Im Club der geheimen Wünsche
Seele.
„Younger hat meine Befehle ausgeführt."
Younger ging vor ihnen auf die hohe Steinmauer am hinteren Ende des Gartens zu. „Ihm unterstehen die Männer, die ich eingestellt habe, um nach Del zu suchen", erklärte Wickham.
„Wer ist das? Er sieht furchteinflößend aus."
„Ein ehemaliger Bow Street Runner. Bevor ich England verließ, gehörte es zu seinen Aufgaben, in den Bordellen, die ich besuchte, Razzien durchzuführen."
Doch nun arbeitete Younger für ihn. Und die beiden Männer respektierten sich offenbar gegenseitig. Wickham nahm ihre Hand und führte Jane über den Hof. Sie erreichten die Tür in der Gartenmauer und betraten den Weg, der auf der anderen Seite daran entlangführte. Hier stieß Younger einen leisen Pfiff aus.
Zwei große, dunkelhaarige Männer tauchten aus der Dunkelheit auf, einen sich wehrenden Mann mit grauen Haaren zwischen sich. Ein dritter Mann hielt eine Pistole auf den Gefangenen gerichtet. Mondlicht drang durch die Wölken und sickerte durch die Fliederbüsche. In dem bläulichen Licht konnte Jane erkennen, dass der Gefangene stämmig war und eine platte Nase, fleischige Lippen und den Mund voll schwarzer Zahnlücken hatte. Ein dreckiger Mantel umhüllte notdürftig seinen unförmigen Körper.
„Bleiben Sie hier", sagte Wickham zu Jane. Er reichte seine Pistole an Younger weiter, der neben ihr stand.
Während er auf den Leichenräuber zuging, ließ Wickham seine Fingerknöchel knacken. „Den Marquis zu schlagen, hat kaum meine Handschuhe eingedellt. Ich hätte nicht übel Lust, mir die Finger am Gesicht eines Bastards zu brechen, Tanner."
Jane erschauderte. Sie war Zeugin, wie er sich von einem Beschützer in einen gefährlichen Feind verwandelte, der bereit war zu töten. Wickham nickte Youngers Männern zu. „Ich gehe davon aus, Sie haben ihn nach Waffen durchsucht."
„Wir haben zwei Messer gefunden und sie ihm abgenommen."
„Dann lassen Sie ihn los."
Jane schnappte nach Luft. „Mylord", protestierte eine der Wachen.
„Ich werde ihn nicht schlagen, wenn er sich nicht verteidigen kann."
Jane runzelte die Stirn. Er hatte Salaberry mit der Faust ins Gesicht geschlagen, während er ihn mit einer Pistole bedrohte. Gegenüber dem Grabräuber war ihm jedoch seine Ehre als Gentleman wichtig.
Früher hatte sie in ihm niemals einen Mann gesehen, der ernsthaft wütend werden konnte. Er hatte wilde Dinge getan, aber dabei immer nur sich selber in Gefahr gebracht. Er war von hohen Felsen in Seen gesprungen, hatte an Kutschrennen teilgenommen und verheiratete Frauen verführt. Als sie jung gewesen waren, hatte er ihr lachend erzählt, er sei ein Liebhaber, kein Kämpfer.
Das stimmte offensichtlich nicht.
Wickham zog seine Frackjacke aus und warf sie ihr zu. Sie fing den Ärmel und hielt die Jacke fest, bevor sie in den Dreck fallen konnte. Dann presste sie die feine Wolle an sich und atmete Bergamotte und Sandelholz ein.
Seinen Duft.
Die Wachen ließen Tanner los, der nach vorn stolperte. Das Gesicht des Mannes war grün und blau, und die Gesichter der beiden Wachen sahen ähnlich aus. Tanner hatte sich nicht ohne Kampf gefangen nehmen lassen.
Wickham ging um ihn herum. Tanner war um einiges schwerer als er - größer, breiter, mit gewaltigen Oberarmen und einem Stiernacken.
„Sind Sie sicher, dass Sie das tun wollen, Mylord?", fragte Younger direkt neben Jane.
„Ich bin vollkommen sicher, dass ich einen Kerl wie diesen zu Brei schlagen kann, wenn er mir nicht gibt, was ich von ihm will." Wickham bewegte sich wie ein Schatten durch die Dunkelheit.
Jane blinzelte. In einem Moment stand er mit erhobenen Fäusten da. Im nächsten schien er über Tanner hinwegzufliegen, als hätte er über dem Mann einen Salto geschlagen.
„Gütiger Himmel", ächzte der Grabräuber.
Wickham stand hinter Tanner, den Arm um die Brust des Mannes geschlungen, während er mit der Hand das Kinn des Leichenräubers umklammerte. „Ein Zucken meines Armes, und ich breche dir das Genick. Wo hast du die adlige Dame für Mrs Brougham hingebracht? Die Dame, die zuvor gefangen gehalten wurde. Nach Blackheath?"
„Wenn ich es Ihnen sag, bin ich so gut wie tot."
„Du bist tot, wenn du es nicht tust. Rede, und du kannst vielleicht davonhuschen wie die Ratte, die du bist."
„Töten Sie mich nich, Mylord", bettelte Tanner. „Ich habe eine Eamilie. Meine Frau Bess und vier winzige Kinder."
Zitternd umklammerte Jane Wickhams Jacke. Seine dunkle, gefährliche Seite war wichtig, um ihr
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