Im Dunkel der Nacht (German Edition)
Geschrei groß.«
»Wem gehört das Gebäude jetzt?«
»Soweit ich weiß, der Bank, und die schert sich einen Dreck darum. Zuvor war es im Besitz von Aaron Joiner, doch er starb 1998, sodass das Gebäude seitdem leer steht. Er hatte keine Kinder, denen er den Besitz hätte hinterlassen können, und so wurde die Schule ein oder zwei Jahre vor seinem Tod geschlossen.«
Das würde es nicht leichter machen. »Was gibt es da oben konkret?«
»Einige leere Häuser, die halb verfallen sind. Ausgenommen jene aus Stein, die werden noch stehen, wenn wir tot sind und die Erde von Kakerlaken beherrscht wird. Angeblich hat man in den Dreißigern einige Hopis aus Arizona hergebracht, um sie zu errichten. Sie sind hinreißend. Zu schade, dass der Weg hinauf so umständlich ist. Man hätte sicher etwas daraus machen können. Eine Ferienanlage oder Ähnliches.«
Lam sagte, sie würde ihm Bescheid geben, sobald sie die Anzeige faxen könne, und die beiden legten auf. Er nahm sich vor, ein bisschen mehr über die Sierra School herauszufinden. Vielleicht wusste jemand etwas, der sie früher besucht hatte. Sein momentanes Wissen hätte schon von Max’ Schuhgröße profitiert.
Lyle Burton starrte auf die Zeitung. Was zum Teufel ging hier vor?
Er hatte den Artikel über sich erwartet. Die Pressenotiz über seine Ernennung zum Direktor der Kinderschutzorganisation, die er selbst geschrieben hatte. Es gab einige Flecken auf der Weste der Einrichtung, die er beheben würde. Er hatte hart dafür gearbeitet, diesen Job zu bekommen. Er hatte dafür gearbeitet, dass ihn die Menschen beachteten. Dies war sein Moment. Sein Augenblick des Ruhmes.
Und sein Bild war auch auf der ersten Seite des Regionalteils des
Sacramento Chronicle
. Zusammen mit einem Artikel über die Beförderung.
Darunter allerdings folgte ein weiteres Foto. Ein siebzehnjähriger Max Shelden, der sorglos lächelte. Es machte keinen Sinn. Wie zum Teufel war Max Sheldens Leiche in einer Baugrube in der Innenstadt von Sacramento gelandet?
Burton warf die Zeitung auf seinen Schreibtisch. Er würde dieser Sache auf den Grund gehen, so oder so.
*
Gary Havens schob seine Mülltonne mit den großen Rädern in das Klassenzimmer von Mr Osaka. »Hey, Mr O.«
Der Lehrer sah von seinem Pult auf. »Hey, Gary, wie geht es Ihnen?«
»Nicht übel, nicht übel.« Er mochte seinen Job an der Schule. Hausmeister zu sein war vielleicht nicht groß angesehen, doch er leistete seinen Beitrag. Er half. Er nahm den Abfalleimer neben Mr Osakas Tisch und leerte ihn in die große Tonne. »Brauchen Sie die noch?« Er zeigte auf die Zeitung am Rande des Schreibtischs.
»Nein. Möchten Sie sie haben?«, fragte Mr Osaka.
»Wenn es Ihnen nichts ausmacht?« Er mochte die Comics und Sudoku-Rätsel, doch ein Abonnement erschien zu teuer für eine Sache, an die er regelmäßig kostenlos gelangte. Ihm war es gleich, ob er nun das Sudoku von Montag am Dienstag machte, oder ob er die ganze Woche für das Kreuzworträtsel von Sonntag brauchte. Sein Leben war anders. Er war anders.
Vor allem war er geduldig. Er konnte warten. Etwas, was er vor langer Zeit gelernt hatte, als er so still wie möglich im Dunkeln saß und für den Sonnenaufgang betete, auf den er wartete. Dafür, dass ihn niemand entdecken würde.
»Nur zu«, sagte Mr O. und sah auf die Uhr. »Deine Mutter müsste jetzt hier sein, Cedric.«
Gary hatte den kleinen Jungen gar nicht bemerkt. »Wie geht es dir, Cedric?«, fragte er. Er mochte Cedric. Ein netter kleiner Kerl. Klein für einen Fünftklässler, und Gary wusste, wie sich das anfühlte. Er war ebenfalls ein dürres, kleines Etwas gewesen. Ein Spätzünder. Er war nicht mehr dürr, er war groß und stark, und er arbeitete hart daran, dass es so blieb.
»Es geht.« Cedric lächelte ihn an, während er seine Bücher einsammelte. Er sah zur Tür und schluckte schwer.
»Soll ich dich bis zur Einfahrt begleiten?«, fragte Mr O. Cedric.
Cedric schüttelte den Kopf. Gary blickte zu Mr O.
»Cedric hatte Ärger mit einigen Schülern der Junior High, als er neulich auf seine Mutter wartete, die ihn abholen wollte. Sie kann vor sechzehn Uhr nicht hier sein, also habe ich ihm vorgeschlagen, in meinem Klassenzimmer zu warten. Auf diese Weise läuft er den Kerlen nicht so oft über den Weg«, erklärte Mr O.
Gary nickte. Eigentlich sollten Lehrer so etwas nicht tun. Die Schule hatte am Nachmittag ein Betreuungsprogramm. Doch es taugte nicht viel. Und man bezahlte immer das Gleiche, ob das
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