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Im Dienste der Comtesse

Im Dienste der Comtesse

Titel: Im Dienste der Comtesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CLAIRE THORNTON
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wie seine Miene plötzlich vollkommen ausdruckslos wurde. „Wenn Sie nicht so weit weg wären, würde ich Sie am liebsten ohrfeigen!“, brauste sie auf. „Sie sind der unerträglichste, unmöglichste Mann, der mir je begegnet ist.“
    Er lächelte leicht. „Vielleicht sollten wir dieses Gespräch ein anderes Mal fortsetzen“, schlug er vor.
    Sie sah nach vorn und merkte, dass sie sich dem Dorf näherten – und die Bewohner hatten sich alle am Straßenrand versammelt.
    „Das ist die Königin!“, rief ein Junge. Die kleine Menschenmenge begann bedrohlich zu murmeln, bis eine Frau sich energisch zu Wort meldete: „Seid nicht albern, das ist Comte Bertiers Witwe.“ Sie drängelte sich nach vorn. „Ich hätte nie gedacht, Sie noch mal hier zu sehen, Madame“, sagte sie und streichelte den Hals von Mélusines Pferd. Die anderen verstummten. Mélusine wusste, dass Marthe im Dorf das Sagen hatte, und war dankbar für ihr Erscheinen.
    „Ich auch nicht, Marthe. Wie geht es Ihnen?“
    „Recht gut. Meine Älteste hat vor zwei Wochen ihr erstes Kind bekommen. Beide sind wohlauf.“
    „Wie sehr mich das freut. Ich bin sicher, es liegt an Ihrer guten Pflege, dass es Marie und dem Kind gut geht. Ist es ein Junge oder ein Mädchen?“
    „Ein Mädchen.“ Marthe lächelte, offensichtlich erfreut über Mélusines gutes Gedächtnis. „Der neue Comte ist nicht im Château.“
    „Damit habe ich auch nicht gerechnet“, erwiderte Mélusine. „Ich möchte mit jemand anderem dort sprechen.“
    „Ist es wahr, dass die Bastille gefallen ist?“
    „Ja. Die Leute reißen sie bereits ab und verkaufen einzelne Steine davon als Andenken.“
    „Ein Glück, dass wir sie los sind“, rief der Junge, und die Menge pflichtete ihm bei.
    „Es war ein trauriger Tag für uns, als Comte Bertier starb“, meinte Marthe. „Séraphin hat wieder Tauben angeschafft.“
    „Das tut mir leid“, erwiderte Mélusine.
    „Nein, ihm wird das noch leidtun.“
    Mélusine zog eine Münze aus ihrem Geldbeutel und gab sie der Frau. „Hier, für Ihre Tochter und das Kleine.“
    Marthe lächelte grimmig. „Danke. Viel Glück, Madame.“ Sie trat vom Pferd zurück.
    „Séraphin hat wieder Tauben angeschafft?“, wiederholte Pierre fragend, als sie außer Hörweite der Dorfbewohner waren.
    „Die Tauben fressen die Saat auf den Feldern, aber die Bauern dürfen nichts dagegen unternehmen“, erklärte Mélusine. „Als Bertier das Château erbte, lud er als Erstes ein paar Jagdfreunde ein, die Tauben abzuschießen. Das erlegte Geflügel überließ er den Bauern, und so lange wir verheiratet waren, ließ er die Tauben nicht mehr brüten. Er war ein guter Mann, bis die Umstände – und Séraphin – ihn dazu brachten, sich anders zu benehmen.“
    „Séraphin pocht wohl auf seine sämtlichen Rechte als Herr über das Dorf“, vermutete Pierre.
    „Dessen bin ich mir sicher.“
    Sie ritten um eine Kurve, und schon lag das Château direkt vor ihnen. Mélusine nahm aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr. Bei genauerem Hinsehen entdeckte sie eine Gruppe von Menschen, die auf den Taubenschlag zueilten. Die meisten hatten irgendwelche Arbeitsgeräte dabei, manche waren auch nur mit einem dicken Stock bewaffnet.
    „Wir sollten uns beeilen“, fand Pierre. „Je eher Sie mit Thérèse sprechen, desto rascher können wir wieder von hier verschwinden.“
    „Ich habe nicht damit gerechnet, dass es auch hier zu Ausschreitungen kommt.“ Mélusine war erschüttert über die Gewalttätigkeit, mit der die Dorfbewohner den Taubenschlag angriffen.
    „In ganz Frankreich gärt es“, bestätigte Pierre.
    Als sie das Château betraten, merkten sie, dass unter den Bediensteten ebenfalls Unruhe herrschte. Sie wussten nicht, wie sie mit den Bauern umgehen sollten, die den Taubenschlag attackierten, denn viele von ihnen waren mit ihnen verwandt. Sobald sie Mélusine entdeckten, nahm ihre Verwirrung noch zu.
    „Guten Tag“, grüßte sie. „Ich würde gern mit Thérèse Petit sprechen.“ Sie fragte sich schon, ob sie vielleicht umsonst hergekommen waren, doch dann sah sie Haushälterin in einer offenen Tür stehen.
    Thérèse musterte sie feindselig. „Ist das Ihr Werk?“, fragte sie.
    „Was denn?“ Mélusine verstand nicht.
    „Das mit dem Taubenschlag. Wollen Sie sich daran weiden, wie Ihr Gesindel ihn zerstört?“
    „Ich bin doch gerade erst angekommen“, rief Mélusine. Sie hatte schon sagen wollen, dass sie mit dem Vorgehen der Bauern nichts zu tun hätte,

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