Im Dienste Der Koenigin
Hartnäckigkeit erfuhr, mit welcher der französische König sich gegen eine Ehe mit seiner Tochter, der Infantin, zur Wehr setzte.
»Was glaubt der kleine Franzose denn, wer er ist?«, erkundigte sich Philipp IV. voller Hochmut bei seinen Granden. »Wir haben es nicht nötig, ihm Prinzessin Maria Teresa aufzudrängen.«
Maria Mancini machte ihrem Geliebten das endgültige Aus ihrer schwärmerisch-überschwänglichen Beziehung nicht nur mit nichtssagenden Worten klar, sondern sie überreichte ihm zum Abschied einen Brief, in dem sie Ludwig ihren unwiderruflichen Entschluss, ihn nicht mehr zu sehen, ausführlich erläuterte.
Der König war anfangs untröstlich, dann erwies er sich auch ihr gegenüber als großzügiger, ehemaliger Verehrer und schenkte ihr zum Andenken eine kostbare Perlenkette mit einem riesigen Brillantanhänger sowie einen kleinen, niedlichen Hund als Spielkameraden.
Zurück in Paris war der Monarch endlich bereit, sein Einverständnis zur »spanischen Hochzeit« mit seiner Cousine zu erteilen. Natürlich langweilte er sich anfangs unsagbar ohne seine geliebte Maria. Schluss war mit den traulichen Spazierfahrten und den sportlichen Ritten durch den Bois de Boulogne und die umliegenden Wälder von Paris.
Aus war es auch mit den romantischen Kahnpartien auf der Seine und ihren Seitenarmen. Weder stand Maria bei den neuerdings so beliebten Fackelumzügen an seiner Seite noch konnte er mit ihr als Ballkönigin die Tanzenden bei den abendlichen Feierlichkeiten im Palast anführen. Und keine verstand es wie sie, ihn mit Bonmots und witzigen Wortspielen zu erheitern …
Noch lange sorgte Ludwigs unglückliche Liebe und ihr Ausgang am Hof für Gesprächsstoff. Warum der strahlende Sonnenkönig seine leidenschaftliche Zuneigung ausgerechnet der auf den ersten Blick so wenig anziehenden Maria geschenkt hatte, dieses Geheimnis vermochte allerdings niemand zu lösen. Allmählich aber verebbte das Gerede und man bereitete sich gedanklich auf die bevorstehende Hochzeit vor.
KAPITEL 83
DOCH AUCH NACH Ludwigs Einwilligung, seine nahe Verwandte zur Ehefrau zu nehmen, waren nicht alle Widerstände aus dem Weg geräumt. Neben dem beleidigten Philipp, der vor allem dem Kardinal Kopfzerbrechen bereitete, sorgte nämlich auch noch die unleugbare Tatsache, dass die Verbindung des französischen Königs mit Maria Teresa von Spanien ein geradezu klassisches Beispiel für die Inzucht in Europas Herrscherhäusern darstellte, für Unruhe.
Ludwigs Mutter Anna und Maria Teresas Vater waren Bruder und Schwester, ebenso wie Maria Teresas Mutter und Ludwigs Vater Geschwister waren. Die beiden waren demnach Cousin und Cousine in zweifacher Hinsicht und damit so nahe verwandt wie Bruder und Schwester.
»Statt der üblichen acht Großelternteile haben die beiden nur zwei Großväter und zwei Großmütter - und auch diese sind aus Ehen unter engsten Verwandten hervorgegangen.«
Wer dies urplötzlich naserümpfend zum Thema machte, war - Marie de Chevreuse, die schon länger insgeheim darüber den Kopf geschüttelt hatte. Aber dass sie offen darüber sprach, glich einem Paukenschlag.
Nach wie vor hegte Annas Vertraute ihre - mühsam verhohlenen - Vorbehalte gegen Kardinal Mazarin. Und die Tatsache, dass der Kardinal diese Heirat eingefädelt hatte, machte ihn in ihren Augen nicht gerade glaubwürdiger.
Sie stand dem Ehebund des Königs mit größter Skepsis gegenüber - obwohl sie selbst es gewesen war, die dem Monarchen vor einiger Zeit dazu geraten hatte. Aber damals war es ihr nur darum gegangen, ihn von seiner Vernarrtheit in Maria Mancini abzubringen. Die Chevreuse ließ bei all ihrer Kritik
vollkommen Annas Freude und Genugtuung über diese Verbindung außer Acht - erhoffte diese sich doch eine Annäherung an ihren schwer gekränkten Bruder.
Ja, eine großartige Versöhnung schwebte ihr vor. Es war der Königinmutter niemals leicht gefallen, gegen Philipp und sein Land Krieg zu führen - im Gegenteil. Spanien war schließlich ihr Vaterland und ihr Bruder stand ihrem Herzen noch immer sehr nahe.
»Nur für Ludwig tue ich das, damit er als König ein großes und starkes Frankreich übernehmen kann«, verteidigte sie sich stets, sooft man sie wegen ihrer Anti-Habsburg-Haltung angriff. Wie es in ihrem Herzen dabei aussah, danach hatte auch sie selbst niemals gewagt zu fragen …
Und was musste Anna jetzt erfahren? Ausgerechnet jene Frau, die seit Jahrzehnten ihre liebste Vertraute war, machte Stimmung gegen eine
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