Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Blutkreis - Roman

Im Blutkreis - Roman

Titel: Im Blutkreis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Limes
Vom Netzwerk:
unmöglich, dass er sich geirrt hatte. Die Körper mussten sich irgendwo auf der Insel befinden.
    Nur wo? Nathan rief sich die Erklärungen des Russen bezüglich
des Dauerfrosts wieder in Erinnerung, und da kam ihm eine Idee. Es war wenig wahrscheinlich, dass Roubauds Männer mit Hilfe von Sprengstoff Gräber gegraben hatten. Das bedeutete, dass sie nach lockerem Boden gesucht haben mussten. Er ging an den Rand der Steilküste. Von dort aus konnte er das Dorf, die Bucht und die ganze Nordküste der Insel überblicken. Auf dieser Seite musste der Zodiak angelegt haben. Erneut suchte er die Landschaft ab. Links wie rechts erstreckten sich der Strand und seine Steilwände, so weit das Auge reichte.
    Der Strand.
    Natürlich … das war der ideale Ort, man musste nicht graben, man brauchte nur die Kiesel wegzunehmen.
    Ein heller, sich bewegender Fleck erregte seine Aufmerksamkeit.
    Er nahm sein Fernglas und richtete es auf den Horizont, während seine Finger an dem Rädchen zur Feineinstellung drehten.
    Ein Eisbär. Das Raubtier kratzte wie wild an den Steinen ein paar Meter von der Küste entfernt. Nathan suchte den Boden in unmittelbarer Nähe des Tieres ab. Er war auf einer Fläche von vier oder fünf Quadratmetern umgegraben worden, aber er war zu weit weg, um erkennen zu können, was das Ungetüm so sehr interessierte. Was suchte es da?
    Das Tier richtete sich einen Augenblick auf, als spürte es die Gegenwart eines Eindringlings.
    Und da erkannte Nathan das schwarze Gewebe, den halb abgerissenen Reißverschluss, der aus der Grube ragte … Sein Herzschlag setzte für einen Moment aus.
    Der Bär hatte die Leichensäcke gefunden.
    Er war dabei, die Leichen zu fressen.

    19
    Nathan stürzte zu dem Schotterweg und stürmte den Hügel hinunter zum Strand. Als er noch fünfzig Meter von dem Tier entfernt war, atmete er tief durch, legte seine Pumpgun an und gab einen ersten Schuss in die Luft ab. Der Eisbär drehte sich um, richtete sich in einer ausladenden und machtvollen Bewegung auf und musterte den Gegner, bevor er wieder in das Grab hinabtauchte, als wäre nichts geschehen.
    Der Totengräber schien nicht bereit, von seinem Aasfund abzulassen, aber Nathan war fest entschlossen, ihm einen Strich durch die Rechnung zu machen.
    Er warf die rauchende Patronenhülse aus dem Magazin, ließ die Ladepumpe der Toz knallen und ging geradewegs auf das Tier zu. Seine Schritte trafen die Kiesel im Rhythmus des Blutes, das in seinen Adern pochte.
    Als er auf zwanzig Meter herangekommen war, blieb er stehen und gab einen weiteren Schuss in die Luft ab.
    Ein Brüllen zerriss den Raum. Nathan sah, wie das Ungetüm aus dem Grab herauskam, sich vor ihm aufbäumte und mit seinen furchtbaren Klauen durch die Luft schlug. Aufgerichtet maß das Tier knapp zwei Meter fünfzig, und die zurückgezogenen Lefzen entblößten Zähne, die wie Messer aus Elfenbein aussahen. Nathan schluckte, er durfte sich keinen Fehler erlauben, ein einziger Tatzenhieb genügte, um ihn zu köpfen. Er ging langsam um den Bären herum, um sich gegen den Wind zu stellen. Auf diese Weise würde die Angst, die er stoßweise ausschwitzte, nicht zu ihm dringen.
    Fünf.
    So viele Patronen blieben ihm noch. Er verschoss zwei weitere und schritt langsam auf das Tier zu.
    Als er bis auf sechs Meter herangekommen war, ließ der heiße Atem des Ungetüms ihn erstarren. Er richtete den Lauf
seines Gewehrs auf das schäumende Maul. Ein erneutes wütendes Brüllen zerriss die Stille, und dann wurde der Bär von Zuckungen geschüttelt, die sich über sein dickes Fell ausbreiteten. Nathan lud erneut und schoss, wobei er diesmal zwischen die riesigen Pranken zielte. Nicht ein einziges Mal wich er dem dunklen Blick aus, nicht eine Sekunde ließ er sich das Entsetzen anmerken, das ihn beinahe lähmte.
    Plötzlich beschrieb das Ungetüm eine weite Kurve mit seinem Kopf, ließ sich schwer auf seine Vorderbeine fallen und trat den Rückzug an.
    Er gab auf.
    Nathan konnte es kaum glauben. Er hatte gesiegt.
    Während seine Beine noch immer zitterten, behielt er den Bären im Visier, bis er weit genug entfernt war; dann legte er die Waffe auf den Boden und näherte sich dem Grab.
    Der Himmel hatte sich mit dunkelgrauen Wolken bezogen, und der Wind fegte über den Strand, der sich in ein stahlgraues Meer verwandelt zu haben schien. Nathan stieg in die Grube zwischen die Leichensäcke, die stocksteif halb begraben im Schotter lagen.
    Das Erste, was ihm auffiel, war die völlige

Weitere Kostenlose Bücher