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Im Café der moeglichen Traeume

Im Café der moeglichen Traeume

Titel: Im Café der moeglichen Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paola Calvetti
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Freundinnen hatte indes in die Vollen gelangt: Sie hatte sich verliebt, war schwanger geworden und trug ein paar Wochen später einen Ehering am Finger. Mir war mehr oder weniger das Gegenteil widerfahren, und zwischen unseren Leben, die bislang ganz ähnlich verlaufen waren, tat sich plötzlich ein Abgrund auf.
    Wenn ich einen anderen Weg gegangen wäre, hätte auch ich jetzt jemanden an der Seite, dem ich blind vertrauen könnte. Wenn ich zum Beispiel eine Naturwissenschaft studiert hätte, wäre ich jetzt mindestens Ärztin, Physikerin oder Chemikerin, statt mich mit diesen wunderbar nutzlosen Arbeiten herumzuplagen, wenn, wenn, wenn … Natürlich läuft es nie, wie man sich das vorstellt, weshalb man doch lieber seinen Neigungen folgen sollte.
    Das habe ich getan, obwohl ich um die neunundzwanzig herum, während Sarah ihrem Schicksal entgegenging, allmählich mürbe wurde. In der Liebe hatte ich bereits Abstan d von der Illusion genommen, dass du, wenn du dich von deiner besten Seite zeigst, schon irgendjemandem auffallen wirst. Allerdings war ich immer noch überzeugt davon, dass ich früher oder später irgendjemandem über den Weg laufen würde, dem ich immer schon begegnen wollte. Mein bevorzugter Typ waren die liebesfähigen Männer, während ich alle anderen so schnell wie möglich abservierte, obwohl es mir natürlich lieber war, wenn zwischen den Kandidaten nicht eine Ewigkeit verstrich. Das letzte Mal, dass ich einen Mann aus voller Überzeugung geküsst hatte, war auf dem Treppenabsatz vor meiner Wohnung gewesen, bis mir die Stimme meiner Großmutter gerade noch rechtzeitig davon abgeraten hatte, ihn hereinzubitten. Man könnte sagen, dass ich in der Liebe die Phase des »mal schauen, was geschehen wird«, selbst dann abblocke, wenn ich mich hineinstürzen und die Sache erst später vertiefen möchte. Ich bin anspruchsvoll. Ich ertrage es nicht, wenn jemand so tut, als würde er wissen wollen, wer ich bin und was ich so denke, und dann Interesse an meiner Antwort heuchelt, obwohl bereits seine Hand auf meinem Schenkel liegt. Und ich suche auch keinen, der ständig das Wort »Sicherheit« im Munde führt. Die sicherheitsfixierten Typen mag ich nicht, und so bin ich im Jahr meiner Schwangerschaftsvertretung Leo begegnet, der im Nebenraum »kreativ war«, bei den Grafikern, die sich als Künstler aufspielen.
    Es war eine Beziehung mit Höhen und Tiefen, und so endete sie passenderweise vor einem Fahrstuhl. Wir hatten uns immer nur an drei Abenden in der Woche gesehen, und was er an den anderen vier machte, wusste ich nicht. Den einen Abend war er verrückt nach mir, den anderen hörte ich überhaupt nichts von ihm, weil er nach Aussage seiner Freunde eigentlich ein »introvertierter« Typ war. Es war also die reinste Achterbahn, ein ewiges Auf und Ab, das nur Bestand hatte, weil ich um jeden Preis daran festhalten wollte. Nun, ein paar Wochen vor der Rückkehr der jungen Mama erwischte ich ihn dabei, wie er im Fahrstuhl eine Blondine mit Stoppelschnitt küsste (mir hatte er gesagt, er liebe lange Mähnen). Nur wenig später, und ich hätte es nie gesehen, aber da das Schicksal keine Erfindung von Zauberern und Scharlatanen ist, war das der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, die endgültige Demütigung nach all seinem Gestammel und meinen Klagen. Ich bin nämlich schon wegen meiner natürlichen Trägheit beharrlich und treu. Hatte ich mich soeben noch unbesiegbar gefühlt, war ich, nachdem mich der erstbeste Idiot schamlos betrogen hatte, nur noch ein Schatten meiner selbst.
    Mit treuherzigem Optimismus leugnete ich die Tatsachen noch eine Weile, da diese Tussi ja nicht zählte und er ja mich liebte, aber trotz meiner unerschütterlichen Neigung, die Wahrheit gar nicht wissen zu wollen, erwies es sich als immenser Kraftakt, diesem Narzissten ein wenig Liebe abzuringen.
    Trotz aller Versuche konnte ich aber nicht von ihm lassen.
    Wenigstens die Liebe bietet also Arbeit auf Lebenszeit, auch wenn ich mich jedes Mal mit demselben Enthusiasmus hineinstürze, weil ich jedes Mal hoffe, es hält. Ich bin mir sogar jedes Mal sicher, dass es hält.
    Zwischen meinen Vorstößen und seinen Rückzügen waren wir insgesamt fast sieben Monate zusammen, und ebenso lange habe ich gebraucht, um mich dazu durchzuringen, mich nicht wieder in ihn zu verlieben. In der

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