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Im Dienste Der Koenigin

Titel: Im Dienste Der Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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und weit schwingendem Rock vor dem König in einem formvollendeten Hofknicks niedersank.
    »Sie sieht aus wie die ranke und schlanke Marie de Chevreuse vor ihrer Flucht nach Spanien«, murmelte ein älterer Höfling, ein Marquis aus dem Süden Frankreichs, mit leuchtenden Augen. »Wo hat der Herzog bloß diese Schönheit entdeckt? Der alte Claude hat wirklich unverschämtes Glück.«
    Als die Dame mit dem kostbaren Diadem im glänzenden vollen Haar sich erhob und alle ihr weit um die schmale Taille schwingendes Seidengewand mit den gebauschten Ärmeln und der kühnen, mit Brillanten verzierten engen Korsage bewunderten, strebte die Königinmutter - gegen jegliches Protokoll - auf die Fremde zu und umarmte diese herzlich.
    Der verblüffte König und seine Gefolgschaft sahen die beiden schönsten Damen des Hofes - die eine in flammendem
Rot, die andere in tiefem Schwarz - sich in den Armen liegen und Freudentränen vergießen. Und da dämmerte es den Ersten.
    »Mon Dieu! Das ist Marie de Chevreuse!«, rief eine betagte Hofdame aus, die noch miterlebt hatte, wie diese einst als unbekanntes junges Mädchen aus Lothringen an den Hof Ludwigs des Dreizehnten gekommen war.
    Céleste erlebte mit großem Vergnügen - und völlig neidlos - den triumphalen Auftritt ihrer Schwester. War sie doch keineswegs »unschuldig« an der spektakulären Verwandlung der zuletzt vollkommen unansehnlichen und übelgelaunten Herzogin. Die Höflinge kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Es musste ein Wunder geschehen sein …
    Auch der König war überaus erfreut, die schöne Schwester seiner geliebten »Madame Mère Céleste« an seinem Hof wiederzusehen. »Ich bin entzückt, Madame, Euch an meinem Hof begrüßen zu dürfen. Ich hoffe, Ihr werdet mir jetzt sehr oft das Vergnügen bereiten, mich an Eurem bezauberndem Anblick und Eurem Witz erfreuen zu dürfen, Madame la Duchesse.«
    Manche der Hofdamen blickten etwas säuerlich auf die unerwartete »Konkurrenz« - eine Frau, die alle längst abgeschrieben hatten.
     
    Marie versuchte mit einigem Ungestüm, der Königinmutter wieder so nah wie möglich zu sein. Aber es bestand kein Zweifel daran, dass der Platz der »Vertrauten« Annas zwar nicht besetzt, aber bereits heftig umkämpft war. Und nicht nur von einer einzigen Rivalin: Es waren gleich mehrere Angehörige des Hochadels, die sich um diese bevorzugte Stellung bemühten.
    »Die Herzogin de Chevreuse wird es nicht leicht haben«, meinten alle und waren gespannt, wie lange es wohl dauern
würde, bis die beiden einstigen Busenfreundinnen sich wieder so nahe stünden wie früher.
     
    »Der Kardinal mag ja den ersten Platz im Herzen der verliebten Königinmutter erobert haben, aber das bedeutet noch lange nicht, dass alle anderen ihn ebenfalls mit offenen Armen empfangen«, sagte Monsieur Hector le Brun, Marquis de Labordaire, der als treuer Gast jeden Donnerstag bei den Empfängen im Salon der Herzogin Marie auftauchte.
    Die Namensgleichheit mit dem »Bettlerkönig« vom »Hof der Wunder« amüsierte Marie de Chevreuse im Stillen. Es war ihr keineswegs verborgen geblieben, dass der gutaussehende und charmante Marquis de Labordaire ihrer Schwester Céleste seit einiger Zeit den Hof machte. Erst neulich hatte sie Céleste darauf angesprochen.
    »Nun, warum eigentlich nicht?«, war es anschließend der sehr selbstbewusst gewordenen Gesellschaftsdame Ludwigs durch den Sinn gegangen.
    »Weshalb sollte der Marquis Hector le Brun nicht erfolgreich um meine Gunst werben? Mein langjähriger, aristokratischer Liebhaber hat neulich geheiratet und ist, wie es scheint, sogar verliebt in seine Frau; er besucht mich so gut wie gar nicht mehr. Da wäre durchaus Platz für einen neuen Geliebten«, befand Céleste nach reiflicher Überlegung.
    Ihre Aufgaben am Hof erlaubten nur noch seltene Besuche im »Cour des Miracles«; ganz ohne einen Mann aber wollte sie nicht mehr leben. Monsieur Hector le Brun genoss als galanter und großzügiger Kavalier einen guten Ruf bei den Damen - außerdem passte er vom Alter her zu ihr. Das war für Céleste sehr wichtig.
    In dieser Hinsicht war sie ähnlich wie Marie. Beide hielten nichts davon, sich einen reichen Alten, der bereits mit einem
Bein im Grabe stand, zum Liebhaber zu nehmen, und sich nebenbei ihre Befriedigung bei jungen Stallburschen oder Lakaien zu holen - wie es viele Damen in Paris zu tun pflegten.
    Céleste nahm sich vor, dem Marquis de Labordaire in Zukunft ihre besondere Aufmerksamkeit zu schenken.

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