Im Dienst des Seelenfängers
durchbrach die Deckung des Soldaten. Auf Hardens Drängen setzte sich das Pferd in Bewegung und stieg vorsichtig über den Gefallenen. Harden sah zu den Unterworfenen und verfluchte das Tier, während er mit der Klinge herumfuchtelte. Das Pferd bewegte sich nicht schneller. Harden schlug heftig auf den Hals des Tieres, dann heulte er auf. Seine Hand konnte sich nicht aus der Mähne lösen. Sein Schrei der Wut wurde ein Schrei der Verzweiflung. Er drosch mit seiner Klinge auf das Tier, konnte es nicht verlet- zen, schleuderte dann die Waffe auf die Unterworfenen. Der violette Schimmer, der sie um- gab, war schwächer geworden.
Raven war zwei Schritte von Harden entfernt, ich war drei hinter ihm. Sturmbringers Män- ner waren genauso dicht und kamen von der anderen Seite. Raven vollführte einen starken, aufwärts gerichteten Rückhandschlag. Seine Schwertspitze traf auf Hardens Bauch – und prallte ab. Ein Kettenpanzer? Hardens große Faust zuckte her- unter und traf auf Ravens Schläfe. Er machte einen taumelnden Schritt und brach zusammen. Ohne darüber nachzudenken, änderte ich mein Ziel und schlug nach Hardens Hand. Beide schrien wir auf, als Eisen auf Knochen biß und Röte floß. Ich sprang über Raven hinweg, blieb stehen und wirbelte herum. Sturmbringers Soldaten hackten auf Harden ein. Sein Mund war aufgerissen. Sein Narbengesicht war verzerrt, als er sich zwang, die Schmerzen zu ignorieren, und j seine Macht anwendete, um sich noch zu ret- ten. Im Augenblick spielten die Unterworfenen keine Rolle mehr. Er stand drei gewöhnlichen Menschen gegenüber. Aber das alles wurde mir erst später bewußt. Ich konnte nur noch auf Hardens Pferd starren. Das Tier schmolz… Nein. Es schmolz nicht. Es verwandelte sich.
Ich kicherte. Der große Rebellengeneral hockte rittlings auf Formwandlers Rücken.
Mein Gekicher wurde zu einem wahnwitzigen Gelächter.
Mein kleiner Anfall kostete mich die Gelegenheit, am Tod eines Helden mitzuwirken. Sturmbringers zwei Soldaten hackten Harden in Stücke, während Wandler ihn bewegungsun- fähig hielt. Bevor ich meine Selbstbeherrschung wiedererlangte, war er schon Hackfleisch. Der Gehenkte verpaßte den Höhepunkt ebenfalls. Er war mit Sterben beschäftigt, da die lan- ge Klinge von Hardens geworfenem Schwert sich in seinen Schädel gegraben hatte. Seelen- fänger und Sturmbringer gingen auf ihn zu. Wandler vollendete seine Veränderung in ein großes stinkendes, fettes, nacktes Geschöpf, das trotz seines aufrechten Ganges kaum menschlicher wirkte als das Tier, das er dargestellt hatte. Er versetzte Hardens Überresten einen Tritt und quakte vor Vergnügen, als ob sein tod- bringender Trick der größte Witz des Jahrhunderts gewesen wäre. Dann sah er den Gehenkten. Schauer liefen durch seinen Wanst. Er hastete zu dem Unter- worfenen, während unzusammenhängende Worte aus seinem Mund quollen. Krummhals zerrte sich das Schwert aus dem Kopf. Er wollte etwas sagen und hatte kein Glück damit. Sturmbringer und Seelenfänger rührten keinen Finger, um ihm zu helfen. Ich starrte Sturmbringer an. Sie war so klein. Ich kniete mich neben Raven und fühlte seinen Puls. Sie war nicht größer als ein Kind. Wie konnte ein so kleines Bündel solche Wut entfes- seln?
Wandler torkelte in die Szenerie, Zorn verknotete die Muskeln unter dem Fett auf seinen zottigen Schultern. Er blieb stehen und sah Fänger und Sturmbringer mit lauernder Haltung an. Keiner sagte ein Wort, aber es schien, als ob über das Schicksal des Gehenkten entschie- den würde. Wandler wollte ihm helfen. Die anderen beiden nicht. Seltsam. Wandler ist Fängers Verbündeter. Woher kommt so plötzlich diese Gegnerschaft? Warum wird der Zorn der Lady so offen riskiert? Falls der Gehenkte stirbt, wird sie nicht er- freut sein.
Als ich Ravens Hals das erste Mal berührte, war sein Puls noch unregelmäßig gewesen, aber jetzt stabilisierte er sich. Ich atmete ein wenig leichter. Sturmbringers Soldaten näherten sich unauffällig den Unterworfenen und starrten auf Wand- lers häßlichen Rücken.
Fänger wechselte einen kurzen Blick mit Sturmbringer. Die Frau nickte. Seelenfänger wir- belte herum. Die Schlitze in seiner Maske flammten lavarot auf. Plötzlich war Fänger nicht mehr da. Da war nur noch eine Finsternis, zehn Fuß hoch und ein Dutzend Fuß breit, schwarz wie das Innere eines Kohlensacks, dicker als der dichteste Nebel. Die Wolke zuckte rascher vor, als eine Natter zuschlägt. Ein mausähnliches Überraschungs-
quieken
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