Im Dunkel der Nacht (German Edition)
hatte die Presse noch keinen Wind davon bekommen, aber selbst im kleinen, verschlafenen Blairsden sprachen sich Dinge schnell herum. Es hatte sich eine ungeheure Zahl an Autos durch den Waldweg zur Schule hinaufgeschlängelt. So etwas entging den Leuten nicht.
Zach fuhr zu Veronicas Wohnung, um zu sehen, ob noch Licht brannte. Doch die Wohnung war dunkel, und ihr Honda stand nicht auf ihrem Parkplatz. Er fuhr den Parkplatz ab, um zu sehen, ob sie ihr Auto vielleicht anderswo abgestellt hatte, doch es war nirgends zu sehen.
Wo sie wohl sein konnte? Bei einer Freundin? Im Krankenhaus?
Letztere Option würde er leicht abklären können, denn sie lag nicht weit von seinem Heimweg entfernt. Er wünschte, er hätte einen besseren Grund gehabt, um sie aufzusuchen. Einen Grund, der nichts mit dem Tod eines ihrer Verwandten zu tun hatte.
Er entdeckte ihr Auto auf dem Mitarbeiterparkplatz des Krankenhauses und schüttelte den Kopf. Sie sollte nicht arbeiten, aber er konnte es verstehen. Es war besser, sich zu beschäftigen, als im Tal der Tränen zu versinken.
Er erinnerte sich an die Nacht, als sie gekommen waren, um die Nachricht vom Tod seines Vaters zu überbringen. Seine Mutter putzte das ganze Haus vom Dach bis zum Keller, obwohl es nicht nötig war.
Er hatte nicht gewusst, was er tun sollte. Er war zwölf, zu alt, um mit seinen Schwestern auf dem Sofa zu weinen, und zu jung, um selbst etwas zu unternehmen. Eine Zeit lang versuchte er, seiner Mutter zur Hand zu gehen, doch sie war so in ihrem eigenen Schmerz gefangen, dass sie ihn gar nicht bemerkt hatte.
Schließlich ging er auf sein Zimmer, setzte seine Kopfhörer auf und hörte Kiss, so laut es ging. So brachte er die ganze Nacht zu, er blendete einfach alles aus, mit der zornigsten Musik, die er finden konnte. Diese Nacht legte den Grundstein für die kommenden Jahre, die in seinem Leben folgen sollten. Es war keine angenehme Zeit, für niemanden in seiner Familie. Und das über Jahre hinweg.
Er parkte seinen Wagen in der Nähe der Notaufnahme und blieb einige Minuten sitzen. Er ließ seinen Kopf nach hinten fallen, versuchte die Augen zu schließen, doch sie sprangen wieder auf. Vielleicht auch besser so. Er freute sich nicht im Geringsten auf die Bilder dieser Schule, die zweifellos in seinen Träumen erscheinen würden. Ein paar Leute hatten dort oben ein paar schreckliche Dinge angestellt.
Er stieg aus dem Auto und ging in die Notaufnahme, um Veronica zu finden.
»Veronica, Erde an Veronica.« Tina klopfte ihr auf die Schulter, und sie wäre beinahe aus ihrer Schwesterntracht gesprungen.
»Was?«, raunte sie.
»Geh nach Hause.« Ihre Freundin stand mit verschränkten Armen vor ihr. »Tu es für mich. Tu es für die Patienten. Du bringst sonst noch jemanden um.«
»Ich bin nur etwas müde.«
»Du solltest nicht hier sein. Und wenn Schwester Ratchet nicht so ein alter Drachen wäre, dann hätte sie dich nach allem, was dir heute zugestoßen ist, auch sofort nach Hause geschickt.«
Tinas Augen verengten sich.
Veronica war nichts zugestoßen. Ihrem Vater war etwas zugestoßen. Und da sie noch nicht wusste, wann die Beerdigung stattfinden konnte, war es am besten, wenn sie ihren Urlaub im Moment aufsparte. Sie war nicht davon ausgegangen, dass sich ihr Verstand in Pudding verwandeln würde.
Sie konnte einfach keinen Schlaf finden. Und nachdem sie die Kontoauszüge mit den hohen Bareinzahlungen gefunden hatte, schon gar nicht. Wer konnte ihnen so viel Geld bezahlt haben? Und wofür?
Sie trug die Auszüge in ihrer Tasche mit sich herum. Den ganzen Tag hatte sie mit sich gerungen, ob sie alles zu McKnight und Rodriguez bringen sollte. Sie wusste, dass es ihre Pflicht war, doch der Verrat schien einfach zu groß. Verrat woran eigentlich? Am heiligen Andenken ihres Vaters? Wohl kaum. Und was ihre Mutter anging, war die Frage, ob sie von diesen Geldeingängen überhaupt jemals gewusst hatte.
»Geh nach Hause«, wiederholte Tina. »Jetzt. Ich habe Monica schon angerufen, sie übernimmt deine Schicht.«
Veronica senkte den Kopf. Sie war müde. Vielleicht würde sie nun doch endlich schlafen können. »Also gut. Ich gehe.«
»Gott sei Dank!« Tina lehnte sich gegen die Schwesternstation und bedachte sie mit einem zufriedenen Blick. »Soll ich jemanden auftreiben, der dich fährt?«
Sie musste noch schlimmer aussehen, als sie sich fühlte. »Nein.«
Tina runzelte die Stirn. »Soll ich zu dir kommen, wenn meine Schicht vorbei ist?«
Das Angebot sagte ihr
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