Im Dreieck des Drachen
viel heller als das andere. Es sah fast so aus, als läge dahinter ein Hohlraum. Sie drückte mit einem Finger dagegen.
»Was tust du da?«, fragte Miyuki.
Der Edelstein glitt in den Schädel der Schlange hinein. Karen vernahm ein scharfes Klicken, und dann spürte sie, wie sich der Schlangenkopf in ihrem Griff löste. »Es ist ein Schloss!« Jetzt konnte sie den Kopf hin- und herdrehen. Aber nichts geschah. Worin bestand sein Zweck?
Mittlerweile lag der Rauch noch dichter über der Kammer. In der Nähe des Tunnels erloschen die Flammen allmählich, da dort das Kerosin fast verbraucht war. Karen rieb sich die schmerzenden Augen. Sie hörte die Angreifer draußen. Was würden sie jetzt unternehmen, da ihr erster Vorstoß, sie auszuräuchern, erfolglos geblieben war?
Die Antwort auf diese Frage erfolgte sogleich. Eine brennende Glasflasche flog in den Raum und explodierte vor dem Altar. Ein Feuerwall schoss in die Höhe.
Karen fiel zurück, und Miyuki duckte sich mit einem überraschten Aufschrei tiefer hinter den Altar.
»Gottverdammte Scheißkerle!«, fluchte Karen. Ungeachtet der Flammen wich sie zum Altar zurück. Der geheime Türöffner war Hinweis darauf, dass die Schnitzerei mehr als bloß eine Dekoration darstellte. Konnte es einen Geheimgang geben? Die Hitze brannte Karen auf den Wangen, während sie die steinerne Schlange musterte. Diese wand sich um den ganzen Altar herum, sodass ihre Schwanzspitze nicht weit vom erhobenen Kopf entfernt war. Ein Gedanke kam ihr. Ouroboros. Die Schlange, die sich in den Schwanz biss. Ein Symbol der Unendlichkeit. Viele Kulturen hatten ähnliche mystische Bildnisse. Eines kam sogar in der Astrologie der Maya vor.
Unterdessen klangen die Stimmen der Männer auf der anderen Seite des Gangs hitziger, streitlustiger, ungeduldiger. Dann sauste eine Kugel in die Kammer und erzeugte einen Scherbenregen. Karen duckte sich und drehte den Kopf der Skulptur ganz herum, bis die Schlange mit der Spitze ihres Mauls den eigenen Schwanz berührte.
Ein lautes Knirschen ertönte von unten. Karen spannte sich an.
»Was geht da vor?«, flüsterte Miyuki und wedelte den Rauch beiseite.
Karen wich zurück, als sich der Altarstein in den Plattenboden senkte. »Komm!« Sie holte die Taschenlampe aus einer Tasche und leuchtete hinunter in die tintenschwarze Finsternis. Der Altar war etwa zwei Meter hinabgefallen.
Sie spürte, dass unten eine größere Kammer lag, beugte sich vor und versuchte, einen besseren Blick darauf zu erhalten. Eine Kugel zischte an ihrem linken Ohr vorbei. Sie fühlte die Hitze und ließ sich auf den Bauch fallen. »Einen anderen Weg hier raus gibt’s nicht«, sagte sie und warf ihrer Freundin einen Blick zu.
Miyukis Augen waren riesig, doch sie nickte rasch.
Karen stopfte sich die Lampe in den Mund. »Ich gehe voran«, murmelte sie, schwang die Beine in die Grube und tastete mit den Zehen umher. Keine Fußstützen. Mit einem Blick nach unten zielte sie auf die Oberfläche des Altars und stieß sich ab. Sie schlug hart auf und fiel auf eine Hand.
Mithilfe der Taschenlampe schaute sie sich rasch in der Kammer um. Faulige Wasserlachen sprenkelten den Boden. Blasse Stränge aus Algen hingen von der Decke herab. Von der anderen Seite ging ein dunkler Tunnel ab. Um einen besseren Blick darauf zu bekommen, leuchtete sie hinüber. Nein, es war kein Tunnel, sondern ein Treppenhaus, das in einem steilen Winkel abwärtsführte. Gleich, wohin es gehen mochte, dort war es auf jeden Fall besser als hier.
Oben dröhnte ein zweiter Schuss, rasch gefolgt von einem dritten.
Miyuki quietschte und legte sich flach auf den Bauch.
Karen richtete sich auf und rief nach oben: »Wirf meine Waffe und das Holster runter!«
Einen Moment lang verschwand Miyukis Gesicht. »Hier!« Sie ließ das Lederholster fallen. Eine Sekunde später folgte die Waffe. Karen fing sie mit einer Hand auf.
»Jetzt du!«, drängte Karen.
»Noch nicht.« Erneut verschwand Miyuki.
Was tat sie da?
Da tauchten Miyukis Beine wieder auf. Karen streckte die Hand aus und lenkte ihre Freundin an den Fußknöcheln. »Okay. Alles klar.«
Miyuki ließ los und landete fast auf Karen, die ihre Freundin festhielt. »Gut gemacht.«
»Ja, danke«, murmelte Miyuki und presste ihren Packen mit der Ausrüstung fest an die Brust. Sie bemerkte Karens Blick. »Ich wollte Gabriel nicht zurücklassen.«
Trotz ihrer Situation musste Karen grinsen. Sie hob ihre Pistole auf. Anscheinend hatten sie beide ihre jeweiligen
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