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Im Dunkel der Schuld

Im Dunkel der Schuld

Titel: Im Dunkel der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Hampp
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»Nichts passiert. Geht schon wieder. Ich fahre nur schnell nach Hause, um mich umzuziehen. Bin gleich zurück.«
    Â»Können Sie wirklich fahren, Frau Seidel?«, hörte sie Frau Hilpert noch rufen.
    Ebba versank fast vor Scham im Boden, während sie in die große unterirdische Parkgarage eilte, in der ihr Auto stand. Wie hatte ihr das nur passieren können – in aller Öffentlichkeit? Was, wenn ausgerechnet in dem Augenblick ein Kunde gekommen wäre.
    Und wie sah sie aus! Im Rückspiegel standen ihre dünnen weißblonden Haare nach allen Seiten ab wie beim Struwwelpeter, die Augen über dunkelblauen Schatten schienen riesig zu sein und fast aus ihrem kreideweißen Gesicht zu fallen, und ihre Lippen waren ganz rissig. Grässlich!
    Ganz allmählich beruhigte sich ihr Puls, reduzierte die Sirene in ihrem Kopf das Schrillen, schafften ihre Finger es, den Schlüssel ins Zündschloss zu stecken. So, das Schlimmste hatte sie geschafft. Und ausgerechnet sie hätte Rosie fast geraten, sich bei einem Therapeuten Hilfe zu suchen? Ein Witz.
    Andererseits waren die Panikattacken selten geworden, sie hatte sogar schon gehofft, sie endgültig überwunden zu haben. Es konnte ihr niemand mehr etwas anhaben, das wusste sie doch. Und trotzdem erschreckte es sie zu Tode, dass immer noch das kleine, verängstigte Mädchen in ihr wohnte und sich in den unmöglichsten Momenten zu Wort meldete.
    Früher hatte es unentwegt in ihr getobt, bis Georg einen Weg fand, es mundtot zu machen.
    Â»Er wird sich nie umbringen. Das sagt er nur, um uns Angst zu machen«, hatte er nüchtern festgestellt. Dann hatte er tief Luft geholt und sie ernst angeschaut. »Wir müssen es tun«, hatte er gesagt, und diese vier Worte hatten die Welt verändert, ihnen Mut gemacht, sie zu Riesen wachsen lassen.
    Gemeinsam würden sie sich wehren, ja! Sie würden ihn mit dem Küchenmesser erstechen, mit dem Beil enthaupten, ihm Rattengift ins Essen mischen, ein Gewehr kaufen und ihn erschießen, ihm den Seidenschal zuziehen, den er jeden Tag trug, ihm eine Giftschlange ins Atelier tragen, die Bremsschläuche am Auto zerschneiden … Jede Nacht kuschelten sie sich in einem der Kinderzimmer aneinander und schmiedeten Pläne. Ebba gab das Stichwort, Georg malte ihnen in aller Genauigkeit aus, wie sie es schaffen konnten, und Rosie zerschoss ihre Fantasien schließlich mit dem Hinweis, was er mit ihnen anstellen würde, falls es missglückte, und dass sie es ihrer Mutter nicht antun konnten, zu Mördern zu werden.
    Bleierne Müdigkeit stülpte sich, wie stets nach den Anfällen, wie ein Helm über ihren Kopf. Erschöpft schleppte sich Ebba in ihr Apartment, und schon beim Aufschließen der Wohnungstür war ihr klar, dass sie für den Rest des Tages nicht mehr würde arbeiten können. Frau Hilpert erwies sich am Telefon als gute Seele, die sofort bereit war, nicht nur den Nachmittag, sondern auch den Samstag zu übernehmen.
    Erleichtert lehnte sich Ebba auf der Couch zurück, die wieder ihr gehörte, und atmete tief ein und aus. Jetzt noch eine Tasse Schokolade und ein heißes Bad, und danach würde sie sich ins Bett legen, die Decke hochziehen und schlafen, bis sie ohne Wecker wieder wach wurde. Dann würde sie nach Freiburg fahren. Solange ihr das auf der Seele brannte, würde sie keine wirkliche Ruhe finden.
    Tatsächlich wachte sie in der Nacht mehrmals auf, weil sie von Friedas Wohnung träumte. Mal riefen die Kruzifixe an den Wänden nach ihr, mal suchte sie ein bestimmtes Dokument in einem wachsenden Berg von Aktenordnern, wobei sie überhaupt nicht wusste, wonach sie eigentlich fahndete. Dann wieder fand sie in allen Schubladen und sogar im Wäscheschrank Gewürzgläschen mit Beifuß und Muskatnüssen, was sie hochfahren ließ.
    Auch nach dem letzten Aufschrecken duselte sie noch einmal ein, bis ihr siedend heiß einfiel, dass sie gestern die Verabredung mit der sensationellen Künstlerin vergessen hatte. Hoffentlich hatte Frau Hilpert sie auf einen anderen Tag vertrösten können! Darin war sie eigentlich großartig. Die intensiven Gemälde standen ihr plötzlich plastisch vor Augen. Sie wollte diese Bilder haben, unbedingt. Gleich mehrere Kunden fielen ihr ein, die viel Geld dafür zahlen würden.
    Am liebsten wäre sie in die Galerie gefahren, aber dann sagte sie sich, dass die Aktion in der

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