mal hier hoch, dann wieder dort. Phasenweise spürte es sich an, als würde sie eine Bootsfahrt unternehmen und immer wieder einen klitz e kleinen Blick auf fantastisch grünes Wasser werfen. Ihre Vision von karib i schem Meer am Vortag, das sich plötzlich in eine schwarze Brühe verwandelt hatte, bekam dadurch eine viel tiefere B e deutung. Seine Augen erinnerten zwar an Wasser, doch viel wichtiger war doch, dass John Baxter in Öl machte und vermutlich immer wi e der das Meer mit seinem schwarzen Gift verseuchte. Grün wurde zu Schwarz. Die Message war eigentlich klar: Der Typ war eine einzige Umweltsü n de.
Das Telefon riss sie aus ihren Gedanken.
„Ordination Dr. Gruber, mein Name ist Silke, was kann ich für sie tun?“ Von dem Spruch träumte sie bereits, weil sie ihn am Tag sicher hundert Mal herunte r leiern musste. Trotzdem fand sie es richtig, dass Dr. Gruber auf diese lange Begr ü ßungsformel b e stand. Gerade beim Zahnarzt musste man auf solche Kleinigkeiten achten, um den besonders ängstlichen Patienten den Einstieg zur Hölle zu erleic h tern. Sprüche wie: „Silke, hi! Zahnfräser oder Implantat?“ wären da sicher nur halb so schlau.
„Silke Environ?“, fragte eine dunkle Stimme am a n deren Ende der Leitung und Silkes Haut begann wie unter Ameise n getrippel zu jucken.
„Ja. Wer spricht denn da?“ Sie schluckte hörbar.
„Hi! Hier ist Dennis. Du weißt schon ... Dennis Williams, der kriecherische Di e ner von John Baxter.“ Ups , den Seitenhieb gestern hatte er wohl nicht vergessen.
„Äh. O-kay. Was kann ich für Sie tun? Haben Sie Zahnpro b leme?“ Sie meinte es ernst, aber Dennis lachte so überrascht auf, dass sie das Gefühl hatte, die falsche Fr a ge gestellt zu haben.
„Nein. Danke, aber sie sind wie ihre süße Freundin ... sehr herzerfrischend.“ Silke gab ein komisches Geräusch von sich und starrte in den Warteraum, ob j e mand den peinl i chen Inhalt ihres Telefonats mitbekam. Doch jeder der anwesenden Patienten war b e schäftigt. Die meisten blätterten in den langweiligen Zeitschriften, wippten nervös mit dem Sessel oder spielten mit ihrem Handy. Konzentriert, ne u gierig oder ruhig war hier niemand. Wie auch? Beim Zahnarzt kämpfte man au s schließlich gegen seine Ängste.
„John Baxter würde Sie gerne wiedersehen, Silke.“ Er betonte es, als wäre das die absolute Offenbarung. Ein Geschenk, der Hauptgewinn. Dann machte er eine tr a gende Pause.
„Und warum ruft er dann nicht selber an?“, fragte Silke unpassend nüchtern, obwohl ihr Magen durchaus flatterte. „Und woher haben sie überhaupt diese Nu m mer?“
„Das war leicht. Environ ist nicht gerade ein Allerweltname und nachdem sie pr i vat eine Geheimnummer haben, konnte ich sie über die Arbeitswelt ausfindig m a chen.“
„Na, da hat sich aber jemand ins Zeug gelegt, wenn es auch nicht John Baxter war.“ Sie wusste grad nicht, ob sie sich freuen oder lieber schmollen sollte. „Warum sind Sie beide denn gestern einfach so geflüchtet, ohne eine Nachricht zu hinterla s sen? Das hatte durchaus etwas von Aschenputtel. Verzeihung, bei Ihnen heißt es ja Cinderella. Zum Glück sind wir nicht noch über Ihre Schuhe gestolpert.“ Er lachte schon wieder und di e ses Mal klang es wirklich charmant.
„Wir sind nicht geflüchtet. Wir hatten einen Notfall und konnten leider keine S e kunde länger bleiben. John ist nun einmal eine sehr wichtige Persönlichkeit und es gab geschäf t liche Probleme. Sehr wichtige , geschäftliche Probleme. Deshalb sind wir bereits wieder auf dem Weg in die Sta a ten.“
„Toll. Echt.“ Silke bekam allmählich Kopfschmerzen. „Hören Sie, Dennis. Sie be i de sind zwei wirklich scharfe Typen, aber ...“
„Danke“, unterbrach er sie gekonnt. „Bevor sie jetzt NEIN trällern, möchte ich Ihnen mitteilen, dass John nächste Woche wieder zurückkommt und sich sehr freuen würde, wenn er mit Ihnen Essen gehen könnte. Das Do&Co im ersten Bezirk soll ja ganz gut sein.“ Silke holte tief Luft und unterdrückte das au f
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