Im Dienste Der Koenigin
uneingestandenen Gefühle mittlerweile zu einem ernsthaften Bruch zwischen ihr und Marie zu führen drohten.
Das schreckliche Beispiel Englands vor Augen, wo man im Jahre 1649 tatsächlich so weit gegangen war, König Karl I. zu enthaupten, unterzeichnete die Regentin am 10. Februar 1651 das Entlassungsdekret Jules Mazarins.
Ihr Geliebter war zwar todunglücklich, aber gottlob einsichtig genug, um Annas Entscheidung nicht nur zu verstehen, sondern auch mitzutragen. Um ihret- und um ihres Sohnes willen musste er das Opfer bringen und die angebetete Frau verlassen.
Alles, was der Kardinal in Zukunft zu tun bestrebt war, sollte für Annas und Ludwigs Wohl geschehen. Er würde es sich niemals verzeihen können, dass er während Annas und ihrer Söhne Flucht nichts für sie hatte tun können: War er doch selbst ein Getriebener gewesen, die Todfeinde auf einer Hetzjagd quer durchs Land immer dicht auf den Fersen …
Nun war der Tag ihrer Trennung gekommen und Mazarin konnte nur hoffen, seine Abwesenheit von Frankreich würde nicht für immer sein.
Er setzte sich mit einer kleinen Schar ihm treu ergebener Musketiere über den Rhein nach der deutschen Stadt Köln ab. Der dort regierende Fürsterzbischof hatte seinem Amtsbruder
das Schloss Brühl als Aufenthaltsort zur Verfügung gestellt.
Die erste und wichtigste Forderung der Fronde war damit erfüllt: Endlich war das Land befreit von dem verhassten Italiener, der angeblich »nichts für Frankreich übrig hatte, sondern nur in die eigene Tasche zu wirtschaften bestrebt war«, wie ihm seine Feinde - unter diesen auch die Herzogin de Chevreuse - von Anfang an vorgeworfen hatten.
Nun war allerdings noch das Problem der Königinmutter, die nur auf äußersten Druck bereit gewesen war, ihren Liebhaber ziehen zu lassen. Niemand vom Adel hatte ein Interesse daran, der Regentin erneut die Entscheidungshoheit zu übertragen. Wer garantierte, dass ihr nächster »Berater« nicht noch schlimmer als dieser Giulio Mazarini wäre?
Als Provisorium bot sich eigentlich nur an, die Königin in ihrer Bewegungsfreiheit einzuschränken, bis man sich eine Lösung des Dilemmas überlegt hatte. Dieser Meinung - ausgerechnet des Herzogs de Loudan - schlossen sich die übrigen an. Mangels besserer Ideen sperrte man Anna also ein - zumindest symbolisch.
»Ich, die Regentin und Mutter von Frankreichs Thronfolger, darf das Palais Royal nicht mehr verlassen«, klagte sie verbittert. »Wachmannschaften des Herzogs von Orléans passen auf, dass ich dem Befehl nicht zuwiderhandele - mein königliches Wort hat Monsieur Gaston nicht gereicht. Ganz zu schweigen davon, dass der bedrohliche Mob Tag und Nacht vor den Toren des Palastes steht und mir Beleidigungen entgegenschreit.«
Einen vollen Monat lang zog sich dieser Nervenkrieg bereits hin. Nicht nur Anna, alle Bewohner des Palais Royal waren mit ihrer Geduld so ziemlich am Ende. Etliche der jüngeren
Hofdamen - zu Tode erschrocken über den grölenden, Morddrohungen ausstoßenden Mob - hatten bereits Nervenzusammenbrüche erlitten.
Als die Herren und Damen des Hofstaates glaubten, es keinen Augenblick länger ertragen zu können, wie Gefangene eingekerkert und von den Massen beleidigt zu werden, verlief sich eines schönen Tages das Volk stillschweigend.
Es war den Leuten vermutlich auf die Dauer zu langweilig geworden. Das Leben musste ja irgendwie weitergehen und vom bloßen Schreien und Protestieren wurden weder sie noch ihre Kinder satt. Kurz darauf verlor auch Monsieur Gaston das Interesse; kurzerhand zog er seine Söldner ab.
»Wie es scheint, ist das der Anfang vom Ende der Fronde«, bemerkte Céleste im Gespräch mit ihrer Schwester.
Sie bewohnte mittlerweile ein entzückendes, kleines Palais in der Pariser Innenstadt, unauffällig von außen, innen jedoch mit exquisitem Geschmack eingerichtet. Die nötigen Mittel zu Kauf und Unterhalt hatte sie zu einem Teil selbst erspart, zum anderen war ihr endlich die von Marie vor Jahren versprochene Mitgift zugeflossen.
Céleste war angesichts des unerwarteten Geldsegens aus allen Wolken gefallen und Marie hatte sich ehrlich über das begeisterte Erstaunen der Schwester mitgefreut.
»Was ich verspreche, das halte ich auch«, betonte Marie und betupfte sich die feuchten Augen, während die Jüngere ihren Tränen der Rührung freien Lauf ließ. »Du hast es wirklich verdient, ma Petite!«, sagte die Herzogin und strich der Schwester über deren glänzendes Silberhaar. »Es soll dich ein
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