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Im Dunkel der Schuld

Im Dunkel der Schuld

Titel: Im Dunkel der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Hampp
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Federbett … Sie hatten noch in der Nacht zurückfahren müssen, was Jörg allerdings erstaunlich gelassen nahm. Er zeigte sich verständig, obwohl sie ihm auch diesmal eine Erklärung schuldig geblieben war.
    Jetzt also Paris. Das Hotel und die Zimmer sahen auf den Internetseiten großzügig und ausreichend luftig aus, der Rest würde sich in der Stadt der Liebe hoffentlich von selbst ergeben. Sie prüfte noch einmal die Reservierungsbestätigung und druckte ein paar Adressen von Lokalen in der Nähe des Hotels aus. Mit anonymen Essen in Restaurants hatte sie zum Glück kaum Probleme, ganz anders war das bei privaten Kocheinladungen – da malte sie sich die schrecklichsten Zutaten aus, die – bewusst oder unabsichtlich – in die Speisen gewandert sein mochten, und sie brachte keinen Bissen herunter.
    Das Telefon klingelte, und Ebba war froh, dass Frau Hilpert abhob. Sie lehnte sich zurück und genoss den Blick durch den geräumigen Ausstellungsraum. Sie hatte Glück gehabt und die Räume eines in Konkurs gegangenen Designerladens neben dem mondänen »Goldenen Kreuz« ablösen können. Die sechs Meter hohen Wände waren relativ dicht mit Kunstwerken der klassischen Moderne behängt. Es waren nur einige wenige zeitgenössische Stücke darunter, da es schwer war, diese ihrer Klientel zu vermitteln. Auch ein paar Innen-Skulpturen von Jörg Schad hatte sie seit Kurzem in Absprache mit dessen Vertragsgalerie in Berlin im Angebot. Sie mochte die zierlichen Elemente expressiver Bewegung mit ihrer schwarz glänzenden Walzhaut, die einen schönen Kontrast bildeten zur Fontäne des Springbrunnens am Augustaplatz draußen vor der Fensterfront.
    Â»Ihr Bruder«, unterbrach Frau Hilpert ihr Wohlbehagen.
    Sofort krampfte sich Ebbas Magen zusammen. Georg? Seit ihrem Anruf vor vier Wochen herrschte Funkstille zwischen ihnen. Georg hatte nicht verstanden, dass sie ihn besuchen kommen wollte. Er wollte nicht einmal eine Begründung hören, sondern hatte sie regelrecht abgewimmelt. Natürlich hatte sie später, noch mit dem Hörer in der Hand, das ungute Gefühl gehabt, es wäre dringend notwendig gewesen, nach dem Rechten zu sehen, weil er fast hysterisch geklungen hatte, aber dann hatte sie es bleiben lassen. Er war derjenige, der immer alles richtig machen wollte. Wie kam sie dazu, ihn in Frage zu stellen? Wie sollte er denn auf ihre Einmischung reagieren außer mit Verärgerung?
    Sie hatte sich auch wirklich ungeschickt ausgedrückt. »Ich hatte Weihnachten das Gefühl, es ginge dir nicht gut. Und Maria hat angedeutet …« Weiter hatte er sie nicht kommen lassen, und sie hatte lieber den Mund gehalten, um Maria nicht unnötig in eine unangenehme Situation zu bringen.
    Â»Ebba?« Ihr Bruder klang wie beim letzten Telefonat – außer Atem, geradezu verängstigt. »Ebba, kannst du Maria für ein paar Tage bei dir aufnehmen?«
    Â»Warum? Was ist passiert?«
    Â»Ich würde sie heute Abend zu dir bringen. Bitte. Es ist wichtig. Ich kann dir das am Telefon nicht erklären. Sie soll nur ein paar Tage nicht hier in Heidelberg sein. Ich will etwas überprüfen.«
    Â»Ãœberprüfen? Was denn?«
    Â»Ebba, bitte, hilf mir!«
    Neugierig starrte Ebba aus dem großen Fenster der Galerie hinaus in das frühlingshafte Feierabendtreiben auf dem Augustaplatz. Verliebte Paare, eng umschlungen, junge Familien, lachend und mit Eistüten bewaffnet, ältere Herrschaften in geblümten Sommerkleidern und hellen Leinenanzügen. Und dann die Farben der Parkanlage Lichtentaler Allee im Hintergrund: das zarte Grün der ersten Blätter, das blasse Violett der Krokusteppiche im Rasen, die Blausternchen, die ihrem Namen alle Ehre machten, die Osterglocken. Alles verschwamm vor ihren Augen zu einer Impression von Claude Monet.
    Sie zwinkerte energisch, um ihre Enttäuschung wegen der geplatzten Parisfahrt mit Jörg herunterzuschlucken. Sie wollte nicht, dass die beiden etwas merkten. Sie mussten jede Minute hier sein. Es hatte sie schon immer erstaunt, wie pünktlich Georg war, selbst wenn es auf der Autobahn Staus gab. Natürlich hatte sie sich am Telefon nichts anmerken lassen. Paris mit Jörg ließ sich bestimmt nachholen. Irgendwann. Wenn ihr Bruder in Not war, musste sie helfen. Ohne Wenn und Aber.
    Aber manchmal war es verdammt schwer, stark zu sein.
    Da erschien er schon mit Maria

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