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Im Bus ganz hinten

Im Bus ganz hinten

Titel: Im Bus ganz hinten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fler
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meinen Kollegen hier anscheinend
    nicht so wichtig. Der schlimmste Typ im ganzen Heim war A ndreas Moldau. Er wohnte im Zimmer nebenan. Wenn er seine Türe aufmachte,
    strömte sofort ein beißender Gestank heraus: so ein widerlicher Mix aus Schweiß, Scheiße und gammligen Essensresten. Der Geruch
    verbreitete sich innerhalb von wenigen Sekunden im ganzen Haus und machte natürlich auch nicht vor meinem Zimmer halt. Der Typ war
    eine lebende Stinkbombe. Jedes Mal, wenn ich A ndreas Moldau roch, kam mir die Kotze hoch, und ich flüchtete nach draußen.
    Mein Lieblingskleidungsstück im Heim war übrigens meine Helly-Hansen-Daunenjacke. Meine Mutter hatte sie mir in der Mini-City am
    Kurfürstendamm spendiert, vermutlich um ihr schlechtes Gewissen darüber zu beruhigen, dass sie mich abschieben wollte. Ich stand voll auf
    dieses Teil. Egal, ob es warm oder kalt war – ich zog sie an. Der US-Rapper Xzibit trug genau dieselbe Jacke in dem Video zu seinem Song
    »Paparazzi«. Das machte sie natürlich noch cooler. A ls ich eines A bends vom Essen wieder in mein Zimmer kam, waren all meine Sachen
    durchwühlt. Die Schränke standen offen, Pullover und Hosen lagen auf dem Boden. A ls ich das sah, bekam ich ein mulmiges Gefühl und sah
    panisch nach, ob mir irgendwas geklaut worden war. A lles war noch da. Nur eine Sache fehlte: meine geile Helly-Hansen-Jacke. Ich wurde so
    wütend, dass ich dreimal gegen die Tür schlug und dann raus auf den Gang stürmte. Dort erzählte ich ein paar Leuten, was passiert war, und
    quetschte sie aus, ob sie einen Verdacht hatten, wer der Täter sein könnte. »Das wissen wir nicht«, sagten sie eingeschüchtert. Und
    scheinheilig. Mir schien, als wüssten sie ganz genau, wo meine Jacke steckte. Und ein paar Stunden später fand ich es auch heraus: Der
    Heimälteste, Kai, hatte sich das Teil geklaut. Vor ihm hatten alle großen Respekt. Keiner traute sich, ihn zu verpfeifen. A ls ich ihn am nächsten
    Tag mit meiner Jacke grinsend über den Hof schlendern sah, wäre ich beinah ausgerastet vor Wut. Ich hätte ihn am liebsten in kleine Stücke
    gerissen und Gulasch aus ihm gekocht. A ber ich versuchte mich zu beherrschen. A nstatt ihn zu verprügeln, stellte ich mich einfach vor ihn
    und starrte ihn an. Ich schaute ihm ganz tief in die A ugen. Und was machte er? Er lächelte mir zufrieden ins Gesicht und ging weg. Plötzlich
    tat mir der Typ irgendwie leid. Dieser arme Bastard hatte anscheinend so wenig vom Leben, dass er ernsthaft einen Kick daraus zog, mir die
    Jacke zu klauen. Wenn ihn das tatsächlich glücklich machte – dann sollte er sie meinetwegen behalten. Petzen gehen oder ihn bei der Polizei
    anzeigen kam für mich sowieso nicht infrage. Ich ging zurück in mein Zimmer und schlug die Tür hinter mir zu.
    Von da an hatte ich keinen Bock mehr, mich irgendwie im Heim zu integrieren. Ich hatte keine Lust auf die beschissenen Spieleabende und die
    verlogen harmonischen A usflüge. Der eine hatte meine Jacke geklaut, und der Rest hatte vor ihm gekuscht und das Maul gehalten. Meine
    Isolation stimmte mich zwar traurig, aber lieber machte ich mein eigenes Ding, als mit diesen Opfern abzuhängen.
    Im Grunde nutzte ich das Heim nur, um nachts dort zu schlafen. Tagsüber hing ich draußen ab, und wenn ich mal in meinem Zimmer war,
    dann hörte ich Hip-Hop – und dazu brauchte ich keine Gesellschaft. Mein Lieblingssong war »Brooklyn Zoo« von Ol’ Dirty Bastard. Ich wollte
    genau wissen, wovon er rappte. Ich fand es total faszinierend, wie er die Worte aneinanderreihte und reimte. Ich hörte mir das Lied immer
    und immer wieder an. Es klang wie der Soundtrack zu meinem Leben, wenn er rappte: »I’m the one man army«. Ich fühlte die Lyrics so sehr,
    dass ich irgendwann begann, die Zeilen mitzurappen. Dabei dachte ich an meine Mutter. In mir drin steckte eine tiefe Enttäuschung darüber,
    dass sie mich einfach so ins Kinderheim abgeschoben, dass sie mich allein gelassen und unfreiwillig zu einer One Man A rmy gemacht hatte.
    Ich war ein einsamer Krieger. A ber einer, der sich nicht sicher war, ob er aufgeben oder weiterkämpfen sollte …
    Neues Ich

    Ich entschied mich, Patrick Losensky sterben zu lassen. Zumindest hatte ich das Gefühl, dass es nicht mehr so weitergehen konnte mit ihm.
    Ich war in einer Sackgasse angelangt. A ll die Scheiße, die ich erlebt hatte, hatte mich fast aufgefressen. Ich hatte mich selbst verloren und
    vermisste mich nicht einmal. Ich wollte einfach nichts

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