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Im Dunkel der Waelder

Im Dunkel der Waelder

Titel: Im Dunkel der Waelder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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Gefühle und Ängste geraten … Wenn … wenn … Man kann die Zeit nicht zurückdrehen.
    Yvette brummt vor sich hin. Aus Angst, etwas zu vergessen, kontrolliert sie die Koffer nun schon zum hundertsten Mal.
    Es läutet. Begrüßungen. Zwei kleine Ärmchen schlingen sich um meinen Hals.
    »Ich fahre zu Großmama!«
    »Man sagt guten Tag, Virginie!«
    »Guten Tag, ich fahre zu Großmama!«
    Ich hebe die Hand und balle sie zur Faust. Virginie schiebt ihren Finger hinein.
    »Super! Sieh mal, Mama, sie kann ihn schon festhalten!«
    Wenn ich ihren Finger festhalten kann, warum nicht auch einen Stift? Virginie riecht nach Apfelshampoo, ich stelle mir vor, daß ihr blondes Haar ordentlich frisiert ist und seidig glänzt.
    »Wenn Sie wollen, können wir Sie auf dem Weg zu Virginies Großmutter am Flughafen absetzen, das ist kein großer Umweg«, schlägt Hélène vor.
    »Oh, wir wollen Ihnen keine Umstände machen«, protestiert Yvette.
    »Das war Pauls Idee … Wir könnten Sie gegen fünf Uhr abholen.«
    »Wirklich, ich weiß nicht …«
    »Sie wollen doch wohl nicht extra ein Taxi nehmen. Das muß ja nicht sein.«
    »Wirklich sehr nett von Ihnen. Virginie, möchtest du etwas Apfelkuchen?«
    »Jaaa!«
    »Ja bitte«, korrigiert Hélène sie müde.
    Yvette geht, gefolgt von Hélène, in die Küche, wo ich die beiden flüstern höre. Geheimnisse?
    »Jetzt, wo der Kommissar tot ist, werden sie die Bestie der Wälder nie fangen«, raunt mir Virginie zu. »Aber sie wird nicht bei meiner Großmama sein, ich freue mich, daß ich zu ihr fahre. Renaud auch. Er hat Großmama immer gern gehabt. Weißt du, daß es zwei Kommissare gab? Einen echten und einen falschen? Der junge Polizist hat es Mama erzählt. Er ist sehr nett. Er hat mir einen Erdbeerkaugummi geschenkt. Dann wollte er wissen, ob ich den falschen Kommissar kenne. Das war eine dumme Frage. Natürlich kenne ich ihn, er war ja der Kommissar. Er hat mich so viele Sachen über alle Leute gefragt, über meine Eltern, über dich, über Jean Guillaume, Yvette, Stéphane, Sophie und alle Kinder. Ich hatte die Nase voll von ihm. Ich hab’ überhaupt nicht verstanden, was er von mir wollte. Als würde ich es ihm sagen! Renaud stand die ganze Zeit hinter ihm und schnitt über seine Schulter hinweg Grimassen, da mußte ich lachen.«
    Ich stelle mir den halbverwesten Renaud vor, wie er Grimassen schneidet. Sehr lustig.
    »Zum Schluß habe ich dann gesagt, ich bin müde. Er ist böse geworden und hat gemeint, wenn ich etwas verberge, kann ich ins Gefängnis kommen, aber ich verberge nichts, ich habe ja nichts gestohlen. Und die Bestie der Wälder wird sich jetzt ruhig verhalten, da bin ich ganz sicher.«
    »So, hier ist ein schönes, großes Stück Kuchen!«
    Virginie läuft zu Yvette, die ihr Gedeck auf den Tisch stellt. Warum sollte sich die Bestie der Wälder (was für ein idiotischer Name!) jetzt in Sicherheit wiegen? Weil Tony Mercier demaskiert wurde und sein kleines Spielchen nicht fortsetzen kann. Ja, alles paßt zusammen.
    »Nein danke, ich möchte keinen Kuchen«, sagte Hélène. Sie scheint nervös. Plötzlich legt sie mir die Hand auf den Arm und flüstert:
    »Wenn ich daran denke, daß dieser Mistkerl die ganze Zeit hier war, ganz in der Nähe! Wenn ich daran denke, daß er uns drei beobachtet, Virginie nachspioniert hat … Das muß für ihn ein Hochgenuß gewesen sein. Ich hoffe, sie werden ihn bald fassen!«
    Ihre Stimme klingt so haßerfüllt, daß ich erschaudere. Yvette schwatzt noch ein Weilchen mit den beiden, dann gehen sie. Also bis heute Abend, tschüs.
    »Die arme Hélène ist wirklich leichenblaß!«
    Das Wort ist nicht besonders glücklich gewählt, aber gut …
    »Ich weiß, daß es unsinnig ist, aber bisweilen frage ich mich …«
    Yvette zögert und fährt dann fort:
    »Ich mag mich ja täuschen, aber manchmal habe ich den Eindruck, daß sie dem Bier ein wenig zu sehr zuspricht. Und diese große, schwarze Sonnenbrille … Der Sommer ist doch schon vorbei. Solche dunklen Brillen setzt man auf, um sein schlechtes Aussehen zu verbergen … Ich hatte eine Cousine, die den Alkohol schlecht vertrug, sie fiel immer auf der Treppe hin oder in der Dusche, und setzte dann eine solche Brille auf, damit man ihr blaues Auge nicht bemerkte …«
    Der Alkohol oder Pauls lose Hand? Ich habe schon gehört, wie er sie geohrfeigt hat. Und ist es nicht so, daß Kinder, die geschlagen wurden, dasselbe Verhältnis zu ihrem Ehepartner aufbauen? Und ihr erster Mann Tony ist

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