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Im Banne des stuermischen Eroberers

Titel: Im Banne des stuermischen Eroberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynsay Sands
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ein Hieb, dem mehr Verzweiflung als Kraft innewohnte, doch er traf William überraschend. Er wankte rückwärts und schüttelte benommen den Kopf.
    Hethe versuchte, vom Bett zu springen und zur Tür zu hechten. Er war kein Dummkopf. William hätte das Gesagte niemals so ruhig eingestanden, wenn er beabsichtigen würde, Hethe am Leben zu lassen. Er hatte vor, ihn umzubringen. Das hatte er die ganze Zeit über versucht und sich bemüht, es jedes Mal wie einen Unfall aussehen zu lassen. Hethe bezweifelte, dass es William auch dieses Mal misslingen würde, denn er selbst war zu schwach, um sich zu wehren. Seine einzige Chance bestand darin, hinaus auf den Gang zu gelangen und um Hilfe zu rufen.
    Doch leider rettete ihn seine Verzweiflungstat nicht. Noch kraftlos und zittrig davon, dass er den Krug geschwenkt hatte und jäh aufgesprungen war, sackte er in sich zusammen, sobald seine Füße den Boden berührten. Er kippte vornüber, aber William fing ihn auf und schob ihn angewidert zurück ins Bett.
    „Was, zum Henker, sollte das werden?“, fuhr William ihn an und steckte ihn wieder unter die Decken und Fellüberwürfe. „Du bist nicht in der Verfassung für solche Eskapaden.“
    Wachsam beobachtete Hethe, wie William sich aufrichtete und ihn wehmütig musterte.
    „Ich bringe dich wirklich nicht gern um, Hethe. Eigentlich hatte ich die Angelegenheit als erledigt betrachtet, als ich Stephen niedergestochen habe.“
    „Du hast Stephen niedergestochen?“
    „Aye. Tja, ich konnte ja kaum zulassen, dass er dir eröffnet, er habe nur deine Anweisungen befolgt. Dann hättest du gewiss eins und eins zusammengezählt.“ Bekümmert presste er die Lippen aufeinander. „Ich habe ehrlich geglaubt, die Sache sei vorbei und alles könnte wieder seinen normalen Lauf nehmen. Ich war stets zufrieden damit, dein ranghöchster Mann zu sein. Wenn du deiner Frau erst einmal überdrüssig geworden wärst, hätten wir beide unser altes Leben wieder aufgenommen. Alles wäre gut geworden.“ „Warum dann der Sinneswandel?“ Hethe spürte, wie ihm der Mund trocken wurde.
    „Daran ist der Vorfall mit dem Karren schuld. Bis dahin hatte ich nicht vor, dich zu töten. Doch in dem einen Moment, da ich dich tot wähnte, ging mir auf, dass Helen dann allein dastünde und Tiernay ohne Burgherr wäre. Ich hätte nur zugreifen müssen, und mir wurde bewusst, wie sehr ich es wollte. Ich wollte all dies, und ich verdiene es nicht weniger als du.
    Allerdings musste ich mir erst zurechtlegen, wie ich ans Ziel gelangen würde. Ich kam zu dem Schluss, dass der einzige Weg darin besteht, dich zu beseitigen. Von da an habe ich Pläne geschmiedet, mit der Durchsetzung jedoch gewartet, bis wir nach Tiernay gekommen sind. Denn ich wusste, dass ein jeder hier denken würde, du seiest von einem der Dörfler aus Rache umgebracht worden.“ „Oder von Stephen.“
    „Richtig. Nur dass ich zu dem Zeitpunkt noch dachte, er sei tot.“ William - mein Halbbruder, dachte Hethe - zuckte mit den Schultern. „Gäbe es eine andere Möglichkeit für mich, zu bekommen, was mir zusteht, hätte ich sie gewählt“, fuhr William beinahe sanft fort. „Aber du stehst nun einmal zwischen mir und Helen, und nur sie kann mir all das geben, was ich begehre und verdient habe.“ „Sie wird dich niemals heiraten“, sagte Hethe ruhig.
    „Aber natürlich wird sie das“, wandte William ein, als spreche er zu einem Kind. „Was du hinterlässt, geht an mich, deinen Bruder. Zudem werde ich sie umgarnen, und ich erinnere sie an dich. Sie wird mich heiraten, weil sie, vor Liebe und Trauer verwirrt, dich in mir sehen wird. Sie wird sogar glauben, dass diese Anwandlung von ihr selbst ausgeht.“
    Liebe und Trauer? Trotz seiner prekären Lage horchte Hethe bei diesen Worten auf. Liebte Helen ihn etwa? William jedenfalls schien dies zu glauben. Kurz kostete er die Vorstellung aus, ehe ihm einfiel, dass es im Grunde gar nicht gut wäre, wenn William recht haben sollte. Sollte sie ihn, Hethe, wirklich lieben, würde sie William womöglich tatsächlich heiraten, sofern dieser sie in einem schwachen Augenblick bedrängte und ihre Trauer ausnutzte. Seine Züge verhärteten sich, und er hob den Kopf ein wenig. „Und wie beabsichtigst du mich umzubringen?“
    William schnitt eine Grimasse. „Ehrlich gesagt war genau das die Frage, die mich beschäftigt hat, als du zu dir gekommen bist und mich aus dem Fenster hast blicken sehen. Wäre es nach mir gegangen, so wärest du dem Pfeil erlegen.

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