Im Dienste Der Koenigin
Deut um die Gebote der heiligen Kirche scherte, würde sich gewiss nicht davon abhalten lassen, das Gesetz zu missachten und den Gefangenen zu foltern, wenn es nur seinen Plänen entgegenkam.
Bitterlich geweint hatte die Königin nach ihrer Befragung.
Und abermals griff die Favoritin des Königs ein. Getarnt durch eine schwarze Perücke und so stark überschminkt, dass sie das Aussehen einer viel älteren Dame besaß, fuhr Marie de Hautefort erneut nach Paris zu ihrem Verwandten in die Bastille.
Das unerschrockene Mädchen spielte ihm einen Brief der Königin zu, den ihr Cousin - solidarisch wie die meisten Bastille-Insassen untereinander - unverzüglich durch einen bestochenen Wärter an La Porte weiterreichen ließ.
»Er hat seine Antwort auf einen Fetzen Papier, den ich ganz zufällig in der Zelle meines Verwandten fallen ließ, gekritzelt«, konnte die Hautefort ihrer erleichterten Herrin später berichten. »Zum Schreiben benützte der schlaue Bursche Lampenöl, das er mit Ruß vermischte, und als Schreibfeder diente La Porte ein Halm, den er aus dem Strohsack seiner Bettstatt gezupft hatte.«
Fürs erste musste dies genügen. »Das nächste Mal lasst Ihr La Porte heimlich Tinte und Feder zukommen«, sagte Anna.
Ab jetzt konnten die Königin und ihr ergebener Kurier ihre Aussagen jeweils aufeinander abstimmen - denn die Befragungen gingen noch eine ganze Weile weiter. Kardinal Richelieu mochte seinen Verstand jedoch anstrengen wie er wollte und der Königin Fallen über Fallen stellen: Von der ganzen, zur Staatsaffäre aufgebauschten Angelegenheit blieb bloß das »Verbrechen« Annas bestehen, einer guten Freundin ein paar unverfängliche Zeilen übermittelt zu haben.
König und Kanzler waren dementsprechend enttäuscht und wütend. Immerhin ließen sie die Königin feierlich schwören, nie mehr mit Marie de Chevreuse, der Mätresse von Frankreichs Erzfeind, Nachrichten auszutauschen.
Der Umstand, dass seine ehemalige Gespielin, die Herzogin
de Chevreuse, für die er immer noch etwas empfand und auf welche er - seinem missgünstigen Naturell entsprechend - eifersüchtige Besitzansprüche geltend machte, sogleich zu Philipp »unter die Bettdecke gekrochen« war, hatte Ludwig maßlos erbost.
So kam auch Annas erneuter Vorstoß zu Ostern 1638, als sie sich für eine Rückkehr ihrer Vertrauten bei ihrem Gemahl stark machen wollte, zur Unzeit. Äußerst unwirsch lehnte der König es ab, der Herzogin die Rückkehr nach Frankreich, »dessen Gerichtsbarkeit sie sich durch feige Flucht entzogen« habe, zu gestatten.
Und weil man gerade dabei war, sich neue Schikanen für Königin Anna auszudenken, wurde ihr streng untersagt, in Zukunft, ohne eine vom Kardinal ausgewählte Begleitung, eigenmächtig irgendwelche Kirchen oder Klöster aufzusuchen.
Zudem wurden sie und ihre Damen an den Hof in Paris zurückbeordert, wo der Kardinal sie besser unter Kontrolle hatte. La Porte hielt man noch einige Monate in der Bastille gefangen, ließ den Mann aber im Großen und Ganzen in Ruhe.
Marie de Chevreuse konnte ihrem Geliebten, König Philipp, zu ihrem Leidwesen nichts vom französischen Hof berichten. Sie wartete jeden Tag vergeblich auf eine Nachricht von Céleste, da sie wusste, dass sich der spanische Monarch, wahrlich kein Gemütsmensch, allmählich doch große Sorgen um seine Schwester machte.
Aber da von Anna selbst niemals Klagen laut wurden, beschloss Philipp IV. schweren Herzens, sich nicht in ihre Ehe einzumischen. Zuvor hatte er bereits ernsthaft erwogen, Seine Heiligkeit, den Papst, einzuschalten.
Marie de Chevreuse notierte in ihrem Tagebuch: »Seine
Majestät, König Philipp IV, hat mich aufgefordert, täglich für Königin Anna zu beten. Dieses tue ich ohnehin, denn ich weiß, wie sehr meine liebe Freundin Anna leidet.«
Céleste war überglücklich. Sie genoss die Zärtlichkeiten ihres Gatten und vor allem »die ehelichen Freuden« - hatte sie doch nie im Leben damit gerechnet, überhaupt jemals die Aufmerksamkeit eines Mannes zu erregen.
Ihre unverhoffte Anstellung bei der ältlichen Hofdame Adrienne, Comtesse de La Tour, erlaubte es ihr ferner, am Hof erneut Fuß zu fassen. Aber das genügte Céleste noch nicht. Sie beschloss, sich an Marie de Hautefort, die Erste Hofdame der Königin, heranzupirschen.
Nur so würde es ihr gelingen, quasi aus erster Hand, die Neuigkeiten am Hofe zu erfahren, die sie ihrer Schwester - vielleicht doch irgendwann - nach Spanien melden könnte. War die
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