Im Dienst des Seelenfängers
Raven her«, sagte Cornie. »Deswegen ist er auch so übel zugerichtet.« Und Candy: »Flick hat sich ihnen in den Weg geworfen.« Er deutete auf die Szene. »Der Rest ist passiert, weil wir uns nicht heraushalten wollten.« Elmo stellte die Frage, die mich auch schon grübeln ließ: »Warum sind die Rebellen so heiß darauf, Raven umzulegen?«
Wampe lungerte in der Nähe herum; er wartete ab, bis ich mich um den Schnitt in seinem
linken Unterarm kümmern konnte. Er sagte: »Das waren keine Rebellen, Elmo. Das war die- ser Schweinebauch von Hauptmann aus dem Dorf, in dem wir Flick und Darling aufgesam- melt haben.«
Ich fluchte los.
»Halte du dich an deine Nadel, Croaker«, sagte Elmo. »Bist du sicher, Wampe?« »Na sicher bin ich sicher. Frag Jolly. Der hat ihn auch gesehen. Die anderen waren bloß Straßenschläger. Als wir erst mal in Fahrt kamen, haben wir es ihnen ordentlich besorgt.« Er deutete nach links. In der Nähe der unverbrannten Stallwand lagen ein Dutzend Leichen wie Ofenholz aufeinander. Flick erkannte ich als einzigen. Die anderen trugen zerlumpte Kleidung im hiesigen Stil.
Candy sagte: »Ich habe ihn auch gesehen, Elmo. Und er war nicht der Boß. Da drückte sich noch jemand in den Schatten herum. Als wir die Oberhand bekamen, verzog er sich.« Cornie hatte mit wachsamem Blick und still für sich in der Nähe gestanden. Nun meldete er sich zu Wort: »Ich weiß, wohin sie verschwunden sind. Ein Haus in der Bleicherstraße.« Ich wechselte einen Blick mit Einauge, der seine Brühe zusammenmischte und ab und zu etwas aus einem schwarzen Beutel hinzufügte. »Scheint, als ob Cornie unsere Freunde kennt«, sagte ich.
»Kenne euch gut genug, daß ich weiß, daß ihr niemanden mit so etwas davonkommen lassen wollt.«
Ich sah zu Elmo. Elmo starrte Cornie an. Wegen des alten Stallmeisters gab es immer leise Zweifel. Cornie wurde unruhig. Wie jeder altgediente Unteroffizier hat Elmo einen finsteren Einschüchterungsblick. Schließlich sagte er: »Einauge, geh doch mal mit dem Mann spazie- ren. Laß dir seine Geschichte erzählen.« Innerhalb von Sekunden hatte Einauge Cornie unter Hypnose. Die beiden gingen auf und ab und schwatzten wie alte Schulfreunde.
Ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf Candy. »Der Mann in den Schatten. Hinkte er?«
»Der Hinker war’s nicht. Zu groß dafür.« »Trotzdem hätte der Angriff den Segen des Kerls gehabt. Stimmt’s, Elmo?« Elmo nickte. »Seelenfänger wäre ziemlich verärgert gewesen, wenn er davon erfahren hätte. Die Genehmigung für dieses Risiko kam von ganz oben.« Von Raven kam so etwas wie ein Seufzer. Ich sah auf ihn hinunter. Seine Augen waren ei- nen Spaltbreit geöffnet.
Er wiederholte den Laut. Ich führte mein Ohr an seine Lippen. »Zouad…«, murmelte er. Zouad. Der berüchtigte Oberst Zouad. Der Feind, dem er entsagt hatte. Der spezielle Schur- ke des Hinkers. Ravens Ritterlichkeit hatte einen bösen Lohn erbracht.
Ich sagte es Elmo. Er schien nicht überrascht zu sein. Vielleicht hatte der Hauptmann Ra-
vens Geschichte an seine Zugführer weitergegeben. Einauge kehrte zurück. Er sagte: »Freund Cornie arbeitet für die andere Seite.« Er legte ein boshaftes Grinsen auf, das, an dem er übt, damit er kleine Kinder und Hunde erschrecken kann. »Ich dachte, daß du diesen Umstand vielleicht in Betracht ziehen möchtest, Elmo.« »O ja.« Elmo schien sich darüber zu freuen. Ich machte mich daran, den zweitschlimmsten Verwundeten zu versorgen. Noch mehr Näh- arbeiten. Ich fragte mich, ob ich überhaupt genug Darm dabei hatte. Die Patrouille war in ei- nem üblen Zustand. »Wann kriegen wir endlich etwas von dieser Brühe, Einauge?« »Ich muß noch ein Huhn heranschaffen.«
»Schick doch jemanden los, daß er eins klaut«, grollte Elmo. Einauge sagte: »Die Leute, die wir suchen, haben sich in einem Haus in der Bleicherstraße verkrochen. Sie haben einige üble Freunde.« »Was hast du vor, Elmo?« fragte ich. Ich war sicher, daß er etwas tun würde. Raven hatte uns eine Verpflichtung auferlegt, als er Zouads Namen genannt hatte. Er dachte, daß er im Sterben lag. Sonst hätte er den Namen nicht ausgesprochen. So gut kannte ich ihn, wenngleich ich auch nichts über seine Vergangenheit wußte. »Wir müssen etwas für den Oberst arrangieren.« »Wenn man nach Ärger sucht, findet man ihn auch. Denk mal darüber nach, für wen er ar- beitet.«
»Ist schlecht fürs Geschäft, wenn man jemanden davonkommen läßt, der die Kompanie an- gefallen
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