Im Blutkreis - Roman
Art Rache … Überlegen Sie doch mal, verdammt, das ist doch sonnenklar! Alles, vom Tod Ihrer Eltern bis zu Ihrer Einweisung, weist in diese Richtung. Dadurch, dass sie Casarès ausschalteten, wollten sie die Wurzel des Übels ausreißen und die Spuren verwischen, die zu ihnen führten …«
Nathan nahm sein Gesicht zwischen seine Hände. Neue Zweifel überfielen ihn.
»Aber warum haben sie den Mord dann auf diese Weise inszeniert? Aus welchem Grund haben sie mir diese… Botschaft hinterlassen?«
»Sie haben ihre Tat signiert, um Sie zu erschrecken. Damit Sie Ihre Verfolgung aufgeben…«
»Aber sie hätten mich doch umbringen können. Ich habe ein paar Stunden zuvor mit Casarès gesprochen, sie wussten, dass ich zu ihm gehen würde. Ein Schütze hätte mich aus dem Hinterhalt abknallen können, ohne dass ich ihn bemerkt hätte.«
»Jeder hätte aufkreuzen können, Nathan. Selbst die Polizei. Der Schütze hätte auch geschnappt werden können, und dann hätten sie ganz schöne Probleme bekommen.«
»Sie haben wahrscheinlich Recht.«
»Schön. Wie wäre es, wenn wir mal über diese junge Frau sprechen würden?«
»Rhoda … Rhoda Katiei.«
»Sie haben mir nicht alles über sie gesagt, nicht wahr?«
Nathan trank einen Schluck Kaffee und stellte die Tasse zurück.
»Nein… als ich mit ihr in Paris war, hat sie versucht, mich zu behandeln, aber das ist schiefgelaufen, die Sitzung ist außer
Kontrolle geraten… Wir haben uns umarmt… Ich erspare Ihnen die Einzelheiten. Alles ging gut, bis ich durchdrehte. Ich habe rot gesehen… ich habe sie brutal zurückgestoßen. Ich kann mir noch immer nicht erklären, was in mich gefahren war.«
»Glauben Sie nicht, dass sie Ihnen folgte, dass diese Begegnung Teil des Plans der Mörder war?«
»Ich habe das lange nicht glauben wollen. Immerhin hat sie mir das Leben gerettet. Sie hat mich auf die Spur der Dämonen von Katalé gebracht. Sie hat versucht, mir zu helfen, das Gedächtnis wiederzuerlangen … Aber ich muss zugeben, dass meine jüngsten Entdeckungen meine Gewissheiten ziemlich erschüttert haben. Ich glaube, dass … Ja, es ist durchaus denkbar, dass sie in die Sache verstrickt ist.«
Zum ersten Mal formulierte Nathan klar und deutlich seine Zweifel bezüglich Rhoda. Die Erinnerung an die Stunden, die er mit ihr in Paris verbracht hatte, an ihre Augen, ihren Nacken, ihre Tränen, an die ganze Zärtlichkeit, die er in sich gespürt hatte, als sie ihn in die Arme genommen hatte… Woods’ Misstrauen war mehr als begründet, aber Nathan konnte sich noch immer nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass alles nur Manipulation gewesen sein sollte. Er schloss die Augen, um zu versuchen, die Traurigkeit zu verscheuchen, in die sich Wut mischte.
Woods begann wieder, auf seinem Notizblock herumzukritzeln und tat so, als bemerke er Nathans Verwirrung nicht.
»Wissen Sie, wo Sie mit ihr Verbindung aufnehmen können?«, fragte er und hob den Kopf. »Nathan, hören Sie mich?«
»Sie arbeitet in einem Camp für palästinensische Flüchtlinge in Jenin«, erwiderte Nathan schließlich. »Ich habe eine Handynummer.«
»Reden Sie mit ihr. Sie wissen heute viel mehr. Testen Sie ihre Reaktionen … Aber plaudern Sie nicht zu viel aus.«
Als wären sie vereint in dem Gefühl der Ohnmacht, das ihnen die Kehle zuschnürte, schwiegen sie einen Augenblick. Dann fragte Nathan: »Und wie weit sind Sie mit dem Manuskript?«
Woods lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Ich komme nicht so recht weiter. Ich musste mich endgültig damit abfinden, dass ein Teil so beschädigt ist, dass man nichts mehr herausholen kann. Nur ein paar Sätze, die ich entziffern konnte, bevor ich losfuhr, scheinen darauf hinzudeuten, dass unser junger Arzt nicht mehr in Saint-Malo ist, sondern in einer Stadt am Mittelmeer. Der Text beschreibt die Überreste einer christlichen Kirche, Landschaften am Meer… Ich kann den Ort nicht identifizieren … er könnte ebenso auf Malta sein wie in Konstantinopel. Als ich jedoch das ganze Tagebuch noch einmal las, bin ich auf etwas Interessantes gestoßen. Elias spricht ganz am Anfang von einer Reise, die Roch in ebendiese Gegend gemacht hat. Er erzählt, dass sein Freund dort entführt wurde und lange in Gefangenschaft war, bevor er befreit wurde …«
»Elias hat also Nachforschungen in der Umgebung von Roch angestellt. Und er hat genügend Hinweise gefunden, um zu beschließen, diese Reise zu machen …«
»Er muss einen verdammt guten Grund
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