Im Bett mit Brad Pitt
behauptet Genevieve
ungerührt. »Ich muss es schließlich wissen, nicht wahr? Und sollte jemand ein
Problem damit haben …« Sie zeigt gleich wieder auf die Studiotür.
»So hab
ich das nicht gemeint«, rudert Vanessa schnell zurück.
»Gut, dann können wir ja fortfahren …« Genevieve feuert noch
einen genervten Blick auf Vanessa ab, dann holt sie tief Luft für ihren
Vortrag: »Also, wie ihr vielleicht schon gehört habt, geht es bei Method Acting
nicht bloß darum, eine Rolle zu spielen, sondern darum, etwas darzustellen,
indem man … Wer weiß es?«, unterbricht sie sich selbst und blickt
erwartungsvoll in die Runde.
»… indem man auf seine persönlichen Erinnerungen zurückgreift
und sich mit deren Hilfe in die Lage des darzustellenden Objektes versetzt?«
Man kann Vanessa ansehen, wie viel Mut es sie kostet, sich noch einmal zu
diesem Thema zu äußern.
Genevieve wiegt den Kopf hin und her. »Hm, ja … so ähnlich. Man
kann es aber auch viel einfacher beschreiben. Also, wenn ihr etwas absolut
authentisch darstellen wollt, dürft ihr es nicht nur spielen ,
sondern ihr müsst vielmehr dazu werden «, rezitiert
sie dann mit bedeutungsvollem Blick.
»Das hab ich jetzt nicht ganz kapiert«, flüstert Emma mir zu.
»Sie zeigt uns jetzt, wie man schauspielert«, gebe ich leise zurück.
»Ich werde euch ein Beispiel geben«, kündigt Genevieve an. »Ich
werde jetzt etwas darstellen, indem ich mich mental völlig in es verwandle, und
ihr müsst erraten, was es ist!« Sie lässt sich zu Boden gleiten, schlingt ihre
Arme um die Beine und legt den Kopf auf den Knien ab – und rührt sich dann
nicht mehr.
Wir starren sie gebannt an, und als sie nach einer halben Minute
immer noch keinen Mucks von sich gibt, tauschen wir ratlose Blicke aus.
»Wir müssen erraten, was das sein soll«, zischt Janet ängstlich in
die Runde. »Na los, macht schon!«
Greg wagt als erster einen Versuch: »Ist es Der
Denker von Rodin?«
»Blödmann, dersieht doch ganz anders
aus«, faucht Vanessa ihn an. »Kein Wunder, dass du underfucked bist! Es ist natürlich die Meerjungfrau von Kopenhagen«, startet sie dann
selbst einen Versuch und erntet nun ihrerseits Kopfschütteln.
»Eine Schildkröte … in ihrem Panzer?«, kommt es noch einmal von
Greg.
»Eine Auster, die sich verschlossen hat«, wage ich einen Ausflug ins
Poetische.
»Calimero, bevor er aus dem Ei geschlüpft ist …«, kommt es von
irgendjemandem.
»Ein Sturzhelm?«
»Osama bin Laden in seinem Geheimversteck!«
»Mary Poppins!«
»Mensch, wie sollen wir denn da draufkommen?«, meint Greg nach einer
Weile frustriert. »Sie sitzt doch bloß da wie ein Stein …«
»Genau!« Genevieve federt so unvermutet hoch, dass wir alle vor
Schreck zusammenzucken. Sie strahlt uns an, als hätte sie gerade etwas ganz
Großartiges vollbracht. »Seht ihr, dadurch, dass ich diesen Stein nicht nur
gespielt habe, sondern mental zu einem geworden bin,
konntet ihr sofort erkennen, was ich war.«
Wir glotzen sie einen Moment lang an, und Vanessa öffnet den Mund,
um etwas zu sagen, lässt es dann aber doch lieber bleiben.
Nur Emma ist beeindruckt, was aber auch daran liegen könnte, dass
sie natürlich nicht jedes einzelne Wort verstanden hat. »Stark, was? Die Frau
hat’s echt drauf«, sagt sie mit glänzenden Augen.
Ich will gerade darauf antworten, als plötzlich die Studiotür
aufgeht. Ein Mann tritt herein, und als Genevieve ihn erblickt, klatscht sie
vor Entzücken in die Hände und ruft aus: »Jason! Ist das eine Überraschung.«
Sie rennt ihm entgegen wie ein junger Teenager und umarmt ihn stürmisch.
»Wer ist das, noch ein Schüler?«, frage ich die anderen.
»Das muss dann aber ihr besonderer Liebling sein«, meint Greg mit
einer ziemlichen Portion Neid in der Stimme.
»O mein Gott!« Janet schlägt sich plötzlich die Hände vor den Mund.
»Wisst ihr, wer das ist?«
»Nein, wieso?« Ich sehe mir den Mann genauer an, kann ihn aber nicht
richtig zuordnen. Ich schätze ihn auf Mitte dreißig, er ist schlank und groß,
trägt Jeans und dazu ein weißes Hemd und darüber eine halblange, abgetragene
Lederjacke. Sein dunkles Haar ist halblang, und mit dem Dreitagebart sieht er
irgendwie … verwegen aus.
»Ach du meine Güte!« Jetzt hat auch Vanessa ihn erkannt. »Das ist Jason Griffin «, haucht sie.
»Jason Griffin, der Regisseur?«, frage ich. Über den habe ich schon
einige Male gelesen, aber auf den Fotos war er immer glatt rasiert und sah
dadurch
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