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Im Bannkreis Des Mondes

Im Bannkreis Des Mondes

Titel: Im Bannkreis Des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Monroe
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nur er sei für das Wohlergehen und die Sicherheit seiner Leute verantwortlich.
    Er trieb sich und seine Krieger an. Härter als jeder englische Baron, dem sie bisher begegnet war, mit sich und seinen Leuten ins Gericht ging.
    Ihr Ritt zurück zur Festung verlief schweigend. Obwohl sie auf dem Pferderücken aneinandergedrückt wurden, hatte Talorc eine unsichtbare Mauer aus Feindseligkeit um sich errichtet. Abigail versuchte nicht, ein Gespräch mit ihm zu beginnen, weil sie nicht wusste, was sie sagen sollte. Aber sie wünschte, sie würde verstehen, was Talorc so wütend machte.
    Als sie zur Burg zurückkehrten, führte Talorc sie ohne Umwege in die große Halle. Es überraschte Abigail, dass eine Hand voll seiner besten Krieger auf den Bänken an der Tafel saßen. Bis zur Abendmahlzeit war es noch einige Stunden hin, und für gewöhnlich kamen die nicht schon so früh zusammen. Aber Niall, Barr, Earc, Fionn und Airril waren da. Und auch Osgard blickte sie aus seiner Ecke finster an.
    Una brachte den Kriegern Wasser und Met, ehe sie Abigail einen letzten ratlosen Blick zuwarf und aus der Halle huschte.
    Auch Guaire gesellte sich zu ihnen. Er nahm auf der anderen Seite des Halle Aufstellung und hielt sich von den Kriegern fern. Er schien über deren Anwesenheit ebenso verwirrt zu sein wie Abigail.
    Talorc blieb mit ihr in der Mitte der Halle stehen. »Dreh dich mit dem Rücken zu den Kriegern«, befahl er ihr.
    »Was? Warum?« Sie biss sich besorgt auf die Unterlippe. Wenn sie den anderen den Rücken zudrehte, forderte sie ihr Glück förmlich heraus; nichts drang dann hinein in ihre stille Welt.
    In seinem Blick glomm Wut auf. »Tu es einfach.«
    Sie verstand nicht, was er mit dieser Bitte bezweckte, und fühlte sich unbehaglich. Aber jetzt war wohl kaum der richtige Zeitpunkt, sich mit ihm zu streiten.
    Sie hielt kurz an der unwirklichen Hoffnung fest, er werde nicht mit seinen Leuten sprechen, während sie ihnen den Rücken zuwandte. Gehorsam drehte sie sich um. Talorc trat beiseite, sodass er sowohl ihr Gesicht als auch die Soldaten hinter ihrem Rücken sah. Abigail konnte jetzt nur noch Guaire sehen, weil er nicht bei den anderen Soldaten stand.
    Sie hatte kein gutes Gefühl. Und plötzlich erkannte sie, was unter Umständen geschehen würde. Ihr Magen krampfte sich zusammen, und ihre Hände wurden feucht. In ihrem Kopf hämmerte die Angst. Kein Wort kam über ihre Lippen; sie konnte einfach nicht fragen, was vor sich ging. Weil sie fürchtete, es bereits zu wissen.
    Sie wurde auf die Probe gestellt. Und wenn das stimmte, dann waren ihre Versuche, ihr Geheimnis zu wahren, nun endgültig gescheitert. Jemand würde den Schleier beiseitereißen. Sie konnte natürlich so tun, als könne sie »hören«, was Talorcs Männer hinter ihrem Rücken vermutlich gerade taten. Sie konnte weiterhin Lüge um Lüge spinnen, konnte weiterhin alles unternehmen, um ihre Taubheit zu verbergen. Aber ihre Stärke fiel in diesem Moment in sich zusammen. Sie konnte nicht mehr.
    Und vermutlich würde es ohnehin nicht funktionieren.
    Guaire blickte sie unverwandt an. Und dann sah sie es in seinen freundlichen grünen Augen: entsetztes Begreifen. Das Entsetzen verwandelte sich in Mitleid. Sie spürte, wie alle Farbe aus ihrem Gesicht wich.
    Talorc wusste es. Sie alle wussten es nun. Ihr Gebrechen war vor den Augen aller Krieger offenbar geworden.
    Irgendwie hatte Talorc die Wahrheit herausgefunden. Er wusste, warum Abigail am See so gehandelt hatte. Er hatte sie zurückgebracht, um sein Wissen vor seinen Kriegern unter Beweis zu stellen. Etwas Dunkles schob sich in Abigails Gesichtsfeld. Aber sie straffte sich. Dieser Schwäche würde sie nicht nachgeben, nein! Unter keinen Umständen wollte sie in Ohnmacht fallen.
    Aber es dauerte ein paar tiefe Atemzüge, ehe ihr Körper sich von diesem Willensakt überzeugen ließ.
    Der Schmerz durchbohrte sie, als sie sich zu ihrem Mann umwandte. Sie flehte ihn mit stummen Blicken an.
    Aber in seinen Augen lag nichts Gnädiges. Seine Züge waren vor Wut verzerrt und düster. Sie zuckte zurück.
    Er betrachtete sie angeekelt. »Genügt es nicht, dass du so vieles vor mir versteckt hast? Kennst du mich so gut? Ich werde dich niemals schlagen.«
    Die Worte waren barsch, doch seine Miene war geradezu feindselig.
    Es war genau so, wie sie es befürchtet hatte. Er wusste von ihrer Taubheit und hasste sie nun. Sie hatte einen Makel, und deshalb wollte er sie nicht mehr. Wie so viele Menschen glaubte er, ihr

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