Im Bannkreis Des Mondes
geändert und ihn nicht länger benutzen wollen. Als sollte er glauben, sie wolle bei ihm bleiben. Als ob das ihre Handlungen irgendwie für ihn nachvollziehbarer machen würde.
Das tat es nicht. Es zeigte ihm bloß, dass sie durchaus in der Lage war, so zu handeln, wie es ihr am meisten nutzte. Sie war keinen Deut besser als Tamara. Selbst wenn Abigail ihn inzwischen liebte, wie sie behauptete, hatte sie doch ursprünglich geplant, ihn für ihre Zwecke zu benutzen und ihre Ehe und die Verbindung nach Art der Chrechte einfach irgendwann wegzuwerfen.
Aber wie sehr ähnelte Abigail seiner toten Stiefmutter?
Es war diese Frage, die ihn in seiner Wolfsgestalt durch die Wälder trieb und nicht zur Festung zurückkehren ließ. Zur Burg, in der seine Frau auf ihn wartete.
Kapitel 15
T alorc schickte Abigail nicht fort. Zumindest nicht an jenem Tag.
Er war nicht zugegen, um ihre Vertreibung zu befehlen. Er war nach ihrem Gespräch am frühen Morgen verschwunden und seither nicht zur Festung zurückgekehrt.
Er unterwies die Soldaten heute auch nicht im Kampf. Barr hatte diese Aufgabe übernommen. Ohne die Unterstützung seines Zwillingsbruders, wie Abigail bemerkte, als sie auf ihrem Weg zur Schmiede an dem Übungsplatz im unteren Burghof vorbeiging. Sie wollte Magnus bitten, ihr eine dreizackige Hacke zu fertigen, mit der sie die Erde in ihrem Kräutergarten durchheckern konnte.
Als sie die Schmiede erreichte, war ihr doch etwas beklommen zumute, weil sie nicht wusste, wie Magnus ihr begegnen würde. Doch der Schmied war nicht nur so respektvoll und hilfreich wie immer, sondern lächelte sie sogar aufmunternd an, nachdem sie ihm beschrieben hatte, was sie sich wünschte.
»Aye, das kann ich dir wohl machen. Ist eine kluge Idee, finde ich.«
»Ich danke dir.« Er hatte vermutlich noch nicht von ihrem Betrug erfahren.
Aber seine nächsten Worte ließen keinen Zweifel, dass er es doch wusste. »Stimmt es denn? Dass du nicht hören kannst?«
»Ja.«
»Du bist aber wirklich schlau.«
Sie öffnete den Mund, um sich zu verteidigen, doch die Anerkennung, die über seine Miene huschte, ließ sie verstummen.
Er nickte. »Du bist eine wirklich gute Gefährtin für unseren Laird.«
»Hm, danke …«
»Ein Chrechte muss Geheimnisse wahren können und sich in aller Heimlichkeit bewegen.«
»Aber ich bin keine Chrechte.«
»Nein, das bist du nicht. Aber du hast das Herz und die Klugheit eines Chrechte.« Daran, wie er sich in die Brust warf und seine Augen blitzten, erkannte sie, dass es sich wohl um das größte Kompliment handelte, das der Schmied aussprechen konnte.
Und das war nur das erste von diversen denkwürdigen Gesprächen, die Abigail im Laufe des Tages mit den Mitgliedern ihres Clans führen sollte. Viele dachten nicht im Entferntesten daran, sie zu hassen. Nein, sie brachten ihr eine gewisse Achtung entgegen, weil sie ihr Gebrechen so gut vor den Leuten hatte verstecken können.
Sie wünschte nur, sie könnte das auch von ihrem Ehemann sagen, aber außer ihm wusste ja auch niemand, dass sie ihn anfangs hatte benutzen wollen, um zu ihrer Schwester ziehen zu können.
Auch wenn sie fand, man könne es nicht unbedingt vergleichen, kam es ihr doch so vor, als fühle ihr Ehemann sich weniger durch ihre Taubheit beleidigt als vielmehr durch den Umstand, dass sie ihn getäuscht hatte. Der Clan bewunderte sie für ihr Täuschungsmanöver und schien kein Problem mit ihrer Taubheit zu haben. Tatsächlich zeigten sich alle beeindruckt, dass sie in der Lage war zu spüren, wenn sich ihr von hinten jemand näherte.
So ging es allen. Außer Niall. Er ignorierte sie völlig.
Sie hielt sich am anderen Ende des Burghofs auf, als sie mitbekam, dass Guaire ihn zur Rede stellte. Vielleicht hätte sie die beiden Männer nicht belauschen dürfen, aber alte Angewohnheiten ließen sich nur schwer ablegen. Außerdem fand sie es faszinierend, das Gespräch der beiden zu beobachten.
Guaire blickte zu Niall auf. In seinen Augen brannte grünes Feuer. »Was ist denn mit dir los?«
»Stehst du nicht etwas zu dicht vor mir, Guaire?«, fragte Niall, statt die Antwort des Truchsess zu beantworten.
Guaire ballte die Fäuste. »Wird deine Männlichkeit etwa durch meine Nähe beleidigt?«
»Du bist doch derjenige, der sofort davonrennt, sobald ich nur in deine Nähe komme.«
»Das ist nicht wahr.«
»Oh doch, das ist es.«
»Jetzt renne ich aber nicht weg.«
»Das sehe ich. Wie’s scheint, stellst du dich sogar dem narbigen Teufel
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