Im Dienst des Seelenfängers
vor. »Geschieht ihm recht.« Ein Blech- becher erschien. Wir flößten ihm den Inhalt in den Hals. Sein Auge sprang auf. »Was versucht ihr da gerade? Wollt ihr mich vergiften? Bäh! Was war das? Gekochte Jauche?«
»Deine Suppe«, verriet ich ihm.
Elmo schaltete sich ein: »Was ist passiert?« Einauge spuckte aus. Er schnappte sich einen Weinschlauch in der Nähe, nahm einen Schluck, gurgelte, spuckte wieder aus. »Seelenfänger ist passiert, nun wißt ihr’s. Puh! Jetzt weiß ich, wie Goblin sich gefühlt haben muß.« Mein Herz begann jeden dritten Schlag auszulassen. Ein Hornissennest summte in meinen Eingeweiden. Zuerst der Hinker – und jetzt Seelenfänger. »Und was wollte der Hexer?« drängte Elmo. Er war auch nervös. Für gewöhnlich ist er nicht ungeduldig.
»Er wollte wissen, was zur Hölle hier eigentlich los ist. Er hörte, daß der Hinker außer Rand und Band sei. Er hat bei Goblin nachgefragt. Goblin wußte bloß, daß wir hierhergeritten wa- ren. Also ist er in meinen Kopf geklettert.« »Und war baß erstaunt über den vielen Platz darin. Jetzt weiß er also alles, was du weißt, oder?«
»Ja.« Offenbar war Einauge von dieser Erkenntnis nicht begeistert. Elmo wartete etliche Sekunden. »Und?«
»Und was?« Einauge versteckte sein Grinsen, indem er den Weinschlauch wieder ansetzte. »Verdammt noch mal, was hat er gesagt?« Einauge kicherte leise. »Ihm gefällt das, was wir hier machen. Aber er glaubt, daß wir so elegant vorgehen wie ein Stier auf Brautschau. Also schickt er uns etwas Hilfe vorbei.« »Welche Art von Hilfe?« Elmo klang so, als ob er wußte, daß die Dinge nicht mehr unter seiner Kontrolle waren, und die entsprechende Stelle nicht erkennen konnte. »Er schickt jemanden vorbei.«
Elmo entspannte sich. Ebenso wie ich. Solange der Zauberer uns mit seiner Anwesenheit verschonte. »Wie bald?« fragte ich mich laut. »Vielleicht eher, als uns lieb ist«, brummte Elmo. »Hör mit dem Wein auf, Einauge. Du mußt immer noch Zouad beobachten.«
Einauge murrte. Er verfiel in jene Halbtrance, die besagt, daß er sich irgendwo anders um- sieht. Er war eine lange Zeit fort.
»Also!« knurrte Elmo, als Einauge wieder auftauchte. Er warf verschreckte Blicke um sich, als erwartete er, daß Seelenfänger sich aus der leeren Luft materialisieren würde. »Also bleib ruhig. Man hat ihn in einem geheimen Unterkeller etwa eine Meile südlich von hier verstaut.«
Elmo war so unruhig wie ein zappliger Junge, der unbedingt pinkeln gehen muß. »Was ist bloß los mit dir?« fragte ich.
»Eine miese Ahnung. Nur eine richtig miese Vorahnung, Croaker.« Sein unruhiger Blick er-
starrte. Seine Augen wurden groß. »Ich hatte recht. O verflucht, ich hatte recht.«
Er sah so groß aus wie ein Haus und halb so breit. Er trug rote Kleidung, die mit der Zeit ausgebleicht, mottenzerfressen und zerlumpt war. Er kam die Straße in einem torkelnden Gang herauf, mal langsam, mal schneller. Wirres strähniges graues Haar stand in alle Rich- tungen von seinem Kopf ab. Der struppige Bart war so dicht und schmutzverklebt, daß sein Gesicht nahezu unsichtbar war. Eine bleiche leberfleckige Hand umklammerte einen Stab aus erstarrter Schönheit, den die Hand des Trägers schändete. Er bestand aus einem übermäßig verlängerten Frauenkörper, der in allen Einzelheiten vollkommen war. Jemand flüsterte: »Man sagt, daß das eine echte Frau aus der Zeit der Unterdrückung war. Man sagt, daß sie ihn betrogen hat.«
Man konnte der Frau keinen Vorwurf machen. Nicht wenn man sich Wandler näher ansah. Formwandler ist unter den Zehn Unterworfenen Seelenfängers engster Verbündeter. Seine Feindschaft gegen den Hinker ist noch giftiger als die unseres Schutzpatrons. Der Hinker war die dritte Seite jenes Dreiecks, aus dem sich die Erklärung für Wandlers Stab herleitete. Einige Fuß entfernt blieb er stehen. Seine Augen brannten mit einem wahnwitzigen Leuch- ten, das es unmöglich machte, seinem Blick standzuhalten. Rein zeitlich gesehen war er der erste große Zauberfürst gewesen, der vom Dominator und seiner Lady verführt, niedergerun- gen und versklavt worden war.
Bebend trat Einauge einen Schritt vor. »Ich bin der Zauberer«, sagte er. »Das hat mir Fänger gesagt.« Wandlers Stimme hallte laut, selbst für einen Mann seiner Größe. »Etwas Neues?«
»Ich habe Zouad aufgespürt. Weiter nichts.« Wandler musterte uns erneut. Einige verdrückten sich. Hinter seinem Gesichtsgestrüpp lä- chelte er.
An der
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