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Im Dienste Der Koenigin

Titel: Im Dienste Der Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Selbstverständlichkeit und Sicherheit, die sein Vater in langen Jahren der Herrschaft nicht gewonnen hatte. Wie einst ein römischer Triumphator zog der erst dreizehn Jahre alte Jüngling, der bereits über die Größe und Reife eines Sechzehnjährigen verfügte, ins Pariser Parlament ein.
    Dort herrschte feierliche, atemlose Stille, als seine, auch mit fünfzig Jahren noch schöne Mutter, die Regentin Anna, mit bewegter Stimme ihrem »lieben und teuren Sohn« ganz offiziell die Regentschaft übergab. Der junge Monarch wandte sich mit wohlformulierten Sätzen an sie:
    »Ich will mich bedanken für die sorgfältige und strenge Erziehung,
welche Ihr mir dankenswerterweise habt zuteil werden lassen, Madame, sowie für Eure niemals erlahmende Sorge um unser Reich, welches Ihr mir nun, friedlich vereint, übergeben könnt.«
    Danach ernannte er Anna zur Vorsitzenden seines Kronrates und sprach dabei die Hoffnung aus, dass sie ihm noch lange Jahre als kluge und tatkräftige Beraterin zur Seite stehen möge. Damit waren die Fronten geklärt. Und diejenigen, die vielleicht insgeheim gehofft hatten, zwischen den König und seine Mutter einen Keil treiben zu können, sahen sich dieser Hoffnung beraubt.
    Nachdem der neue Monarch seine Ansprache beendet hatte, sanken die Anwesenden auf die Knie, um nach altem Brauch ihrem Herrn ihre Huldigung darzubringen. Auch Anna, die heute in ihrem schlichten schwarzen Trauergewand zehn Jahre jünger aussah als zu Beginn der Fronde - wie selbst ihre heimlichen Gegner zugaben und auch Marie de Chevreuse ein wenig neidisch eingestand -, machte Anstalten, niederzuknien.
    Aber Ludwig hinderte seine Mutter noch rechtzeitig daran. Spontan zog der König jene Frau in einer innigen Umarmung an sich, die, ohne sich von ihren Feinden beirren zu lassen, stets nur seinen Machterhalt im Auge gehabt und verteidigt hatte.

KAPITEL 74
    ZWEI TAGE NACH den Feierlichkeiten war plötzlich »die Chevreuse« aus Paris verschwunden. Ihr bereits recht hinfälliger Ehemann Claude de Lorraine war am Abend zuvor aus seinem freiwilligen Exil zurückgekehrt und schwor, keine Ahnung zu haben, wo Marie sich aufhielt.
    Eine Behauptung, die ihm keiner so recht abnahm - wussten doch alle, mit welcher Affenliebe der Herzog an seiner untreuen Frau hing. Ihre Schwester Céleste war allerdings Zeugin, dass der Herzog die Wahrheit sagte.
    Nur sie wusste, wo Marie sich hinbegeben hatte. Den alten Herzog hatte man aus gutem Grund im Ungewissen gelassen. Er durfte lediglich erfahren, dass seine Gemahlin sich einer Kur unterziehe, um etwas für ihre angeschlagene Gesundheit zu tun.
    Beharrlich schwieg Céleste auf alle Fragen. Sie wollte es Marie überlassen, Einzelheiten über ihr monatelanges Verschwinden preiszugeben, sobald sie wieder am Hof erschiene.
    Lange hatten sich Céleste und die Regentin das Gehirn zermartert, was es nur sein konnte, das die immer so elegante und eitle Marie auf einmal so zügellos im Essen und Trinken hatte werden lassen. Allein ihrer unkontrollierten Nahrungsaufnahme - Céleste nannte es unumwunden »Fressgier« - hatte sie es zuzuschreiben, dass sie auf einmal so unförmig war.
    Darüber hinaus war ihr ehemals heiteres und gelassenes Naturell umgeschlagen in eine humorlose Missgunst. Witzige, geistvolle Spitzen, die sie früher zum Entzücken ihrer Zuhörer ausgeteilt hatte, waren inzwischen zu kränkender Häme und plumpem Spott verkommen.

    »Die Zeiten, als die Herzogin noch über sich selbst lachen konnte, sind lange vorbei«, stellte selbst die geduldige Anna resigniert fest. »Und sehr vergesslich scheint mir Marie auch geworden zu sein - vor allem, was ihre gute Manieren betrifft.«
    Céleste wusste, worauf die Königin anspielte. Neulich hatte Anna ihrer Freundin Marie ein Buch geschenkt, das diese sich schon lange gewünscht hatte.
    Anstatt sich zu bedanken, hatte die Herzogin es der Regentin förmlich aus der Hand gerissen, es sich unter den Arm geklemmt und - ohne ein Wort zu sagen - den Salon der Königin verlassen. Anna hatte die peinliche Situation in ihrer üblichen, diskreten Art glänzend überspielt, aber das Gerede am Hof war bis heute nicht verstummt.
    Spätestens da war Céleste klar geworden, dass Maries Wesensänderung von irgendeiner seltsamen Krankheit herrühren müsse.
     
    Monsieur Saint-Hector, dem »Bettlerkönig«, war der Kummer seiner liebsten Bettgenossin nicht lange verborgen geblieben. Hartnäckig hatte er nachgebohrt, bis Céleste ihm ihr Herz ausgeschüttet und

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