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Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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nicht das geringste gegen Sie vor«, sagte ich.
    »Wer scheißt sich denn um so was?« sagte er.
    »Wer hat den Auftrag erteilt?« fragte ich.
    »Geben Sie mir ’n Stift und ’n Blatt Papier«, erwiderte er.
    Ich legte mein Notizbuch und den Filzstift vor ihm hin und schaute einen der Wachmänner an. Er schüttelte den Kopf.
    »Wir brauchen das, Sir«, sagte ich.
    Er schniefte einmal, löste Hookers rechte Hand von der Kette um seinen Bauch, trat dann zurück und legte die Hand auf den Griff seines Schlagstocks. Hooker beugte sich über den Block und schrieb überraschend flüssig einen einzigen Satz:
Sie sagen mir, wem Sie an den Arsch wollen, und ich krieg ihn für Sie dran
.
    »Schlecht ausgedrückt«, sagte ich und riß den Zettel ab.
    »Emile hat einen 223er Karabiner benutzt. Er hat Marsallus im Visier gehabt, in der Telefonzelle, aber er hat’s verpatzt«, sagte er.
    »Wegen zwei Jahren Knast wollen Sie Pogue ans Messer liefern?« fragte ich.
    Er ballte die von der Kette befreite Hand, daß die Adern an seinem Unterarm anschwollen, als ob er sie künstlich aufbliese.
    »Ich hab Aids im Anfangsstadium. Ich will das nicht hier drin durchstehn«, sagte er. »Worauf läuft’s raus?«
    »Wir denken drüber nach«, sagte Helen.
    Mit einemmal lief ihm die Nase. Er wischte sie mit dem Handrücken ab und lachte leise vor sich hin.
    »Was ist so komisch?« fragte ich.
    »Ihr denkt drüber nach? Is ja klasse. Ich tät da nicht bloß drüber
nachdenken
, Muffie«, sagte er. Seine Augen funkelten.
    »Du hast meine Tiere umgebracht«, sagte sie.
    Er drehte sich zu einem der Wachmänner hinter sich um. »Hey, Abner, entweder du holst mir ’n Rotztuch, oder du bringst mich wieder in meine Zelle zurück«, sagte er.
    Der Sheriff lag auf der Intensivstation, als Helen und ich ihn am nächsten Morgen im Iberia General besuchten. Kanülen führten in seine Venen, Sauerstoffschläuche steckten in seiner Nase; ein Sonnenstrahl fiel quer über seinen Unterarm, als wolle er dem Grauton seiner Haut hohnsprechen. Er sah nicht nur angegriffen aus, sondern wirkte irgendwie auch kleiner, so als sei das ganze Knochengerüst geschrumpft, schaute mit hohlen Augen vor sich hin, auf Sorgen und Nöte konzentriert, die unmittelbar vor seinem Gesicht zu schweben schienen wie wimmelnde Würmer.
    Ich setzte mich dicht neben sein Bett, so daß ich seinen Atem riechen konnte, der mich an welkende Blumen erinnerte.
    »Erzählen Sie mir von Hooker«, flüsterte er.
    »Zur Zeit sollten sich lieber andere Leute mit diesen Typen rumärgern, Skipper«, sagte ich.
    »Erzählen Sie.«
    Ich machte es so kurz und einfach wie möglich.
    »Sagen Sie das letzte noch mal«, sagte er.
    »Er hat den Ausdruck ›Neuner-Mike‹ für eine Neun-Millimeter gebraucht«, sagte ich. »›Mike‹ ist ein Begriff aus dem alten Militäralphabet. Der Kerl stammt aus der gleichen Talentschmiede wie Emile Pogue und der Mann namens Jack.«
    Er schloß die Augen, schlug sie wieder auf, befeuchtete seine Lippen und wollte noch etwas sagen. Er drehte den Kopf herum, bis er mir in die Augen schauen konnte. Er war unrasiert, und auf seinen hohlen Wangen waren rote und blaue Äderchen, die wie kleine Fäden wirkten.
    »Letzte Nacht hab ich Leuchtkugeln über einem verschneiten Feld voller toter Chinesen explodieren sehen«, sagte er. »Ein Plünderer war grade dabei, ihre Hosentaschen umzudrehen.«
    »Es war bloß ein Traum«, sagte ich.
    »Nicht bloß ein Traum, Dave.«
    Ich hörte, wie Helen aufstand, spürte ihre Hand auf meiner Schulter.
    »Wir sollten gehen«, sagte sie.
    »Ich hab mich falsch verhalten. Aber Sie auch«, sagte er.
    »Nein, es war mein Fehler, Sheriff, nicht Ihrer«, sagte ich.
    »Ich hab es mit der Staatsanwaltschaft geregelt. Lassen Sie sich von niemandem was anderes erzählen.«
    Er hob die Hand von der Bettdecke hoch. Sie fühlte sich klein und leblos an.
    Doch ich ging am nächsten Tag nicht ins Büro. Statt dessen fuhren Batist und ich mit meinem Boot den Bayou Teche hinunter, mitten durch die weite, grüne Pracht der Marschen, wo Blaureiher und Kraniche über versunkene Gummibäume und die rostigen Wracks der Ölkähne dahinglitten, in die West Cote Blanche Bay und hinaus in den Golf, während ein Gewitterschauer niederging, der wie glasierter Rauch im Licht der Morgensonne hing.
    Mein Vater Aldous war ein altgedienter Ölarbeiter gewesen, der Nachtschicht oben auf dem Turm geschoben hatte, hoch über der Bohrplattform und den rollenden schwarzen Wogen

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