Im Dienste Der Koenigin
sie wieder in die Arme schließen kann.« Annas Begeisterung war aufrichtig. Aber bei aller Offenheit: Eines hatte Céleste wohlweislich unterlassen. Kein Wort über den Aufenthaltsort Maries kam über ihre Lippen.
Und noch jemand, den Anna lange missen musste, kam wieder: Der König persönlich forderte den Kardinal in einem Schreiben auf, nach Frankreich, »welches ihn dringend benötige«, zurückzukehren.
Nur wenige Vertraute Annas wussten, dass dies auf inständige Bitten der Königinmutter hin geschehen war. Ludwig selbst hätte gut und gerne auf den Liebhaber seiner schönen Maman verzichten können - glaubte er zumindest zu diesem Zeitpunkt noch.
KAPITEL 76
AM 28. JANUAR 1652 traf Mazarin in Poitiers ein, wo Ludwig XIV. und seine Mutter augenblicklich auf ihrer Rundreise durch die französischen Provinzen Station gemacht hatten. Der neue König unterzog sich dem alten Ritual, bei den einzelnen Gebietsfürsten vorstellig zu werden und sich von ihnen huldigen zu lassen.
Jeder der Großen des Landes ließ es sich angelegen sein, den jugendlichen Monarchen mit höchsten Ehren zu empfangen. Vorbei die bösen Zeiten, als Annas Kuriere um ihr Leben hatten bangen müssen … Tag für Tag dankte die Königinmutter Gott für die Gnade, die er ihr und ihrem geliebten Sohn zuteilwerden ließ.
»Majestät, Euer Taufpate, Seine Eminenz Kardinal Mazarin, ist soeben an der Stadtgrenze eingetroffen«, meldete sein Obersthofmeister. Der junge König schwang sich auf seinen Rappen und ritt dem Geliebten Königin Annas entgegen.
Ludwig begrüßte den trotz seiner fünfzig Jahre sehr jugendlich aussehenden Ankömmling vor den Augen seiner Begleiter mit aller gebotenen Höflichkeit, küsste ihn sogar auf
beide Wangen und hieß ihn ganz herzlich »in seiner Heimat Frankreich« willkommen.
Von der früheren Eifersucht des jungen Monarchen war nichts mehr zu spüren. Er geleitete den Kardinal zu seinem vorbereiteten Quartier und ehe er sich von ihm für kurze Zeit verabschiedete, ließ er ihn noch wissen, dass seine Mutter, die Königin, ihn bereits »mit großer Ungeduld« erwarte.
Céleste fiel auf, dass niemand aus Ludwigs Umgebung es wagte, auch nur die Augenbrauen indigniert hochzuziehen. Es war eindeutig klar: Kardinal Jules Mazarin war dem Monarchen nicht nur als Ratgeber und Diplomat willkommen, sondern wurde von ihm ebenso als Liebhaber der Mutter akzeptiert. Niemandem entging, dass beide Herren nach Jahren der Missverständnisse endlich ihre Sympathie füreinander entdeckt hatten.
Auch Mazarin schien große Sehnsucht nach Anna zu haben. In kürzester Zeit hatte er sich den Staub der Reise abgewaschen und sich in ein festliches Gewand gehüllt, bestehend aus dunkelblauen, seidenen Kniehosen, einem grauen Wams über einem weitärmeligen, weißen Hemd mit Spitzen an Kragen und Ärmelmanschetten sowie einem dunkelblauen Barett mit pompöser Federgarnitur. Hochgestimmt eilte er zu jener Frau, der sein Herz seit langem gehörte.
Und Anna tat etwas, was sie bisher noch nie getan hatte: Sie wies alle Damen an, ihr Gemach zu verlassen, um mit dem Kardinal allein zu sein. Ihr erstes Treffen zog sich über mehrere Stunden bis zum Abend hin; erst zum feierlichen Festmahl für den so lange Verbannten erschienen sie wieder, beide mit deutlich geröteten Wangen und einem strahlenden Lächeln.
Nach der Wiedervereinigung mit ihrem Geliebten erlebte die bereits einundfünfzigjährige Königinmutter eine der schönsten Zeiten ihres wahrlich bewegten Lebens. Mit kummervollen Herzen hatten beide die fast einjährige Trennung überstanden - Anna ganz allein in einer feindlichen Umgebung und der Kardinal zwar in komfortabler, aber dennoch entwürdigender Verbannung.
Vor allem für Anna war die Zeit der Trennung schmerzlich gewesen. Deutlich hatte sie gespürt, dass der Kardinal der Einzige war, auf den sie sich verlassen konnte. Der Kontakt zu ihren Habsburgischen Verwandten war unwiderruflich abgebrochen. Die Gewissheit tat weh, dass die Familienbande für immer zerrissen waren. Für die Habsburger hatte sie aufgehört, zu existieren.
Aber sie hatte nichts zu bereuen. War doch alles einzig und allein für ihren geliebten Sohn geschehen, den König von Frankreich. Nichts mehr war zu spüren von ihrem einstigen Standesdünkel. Sie wusste nun, wie sehr sie und der Kardinal einander liebten - und brauchten. Anna war nicht mehr gewillt, sich erneut irgendwelchen Zwängen zu unterwerfen.
»Sie will ihr Glück nicht nur hinter
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