Im Club der geheimen Wünsche
würde von jemandem angesprochen werden und daraufhin entsetzt fliehen.
Jane stellte sich neben eine Säule. So konnte keiner der Gentlemen ihr ans Hinterteil greifen. Sie schaute sich im Saal nach Wickham um. Dutzende maskierter Gentlemen schlenderten herum, und mindestens die Hälfte von ihnen hatte dunkles Haar.
Wickhams mitternachtsschwarzes Haar, sein entschlossener Gang, seine Intensität waren unmöglich zu übersehen.
Selbst inmitten einer Menschenmenge hätte sie ihn sofort erkannt.
Im Saal hielten sich zahlreiche Gäste aus der feinen Gesellschaft und eine größere Anzahl von Mrs Broughams schönen Prostituierten beiderlei Geschlechts auf. Riesige Kandelaber beleuchteten den elegant ausgestatteten Raum.
Doch niemand tanzte. Stattdessen waren auf dem Parkett Sofas verteilt. Auf den meisten saßen jeweils zwei Paare, die angeregt miteinander plauderten, als wären sie bei einer Dinnerparty und nicht mitten beim Vorspiel zu einem Seitensprung.
„Lady Sherringham?" Fast ängstlich näherte sich ihr ein Diener. „Der Gentleman sagte mir, Sie seien vollkommen schwarz gekleidet und hätten rotgoldenes Haar."
„Ja", erwiderte Jane und rückte erleichtert von der Säule ab. Offenbar hatte Wickham den Diener losgeschickt, um sie zu suchen. Also war er problemlos aus Mrs Broughams Büro herausgekommen. Nun war er wahrscheinlich wütend auf sie und wollte sie erdrosseln.
„Der Gentleman lässt fragen, ob Sie Lust verspüren, sich für ein Spiel zu ihm zu gesellen, Mylady."
Ein Spiel. Ihr Herz sank. „Welcher Gentleman?"
„Der Marquis of Salabeny, Mylady."
Es war noch nicht Mitternacht. „Wo ist der Marquis? Ich ... Ich warte auf meinen Partner. Lord Wickham. Wenn Sie ihn bitte für mich suchen würden. Dann werden wir uns beide zu Lord Salaberry gesellen."
„Der Marquis äußerte den Wunsch, dass Sie allein kommen."
„Auf gar keinen Fall." Es war, als würde es über ihr heftig donnern. Wickhams drohende Stimme explodierte direkt hinter ihrem Rücken. Der junge Diener erbleichte.
Unter Wickhams finsterem Blick duckte sich der Bursche. „Ja, Mylord. Wie Sie wünschen."
Dann stellte Wickham sich neben sie. Er berührte sie nicht, stand aber so dicht neben ihr, dass sie sich seiner überdeutlich bewusst war, ohne ihn anzusehen. Aus seiner Kehle kam ein Laut, der an einen knurrenden Wolf erinnerte.
Galt das dem Diener oder ihr?
Wickham legte den Arm um ihre Taille. „Dieses Mal lasse ich Sie nicht wieder los."
Sie hatte nicht erwartet, dass er nun noch entschlossener sein
würde, sie zu beschützen. Während Jane dem Diener durch den Ballsaal folgte, spürte sie Wickhams stahlharten Oberarm in ihrem Rücken.
Lust und Begierde umgab sie von allen Seiten.
Links von ihr rekelten sich zwei Frauen auf einer Chaiselongue. Beide trugen mit Federn geschmückte Masken, und ihre Mieder standen offen. Die junge Frau, die oben lag, umklammerte die großen Brüste der unten liegenden Älteren. Begeistert saugte sie an einer der Brustspitzen ihrer Gespielin, während zwei Gentlemen, die zuschauten, anerkennend lachten.
Jane drehte rasch den Kopf zur Seite und wurde mit dem Anblick eines hübschen jungen Mannes konfrontiert, der nichts außer hautengen Hosen trug. Er ließ sich soeben in einen brokatbezogenen Sessel fallen und zog die kichernde Countess of Pelcham auf die deutliche Wölbimg, die seine Hose zeigte.
Auf einem weiteren Sofa waren zwei nackte Paare ineinander verschlungen. Jeder der Männer liebkoste beide Frauen. Jane hätte nicht sagen können, zu wem die verschiedenen Arme und Beine gehörten.
Es war skandalös. Doch die Vier lachten und stöhnten vor Lust.
Von der Seite drängte Wickham sich eng gegen sie. Als sie seinen Duft und das Moschusaroma seiner Haut einatmete, wurde ihr schwindelig. Hinzu kam der Geruch von Wollust, der sie umgab. Sie hörte ein leises Stöhnen aus der Tiefe seiner Kehle, hörte sogar die eindeutigen Geräusche der Vereinigung eines Paares auf dem Sofa.
Keine der Damen hier wirkte ängstlich oder missbraucht. Sie schienen entzückt vor Leidenschaft und Erregung zu sein. War das der Reiz dieses Hauses? Hier konnte eine Frau mit Billigung ihres Ehemannes eine Affäre haben. Es folgte kein Duell, wie Wickham es erlebt hatte. Wie konnte der Partner eifersüchtig sein, wenn er selbst offenkundig dasselbe tat?
Würde eine Frau, die womöglich in einer Ehe ohne Liebe leben musste, dies nicht lieber wollen, als ganz ohne Lust und Leidenschaft zu sein?
Dann dachte
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