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Im Dunkel der Waelder

Im Dunkel der Waelder

Titel: Im Dunkel der Waelder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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eine Welt wir leben! Sie wollen Virginie zu ihrer Großmutter schicken. Hélène will nicht wegfahren, sie will bei Paul bleiben, nun, Sie wissen ja, wie nervös sie ist. Na ja, jetzt verstehe ich sie besser, wenn der Vater des eigenen Kindes ein Mörder ist, da kann man schon mal die Nerven verlieren …«
    Das glaube ich auch. Es ist gut, daß sie Virginie wegschicken. Ich bin wirklich betroffen. Statt froh darüber zu sein, daß der Fall so gut wie aufgeklärt ist, denn Tony Merciers Verhaftung steht sicher unmittelbar bevor, bin ich ziemlich deprimiert. Eine häßliche Geschichte.

    Wie spät ist es? Ich kann nicht schlafen. Wenn ich mich bewegen könnte, würde ich mich im Bett hin- und herwälzen. So begnüge ich mich damit, nervös die Hand zu öffnen und zu schließen. Yvette hat mich gegen 22 Uhr zu Bett gebracht. Doch ich habe den Eindruck, daß es mindestens 2 Uhr morgens ist. Ich kann kein Auge zutun.
    Als Tony Mercier hierhergezogen ist, mußte er sich zunächst irgendeine Identität zulegen. Er ist schließlich nicht als Kommissar Yssart verkleidet angereist. Er hat sich vermutlich erst hier niedergelassen, schließlich angefangen zu morden und dann später beschlossen, sich als Yssart auszugeben.
    Aber warum hat er Migoin getötet? Warum nicht Paul? Ich habe den Eindruck, wenn ich ein Geistesgestörter wäre, der unter krankhafter Eifersucht leidet, würde ich es so einfädeln, daß man den Mann meiner Ex-Frau des Mordes beschuldigt und nicht einen anständigen Kerl wie Stéphane …
    Außer: 1. Stéphane würde mich verdächtigen, oder 2. Stéphane wäre der Liebhaber meiner Ex-Frau gewesen – das heißt Hélènes Liebhaber …
    Das eröffnet ganz neue Perspektiven. Man könnte sich sogar eine Kombination beider Hypothesen vorstellen.
    Wenn ich bedenke, daß ich sogar so weit gegangen bin, den Ehemann meiner besten Freundin und den Verlobten meiner hingebungsvollen Pflegerin zu verdächtigen! Paul Fansten und Jean Guillaume.
    Und Sophie? Was hat Sophies Leiche mit alldem zu tun? Also doch ein richtiger Selbstmord? Einfach wegen des Ehebruchs? Ein Streit mit Manu? Oder hat Tony auch Sophie getötet, um den gegen Stéphane bestehenden Verdacht zu erhärten? Kann ein entlaufener Irrer so skrupellos sein? Antwort: Ja! Sonst wäre er ja nicht darauf gekommen, sich als Kommissar auszugeben.
    Andererseits hätte er, wie Gassin ganz richtig bemerkt hat, selbst wenn er unschuldig gewesen wäre, bei seiner Vorgeschichte nicht die geringste Chance gehabt.
    Und wenn er nun den Mord in Marseille nicht begangen hat? Warum sollte er dann hierherkommen? Warum sollte er sich als Kommissar ausgeben? Nein, er muß es zwangsläufig gewesen sein, es gibt keine andere logische Erklärung: Ich darf nicht anfangen, völlig unwahrscheinliche Hypothesen aufzustellen.
    Aber trotzdem: Warum hat man ihn nicht von Anfang an verdächtigt? Wenn man weiß, daß die Stiefmutter eines der Opfer mit einem Mörder zusammengelebt hat … Nein, bin ich dumm: Sie wußten es ja nicht. Hélène hat niemandem etwas von Tony erzählt, außerdem konnte sie ja nicht ahnen, daß er aus dem Krankenhaus geflohen war, sie glaubte ihn hinter Schloß und Riegel, also gab es keinen Grund, all den Schmutz wieder aufzuwühlen.
    »Das Wetter ist wunderbar!« ruft Yvette und öffnet die Fensterläden. Ich kann mich nicht daran erinnern, eingeschlafen zu sein und habe das Gefühl, die ganze Nacht über gegrübelt zu haben.
    Das Ankleide- und Frühstücksritual. Yvette ist heute nicht besonders gesprächig, macht nichts, ich bin sowieso schlecht gelaunt. Sie fährt mich ans Wohnzimmerfenster, damit ich hinter der Scheibe die Sonne genießen kann. Yvette ist sicher dabei, die Koffer für den Aufenthalt bei meinem Onkel zu packen. Ob sie Yssart wohl bald schnappen? Nachdem er sechs Monate unbehelligt gelebt hat, wird er sich jetzt vielleicht auch nicht so leicht in die Enge treiben lassen. Vor allem, da Gassin erst einmal seine Vorgesetzten und den Richter von seiner außergewöhnlichen Theorie überzeugen muß …
    Telefon.
    Nachdem sie aufgelegt hat, erzählt mir Yvette, daß Hélène und Virginie heute mittag vorbeikommen, um sich von mir zu verabschieden.
    Wenn mich Yvette nicht an jenem Maitag in den Schatten eines Baumes auf dem Parkplatz vor dem Supermarkt gestellt hätte, hätte ich Virginie nie kennengelernt, und ich wüßte nicht mehr von der ganzen Geschichte als das, was man im Fernsehen hört. Statt dessen bin ich in den Strudel der Ereignisse,

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