Im Dienste Der Koenigin
ihre unwahrscheinlich schmalen, zarten Hände bewegte, gerieten die Herren außer sich vor Entzücken.
»Madame besitzt die schönsten und weißesten Hände in Frankreich - und in ganz Europa«, schmeichelte Kardinal Mazarin und blickte sie voll aufrichtiger Bewunderung an.
Und die Frau, die mit Komplimenten und Liebesworten von ihrem Gemahl nicht gerade verwöhnt worden war, sonnte sich sowohl in seiner Anbetung, als auch in der ihrer zahlreichen Verehrer, die auf einmal im Louvre aufgetaucht waren.
Jetzt, wo kein Kavalier mehr die krankhafte Eifersucht Ludwigs XIII. befürchten musste, getrauten sie sich, der Ersten Dame Frankreichs ihre Huldigungen darzubringen.
Lächelnd nahm Anna die Komplimente entgegen und der Hof erging sich in Klatsch und Gerede, was die Regentin aber nicht zu interessieren schien. Sie badete förmlich in der schwärmerischen Verehrung der charmanten Herren, die sich zu Lebzeiten ihres Gemahls zurückgehalten hatten, um nicht die unkontrollierten Wutausbrüche des Königs heraufzubeschwören.
»Recht hat sie«, nahm Marie ihre Freundin in Schutz. »Was hätte sie schon davon, wenn sie sich in Sack und Asche kleidete und immerwährende Trauer um ihren Gemahl vortäuschte - nur um der Schicklichkeit Genüge zu tun?
Wer ihn gekannt hat, weiß, dass Ludwig XIII. - Gott hab ihn selig - wahrlich kein Mann war, dem man als Frau lange nachweinen müsste. Mir hat er die besten Jahre meines Lebens einfach gestohlen, indem er mich aus Frankreich vertrieben hat. Freiwillig hätte ich Paris doch niemals den Rücken gekehrt und wäre die Mätresse des langweiligen und melancholischen spanischen Königs geworden, der alles vermag - außer sich ehrlich zu freuen und herzhaft zu lachen.«
Die stets fröhliche Marie konnte sich in letzter Zeit einer gewissen Bitterkeit nicht erwehren, wenn sie an ihre verlorenen Jahre dachte - besonders dann nicht, wenn sie all die jungen, zarten Hofdamen erblickte, die alles noch vor sich hatten. Dennoch erinnerte sie sich voll aufrichtiger Dankbarkeit an Philipp. Hatte der Monarch ihr doch ein höchst komfortables Asyl gewährt und sie mit Geschenken nahezu überschüttet.
Noch hatte man sich an Europas Höfen nicht von dem Paukenschlag erholt, den Annas Entscheidung, die Kämpfe in Deutschland weiter zu unterstützen und den Krieg mit Spanien fortzusetzen, hervorgerufen hatte. Es ging weder in die Köpfe der Franzosen noch in die der übrigen Monarchen auf Europas Thronen, dass diese Frau willens war, einen von ihrem Todfeind Richelieu angezettelten Krieg weiterzuführen.
Und dass sie unverzüglich die verbündeten Schweden und die protestantischen, deutschen Fürsten davon in Kenntnis gesetzt hatte, sie könnten auch in Zukunft mit ihrer Bündnistreue rechnen, das brachte alle erst recht zum Kopfschütteln.
»Die Königin interessiert sich nur für Frankreich und dessen Macht und Größe; und dass ihr der eigene Sohn im Zweifelsfall näher steht als ihre übrige Verwandtschaft, die sich die letzten Jahre ohnehin nicht um sie gekümmert hat - ist das denn wirklich so verwunderlich?«, fragte Marie de Chevreuse alle, die dieses heikle Thema anzuschneiden wagten.
Stets bestärkt wurde Anna in ihrem Handeln von Kardinal Mazarin - der Marie von Herzen zuwider war. Sie verabscheute ihn fast ebenso wie seinerzeit Richelieu. Das war eigentlich schwer zu begreifen, denn Mazarin verehrte Anna und hätte ihr niemals geschadet. Bei Richelieu war dies erwiesenermaßen ganz anders gewesen …
Céleste glaubte, dass es pure Eifersucht war, welche »die Chevreuse« bewog, den klugen Berater der Regentin mit Missgunst, ja mit Hass zu strafen. Jahrelang hatte sie die Zuneigung Annas entbehren müssen und nun plagte sie die Angst, diese an einen »dahergelaufenen Ausländer« zu verlieren.
Weil Mazarin Maries Gefühle durchschaute, versuchte er mehrfach, sie für sich einzunehmen.
»Kardinal Richelieu wollte die Chevreuse immer vernichten - ich will der Vertrauten Annas schmeicheln«, äußerte der Vorsitzende des Kronrats zu einem Bekannten. Mazarin, der bereits die Wirkung der Presse auf die Massen kannte, lobte daher in der Gazette Maries Schönheit über alle Maßen.
KAPITEL 58
AUF EINMAL WURDE ganz Frankreich von einem patriotischen Freudentaumel erfasst: Bei Rocroi war ein bedeutender Sieg über die Spanier errungen worden.
Daraufhin wurden zahlreiche Lieder und Heldengedichte auf Anna von mehr oder weniger begabten Poeten verfasst.
»Sogar Frankreichs
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