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Im Banne des stuermischen Eroberers

Titel: Im Banne des stuermischen Eroberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynsay Sands
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diese Sache mit dem Jungen namens Adam. Er hat in der Kirche einen Streit vom Zaun gebrochen, und zur Strafe hat man ihm eine Hand abgehackt. Das war die erste grausame Tat auf Holden, von der ich gehört habe. Es geschah kurz nachdem mein Vater gestorben ist.“
    „Verstehe.“ Er schwieg, ehe er sich räusperte. „Nun, ich kann mich nicht entsinnen, das angeordnet zu haben, aber es ist nun einmal die Strafe, welche die Kirche in einem solchen Fall fordert. In der Kirche zu hadern ist...“
    „Der Junge war sieben Jahre alt“, brauste Helen auf. „Er und sein Bruder haben sich gezankt und ...“
    „Sieben?“
    Sie wandte den Kopf und sah ihren Gemahl an. Dessen entsetzte Miene konnte unmöglich geheuchelt sein. Er war aufrichtig abgestoßen, so wie Helen es damals gewesen war. Sie spürte etwas von dem Groll schwinden, den sie all die Jahre gegen diesen Mann gehegt hatte. Er hatte wirklich nichts gewusst. Sie wandte sich wieder ab und wartete, den Blick nach vorn gerichtet, und nach einem Moment machte er sich erneut daran, ihr das Haar auszuwaschen. „Hat er überlebt?“ Lord Holden sprach heiser und gepresst. „Mit knapper Not. Inzwischen ist er zwölf und hilft in den Stallungen von Tiernay.“
    „Tiernay?“, wiederholte er überrascht.
    Helen nickte. „Seine Mutter hat ihn nach dem Vorfall zu mir gebracht. Sie hat mich angefleht, Euch den Jungen und dessen Bruder abzukaufen, damit ihm nicht noch mehr passiert. Beide Burschen waren Leibeigene.“
    „Und Ihr habt es getan.“ Es war eine Feststellung.
    „Aye. Ich habe sie alle ausgelöst, auch die Mutter. Das hat mich einiges gekostet“, fügte sie scharf an und spürte seinen Atem auf der nackten, nassen Schulter, als er seufzte.
    „Meines Wissens habe ich keine Hörigen veräußert, seit ich Lord of Holden bin.“
    Darauf erwiderte Helen nichts. Sie hatte mit den Jahren so manchen seiner Leibeigenen erworben. Manchmal nach einer Bestrafung und manchmal, um den Betreffenden vor einer solchen zu bewahren. Dann und wann erfuhr sie zu spät von Ungemach und konnte nichts mehr tun. So wie in Berthas Fall.
    „Bertha?“
    Erst seine Frage machte ihr bewusst, dass sie den Namen laut ausgesprochen hatte. Sie schluckte, ehe sie nickte und sich zu ihm umdrehte. „Der alten Bertha hat man die Brüste abgeschnitten.“ Hethe fuhr zusammen. „Die Brüste? Ist Bertha nicht meine Bierbrauerin?“ Dass er sich ausgerechnet an den Namen seiner Bierbrauerin erinnerte, entbehrte nicht einer gewissen Komik. In jüngeren Jahren hatte er ganz gern einen über den Durst getrunken, dies jedoch eingeschränkt, seit er mit den Pflichten des Herrn über Holden betraut war.
    „Das war sie.“ Lady Helen nickte beklommen. „Ihre Wunden wurden brandig, sie ist nicht genesen.“
    „Grundgütiger“, hauchte er. „Was hat sie sich zuschulden kommen lassen?“
    „Sie hat sich Geld geliehen und wurde dabei erwischt.“
    Erbost schüttelte er den Kopf. „Ich habe nichts von alledem befohlen. Ich wusste nicht einmal davon.“
    Seine Gemahlin sah schweigend über die Schulter zu ihm hoch und richtete den Blick dann wieder nach vorn. Er war sich nicht sicher, ob sie ihm glaubte. Und dass sie zweifeln könnte, missfiel ihm. Dabei hatte er wirklich keine Ahnung von all diesen Geschehnissen gehabt.
    Wer aber ist schuld? Mit dieser Frage setzte ihm sein Gewissen zu. Hethe wand sich innerlich. Er war der Lord; er sollte über alles Bescheid wissen. Schließlich war er für die Menschen hier verantwortlich. Letzten Endes war es ihm anzulasten, dass der junge Adam seine Hand und die alte Bertha erst ihre Brüste und
    schließlich ihr Leben verloren hatten. Das zu akzeptieren, fiel ihm schwer. Er hätte mehr Zeit auf Holden verbringen und seine Pflichten nicht so sehr auf die leichte Schulter nehmen sollen. Statt- dessen hatte er sich in der Ferne die Wunden geleckt, die ihm der Tod seiner ersten Gemahlin zugefügt hatte. Und die Frau vor ihm war gezwungen gewesen, sich seiner Untergebenen anzunehmen. „George hat seine Beine eingebüßt, weil er gewildert hat.“
    Hethe erstarrte und krampfte unwillkürlich die Finger um den Lappen, den er hielt, wodurch er Lady Helen Wasser auf den Rücken tropfen ließ. Er wusste nicht, wer George war, aber das war einerlei. „Weil er gewildert hat?“
    „Aye. Er wurde mit einem Reh erwischt. Wobei er behauptet hat, er habe es tot aufgefunden. Mir wurde zugetragen, dass das Tier keinerlei Verletzungen aufwies, und höchstwahrscheinlich

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