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Im Dunkel der Nacht (German Edition)

Im Dunkel der Nacht (German Edition)

Titel: Im Dunkel der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Carr
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der Kriminaltechniker. »Ich habe alles mit Luminol eingesprüht.« Luminol war der Wirkstoff, den forensische Ermittler nutzten, um eventuelle Blutspuren sichtbar zu machen. Oftmals glaubten Verbrecher, sie hätten alles gereinigt und jeden Tropfen Blut beseitigt. Wenn Luminol im Spiel war, hatten sie allerdings keine Chance.
    Der Techniker machte das Licht aus, und es wurde stockfinster. Er nahm sein Schwarzlicht zur Hand, und der gesamte Raum schimmerte in Blautönen.
    Überall war altes Blut verteilt. Was zum Teufel war in dieser Schule vor sich gegangen?
    Die Presse hatte sich am Fall George Osborne festgebissen. Lyle saß in seinem Arbeitszimmer mit einem Glas Whiskey in der Hand und starrte auf den Fernseher. Noch sprach niemand von Mord, doch es kursierten die Gerüchte, dass es nicht mit rechten Dingen zuging.
    Er kaute auf seinem Daumennagel. Was konnten sie inzwischen herausgefunden haben? Die Reporterin Marianne Robar betonte immer wieder die Verbindung zwischen Osborne und Shelden. Das bedeutete, dass auch die Polizei diesen Aspekt beleuchtete. Natürlich, warum auch nicht? Niemandem gefiel ein Zufall wie dieser. Auch Lyle nicht.
    »Schatz, das Essen ist gleich fertig«, rief seine Frau aus der Küche. Tommy, ihr ältester Sohn, würde jede Minute vom Fußballtraining kommen. Er musste sich zusammenreißen. Er musste die heile Welt für seine Familie aufrechterhalten.
    »Ich übernehme den Abwasch. Bin gleich da«, rief er zurück und hoffte, dass seine Stimme normal klang. Und nicht bis zum Bersten gespannt, so wie er sich gerade fühlte.
    Sollten die Polizisten eine Verbindung zwischen Shelden und Tennant entdecken, dann gäbe es ein wirkliches Problem, um das er sich würde kümmern müssen.
    Sollte ihnen das nicht gelingen, blieben ihm immer noch die Narben auf seiner Seele, doch im Umgang mit diesen hatte er Erfahrung.
    Etwas tief in seinem Inneren war in der Nacht gestorben, als Max Shelden starb. Wenn man das Leben eines anderen ohne guten Grund nahm, verlor man auch einen Teil seiner Seele, den man nie wiederbekam. Susan Tennant war nicht die Einzige gewesen, die sich während der Ereignisse in jenem Sommer eine Menge Schuld aufgeladen hatte.
    Er war mit solch guten Absichten angetreten. Mit seinem Abschluss als Sozialarbeiter war er der Überzeugung gewesen, den Menschen wirklich helfen zu können. Eine Schule für Jungen, die am Rande des Absturzes standen? Wo hätte sich ein junger Mann besser beweisen können?
    Lyle hatte nie den Eindruck, dass er arrogant gewesen wäre, doch er war sich immer seines Aussehens und seiner Fähigkeiten bewusst. Er war stattlich, gut aussehend und durchtrainiert gewesen, damals. Auch heute war er noch stark und hatte eine gute Figur. Doch damals besaß er noch die Blüte seiner Jugend. Die Kinder mochten ihn. Warum auch nicht? Man musste damals nur einen Blick auf Lyle Burton werfen, und schon wusste man, dass er zu den Gewinnern zählte. Stark, schlau und gut aussehend. Eine tödliche Kombination.
    Für Max Shelden im wahrsten Sinne des Wortes.
    Doch die Kinder an der Sierra School waren anders als jene, mit denen er an öffentlichen Grundschulen oder in der Vorschule gearbeitet hatte. Es waren zornige, intrigante und verlogene Jungen. Er hatte nicht lange gebraucht, um herauszufinden, dass ihn dort niemand anbeten würde. Und wenn sie es taten, war es nur eine Fassade, um ihre Heuchelei zu verbergen.
    Das Vertrauen zu diesen Kindern reichte nicht weiter, als man sie werfen konnte. Die einzigen Personen, denen man trauen konnte, waren die Wächter und anderen Lehrkräfte. Man landete schnell beim »wir« gegen »die«, und nur wer zum richtigen Team gehörte, dem wurde Vertrauen geschenkt.
    Lyle konnte sich nicht mehr daran erinnern, wann die Dinge außer Kontrolle geraten waren. Lyle wusste so lange nicht, wo die Grenze war, die sie überschritten hatten, bis sie jenseits jeglicher Grenzen waren, die eine zivilisierte Gesellschaft sich auferlegte. Es fing ganz banal an. Ein Junge hatte Essen aus der Küche gestohlen. Alles, was sie von ihm verlangten, war ein Geständnis, damit sie sich eine Strafe ausdenken konnten – zusätzlicher Kohlendienst oder das Putzen der Toiletten.
    Aber der kleine Scheißer rückte nicht raus mit der Sprache. Er leugnete es in einem fort. Sie trennten ihn daraufhin von den anderen, damit er in seiner Isolation zur Besinnung kam. Trotzdem gab er nicht nach. Also sperrten sie ihn im Dunkeln ein. Keine Reaktion. Dann wurden die

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