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Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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feuerrot entzündet.
    Als ich eine Stunde später zu meinem Pickup ging, scherte Helen Soileau mit ihrem Streifenwagen aus dem Verkehrsstrom aus und hielt am Straßenrand. Sie beugte sich herüber und öffnete die Beifahrertür.
    »Steig ein«, sagte sie.
    »Stimmt was nicht?«
    »Der Alte hat ’n Herzanfall gehabt. Er ist um vier Uhr früh aufgestanden und wollte sich ein Brot machen. Seine Frau hat es bloß krachen gehört, als er über den Küchentisch gefallen ist.«
    »Wie schlimm hat’s ihn erwischt?«
    »Die mußten Elektroschocks einsetzen. Um ein Haar hätten sie ihn nicht wieder zurückgeholt.«
    Ich schaute durch die Windschutzscheibe auf den ruhig dahinfließenden Verkehr, auf die Menschen, die in die Schaufenster blickten, und schämte mich beinahe, als ich spürte, wie der ganze Groll und Mißmut, den ich mir nicht eingestanden hatte, verflog, so als löse sich die Ascheschicht von einem ausgeglühten Stück Holzkohle. »Wo ist er jetzt?« fragte ich.
    »Im Iberia General ... Moment mal, da fahren wir aber jetzt nicht hin. Er will, daß wir jemand vernehmen, der in einem Bezirksgefängnis in Osttexas einsitzt.«
    »Wir?«
    »Du hast’s kapiert, Süßer.«
    »Ich muß mit ihm reden, Helen.«
    »Später, wenn wir zurück sind. Diesmal machen wir’s so, wie er will. Komm schon, raff dich auf, du bist im Dienst, Streak.«
    Das Bezirksgefängnis war ein altes, einstöckiges Gebäude aus weißen Ziegeln, das nördlich von Orange, Texas, lag, unmittelbar auf der anderen Seite des Sabine River. Vom Empfangsraum im ersten Stock konnten Helen und ich den Hof sehen, die mit Natodrahtspiralen bestückte Ziegelmauer und die umliegenden Felder, die violett-grün im Frühlingsregen schimmerten. Zwei Wachen in Khakiuniformen, aber ohne Waffen, überquerten den Hof und schlossen eine schmiedeeiserne, mit einem schmalen Schlitz versehene Tür auf, an deren Pfosten rostrote Streifen herunterliefen. Sie legten dem barfüßigen, hünenhaften Mann, der Jerry Jeff Hooker hieß, Hüft- und Fußketten an, worauf er zwischen ihnen einhertrottete, als habe er eine Kanonenkugel zwischen den Beinen hängen.
    Als ihn die Wachen, zwei finstere Hinterwäldler mit verkniffenen Augen, in den Empfangsraum brachten, an einen zerschrammten Tisch setzten, eine weitere Kette um seinen Bauch schlangen und sie hinter dem am Boden verankerten Stuhl zusammenschlössen, sagte ich, sie könnten uns von mir aus allein lassen.
    »Erzähln Sie das mal dem Niggerkapo, dem er den Arm an der Kloschüssel gebrochen hat«, sagte der eine und baute sich anderthalb Meter hinter Hooker auf.
    »Wollen Sie, daß wir die Sache übernehmen, Jerry Jeff?« fragte ich.
    Seine Haut war bleich und teigig, grüne Drachenmuster überzogen die mächtigen Arme, und die buschigen, hellblonden Augenbrauen wirkten so wulstig wie bei einem Neandertaler.
    »Ich war der Kutscher bei dem Marsallus-Job«, sagte er. »Ich sag gegen Emile Pogue aus, wenn ich wegen dem tödlichen Unfall davonkomm.«
    »Kutscher?« sagte ich.
    »Ich bin gefahren. Emile hat ihn abgeknallt.«
    »Die Zeugen sagen aus, daß zwei Mann geschossen haben«, sagte Helen.
    »Es war bloß einer«, erwiderte er.
    »Wir wissen nicht recht, ob wir Ihnen diese Aussage abkaufen können, Jerry Jeff«, sagte ich.
    »Das is euer Problem.«
    »Sie haben eine Mordanklage am Hals«, sagte Helen.
    »Marsallus is nicht tot.«
    Ich spürte, wie mein Herz einen Takt schneller schlug. Er schaute mir ins Gesicht – als sehe er es zum erstenmal.
    »Er hat in den Wellen noch um sich geschlagen, als wir weg sind«, sagte er. »Ein Typ in New Orleans, Tommy Carrol hat er geheißen, is dieser Tage mit ’ner Neuner-Mike abgeknallt worden. Das is das Markenzeichen von Marsallus.«
    »Sind Sie beim Militär gewesen?« fragte ich.
    »Zwölfender«, antwortete er. Er versuchte sich trotz der Ketten aufzurichten. Keuchend atmete er aus. »Hören Sie, die Leute hier sagen, daß ich mindestens zwei Jahre einfahre.«
    »Ist doch gar nicht so übel für jemanden, der eine rote Ampel überfahren und eine siebzigjährige Frau getötet hat«, sagte ich.
    »Aber das hock ich in Huntsville ab, mein Guter, mit der Mexenmafia und den Brüdern von der schwarzen Befreiungsfront. Als Weißer kannst du da bloß zu den Arierbrüdern gehn oder in Einzelhaft. Da scheiß ich drauf.«
    Helen und ich nahmen kurz Blickkontakt auf.
    »Sie sind ein mit allen Wassern gewaschener Lumpenhund, aber Sie sind nicht vorbestraft. Genaugenommen liegt in den Akten

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