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Im Dunkel der Schuld

Im Dunkel der Schuld

Titel: Im Dunkel der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Hampp
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Maklergespräche und Geldtransfers überhaupt organisieren konnte. Sie hatte nie ein Wort darüber verloren, also waren sie davon ausgegangen, dass alles irgendwie geregelt wurde – zwischen Fürbitten und Rosenkranz. Im Gegenteil, sie waren froh gewesen, unbehelligt in ihre eigenen Welten fliehen zu dürfen.
    Ebba drehte das Trennblatt um. Die nächste Rubrik betraf Georg. Offenbar hatte Maria Frieda die Unterlagen überlassen, als sie in die Heimat zurückging. Ob Maria wohl ein besseres Verhältnis zu ihr gehabt hatte? Kaum vorstellbar. Sie hätte es bestimmt am Telefon erzählt, spätestens als sie von Friedas Tod erfuhr. Auch sie hatte nur ihr Erschrecken und ihr Bedauern gestammelt sowie Zweifel an der Selbstmordtheorie der Polizei, und der Rest war in unaufhörlichem Schluchzen untergegangen, das an Ebbas Nerven gezerrt hatte.
    Säuberlich waren die Unterlagen von Georg abgeheftet, seine Geburtsurkunde – er war knapp sechs Monate nach dem Hochzeitsdatum zur Welt gekommen –, Einschulungsbescheid, Abiturzeugnis, Steuerberaterprüfung, Heiratsurkunde, Kaufurkunde für das kleine Haus in Heidelberg, und zum Schluss das Polizeiprotokoll über sein Auffinden und ein Notarschreiben über den Verkauf des Hauses.
    Das letzte Deckblatt war mit den Namen von Friedas Eltern »Elvira und Clemens Hansen« beschriftet. Die Sterbeurkunde der Mutter und Friedas eigene Geburtsurkunde trugen dasselbe Datum – das war, wie auch Georgs »erpresserische Frühgeburt«, für Bruno Seidel oft beleidigendes Thema lautstarker nächtlicher Streitereien gewesen.
    Dahinter gab es noch die Sterbeurkunde Clemens Hansens, dann notarielle Schreiben über den Verkauf von dessen Fabrik und Haus und Hof, was alles über Bruno Seidel abgewickelt wurde, als hätte die tüchtige Frieda gar nicht existiert, als sei sie entmündigt oder zum Schweigen gebracht worden. Wie hatte eine Frau, die sich später in finanziellen Dingen als so begabt erwies, sich das nur gefallen lassen? Und warum?
    Dann, in einer durchsichtigen Plastikhülle, ein letztes, etwas zerknittertes Blatt, vergilbt, brüchig. Ein Zeitungsausschnitt mit einer reißerischen Überschrift: »Wurstfabrikant erschießt sich in Hochzeitsnacht seiner Tochter«.

Achtzehn
    Sonntag, 1. März 2009
    Warum ging Rosie nicht ans Telefon? Es war Sonntagnachmittag. Wo sollte sie sein außer in ihrem Zwergenhaus mit der Katze auf dem Schoß? Seit dem vergangenen Abend versuchte Ebba, sie zu erreichen, ohne Erfolg. Das sah Rosie überhaupt nicht ähnlich. Ebba kannte ihre langweilige Tageseinteilung. Da gab es vielleicht einmal eine Stunde für einen Spaziergang an der Schlei, aber das war auch alles. Sie hatte keine Freunde oder Bekannte, die sie besuchen könnte, sie hatte keine weiteren Hobbys oder Interessen, außer zu lesen. Langweilige Biografien von realen Menschen, deren Schicksal man genauso gut im Internet recherchieren konnte, manchmal auch Sachbücher. Rosie musste also auf der Couch liegen. Warum nahm sie dann nicht ab?
    Eigentlich hatte sie sich schon am Freitag melden sollen, um zu sagen, dass sie gut angekommen war. So hatten sie es vereinbart, aber Ebba hatte selbst nicht mehr daran gedacht. Erst jetzt war es ihr wieder eingefallen, und allmählich war sie wirklich beunruhigt. Auch das Ladentelefon klingelte ins Leere, ein Handy besaß ihre Schwester nicht, weil sie ja ohnehin stets im Geschäft oder zu Hause erreichbar war.
    Was, wenn ihr etwas passiert war? War sie überhaupt in Schleswig angekommen? Doch, davon musste man ausgehen, denn sonst hätte sich die Aushilfe sicherlich gestern schon gemeldet. Sie wusste ja, dass Rosie bei ihr in Baden-Baden gewesen war. Rosie hatte sich für den Samstag vor Fasching ein großes Geschäft erhofft, das hätte die Aushilfe nicht allein bewältigt. Wie hieß sie überhaupt? Ebba rief die etwas bescheidene Seite vom »Eulennest« im Internet auf, die die Aushilfe als erste Amtshandlung eingerichtet hatte, wie Rosie ihr erzählt hatte. Hübsch sah der Laden aus, es gab eine Rubrik mit besonderen Empfehlungen, die Rosie höchstpersönlich jedes Wochenende aktualisierte. Auch das war in dieser Woche bislang nicht geschehen.
    Ebba hämmerte eine E-Mail in die Tasten. »Melde dich. Ich mach mir Sorgen. Wo bist du? Ruf an«, schrieb sie, obwohl sie nicht wirklich damit rechnete, dass ihre Schwester am

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