Im Bannkreis Des Mondes
Generation weitertrugen. Da er ein Chrechte war, der sich auf ewig mit seiner Seelenverwandten verbunden hatte, wäre es seinem Körper unmöglich, sich mit einer anderen Frau als Abigail zu paaren. Zumindest so lange nicht, bis die Verbindung zu ihr durch ihren Tod unterbrochen wurde. Oder durch einen Verrat, der so groß war, dass sein Wolfsgeist sie von sich wies.
Aber offensichtlich schien sein Wolf von Abigails Niedertracht nicht im Geringsten beeindruckt zu sein. Er war ihr gegenüber genauso besitzergreifend und beschützend wie zuvor. Noch immer sehnte er sich nach ihrer Erlaubnis und der Möglichkeit, sie in seiner Wolfsgestalt wittern zu dürfen. Es war eine schmerzliche Sehnsucht, die mit jedem verstreichenden Tag intensiver wurde und einen vorläufigen Höhepunkt fand, als ein anderer Mann es gewagt hatte, sein Territorium zu beschmutzen.
Beim Anblick der Pelze, auf denen Guaire in Talorcs und Abigails Schlafkammer genächtigt hatte, hatte sein Wolf ungehalten aufgebrüllt. Talorc hätte die verdammten Felle am liebsten sofort aus dem Fenster geworfen. Doch er hatte diesen Drang niedergerungen, und das war für seine Verhältnisse eine geradezu bemerkenswerte Zurückhaltung. Besonders, nachdem er zusehen musste, wie seine Gefährtin die Pelze vorsichtig zusammengerollt und ihr Duft sich mit Guaires in den Fellen verbunden hatte.
Sein Engel musste noch viel lernen über das wahre Wesen der Chrechte.
Und über ihn.
Sie behauptete, sie würde ihn lieben. Aber im selben Atemzug hatte sie ihm deutlich gezeigt, dass sie es ihm zutraute, sie wegen etwas so Unbedeutendem wie ihrem fehlenden Hörvermögen einfach fortzuschicken. Bestimmt war dies ein schrecklicher Schmerz, mit dem sie leben musste und nicht er. Ihre Taubheit betraf ihn nicht, höchstens insofern, dass er sie zukünftig noch besser beschützen musste, weil er nun wusste, wie wenig sie von ihrer Umwelt mitbekam, wenn sie nicht direkt auf ein Geschehen achtete.
Es erklärte aber auch jene Gelegenheiten, wenn er geglaubt hatte, sie ignoriere ihn. Sie hatte einfach nicht bemerkt, dass er mit ihr sprach.
Was konnte daran so schlimm sein?
Dennoch hatte sie die Wahrheit mit einem Feuereifer vor ihm versteckt, der ihn gleichermaßen beeindruckte und besorgte. Kein Chrechte hatte bisher seine eigene Natur mit mehr Talent und Geschick zu verbergen vermocht wie seine Frau ihre Taubheit. Sobald der Moment kam, da er ihr die Geheimnisse seines Volks anvertrauen konnte, durfte er keinen Zweifel an ihrer Vertrauenswürdigkeit hegen.
Trotz allem blieb seine Sorge. Es war ihr so leicht gefallen, ihn zu hintergehen. Sie hatte ihm versichert, sie habe ihn nicht angelogen. Aber konnte er ihr das glauben?
Sie hatte ihn geheiratet, weil er ihr eine Möglichkeit bot, auf Dauer bei ihrer Schwester zu leben. Sie hat ihr Ehegelübde und den alten Chrechteschwur gesprochen, ohne die Worte tatsächlich so zu meinen. Diese Wahrheit ließ etwas tief in ihm erstarren. Es schmerzte ihn so sehr. Seit er seine Eltern verloren hatte, war nichts mehr so schmerzvoll gewesen. Seine geheiligte Seelengefährtin hatte ihre Chrechteschwüre gesprochen wie ein Kind, das heimlich hinter dem Rücken die Finger kreuzt.
Zumindest das versetzte seinen Wolf in tiefe Trauer.
Obwohl sie eine englische Menschenfrau war, hatte er sein Gelöbnis nach bestem Wissen und Gewissen gesprochen, sowohl vor dem Priester in den Lowlands wie auch später in der Höhle vor den Augen seiner Brüder vom Stamm der Chrechte. Von Anfang an hatte er keine Pläne geschmiedet, wie er sich des ungewollten Vertrags entledigen konnte. Die Tatsache, dass sein Engel mit dieser zweifelhaften Absicht in den Stand der Ehe eingetreten war, fühlte sich an, als durchbohrte ihn jemand mit einem Speer.
Er hasste die Erkenntnis, dass sie so viel Macht über ihn besaß, ihm unerträgliche Schmerzen zuzufügen. Es machte ihn wütend, weil seine Gefühle der Gnade eines anderen ausgeliefert waren, auch wenn es sich bei dieser anderen Person um seine Seelengefährtin handelte. Aber sie war eine Gefährtin, der er nicht vertrauen konnte. Dies war ein Zustand, den er nie hatte erleiden wollen, und bisher war er fest davon überzeugt gewesen, dass ihm derlei nie passieren könnte. Aber jetzt hatte Talorc den gleichen Fehler gemacht wie sein Vater.
Trotzdem war er verletzlich und der Gnade einer englischen Menschenfrau ausgeliefert. Dieser Fluch schien auf seiner Familie zu lasten.
Sie behauptete, sie habe ihre Meinung
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