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Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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recht. Es gibt eine undichte Stelle. Wie wär’s mit dem Arschgesicht, das bei den Stoppelhopsern war?« sagte er.
    »Rufus Arceneaux?« fragte Helen.
    Clete und ich fuhren in der Morgendämmerung nach New Orleans, bogen an der St. Charles Avenue vom I-10 ab und steuerten in Richtung Garden District, vorbei an dem zauberhaften alten Pontchartrain-Hotel und den schmucken Häusern, teils aus der Zeit vor dem Bürgerkrieg stammend, teils frühviktorianisch, mit den schmalen Säulengalerien und den mit Eichen bestandenen Gärten, die selbst im Sommer tief im Schatten lagen. Wir bogen nach links ab, über den Mittelstreifen und die Straßenbahngleise, und überquerten die Prytania Street, die Straße, in der Lilian Hellman aufgewachsen ist, fuhren dann die Magazine Street entlang, wo einst die Schiffe entladen wurden, in den Irish Channel, auf den Uferdamm zu und in ein anderes New Orleans – eine Stadt aus lauter ungestrichenen, aus dem späten neunzehnten Jahrhundert stammenden Holzhäusern mit gerippten Fensterläden und Gärten aus festgetretener Erde, dazu aus Brettern zusammengenagelte Eckkneipen, die niemals schlossen oder die Weihnachtsbeleuchtung abhängten, klapprige Barbecuebuden, die bereits um neun Uhr morgens nach Hickoryholz und Rippchen rochen, und mit Graffiti beschmierte Schnapsläden, deren Fenster vergittert waren wie Gefängniszellen.
    Ich hielt vor dem Haus, dessen Adresse Luke Fontenot mir gegeben hatte. Kurz zuvor war in der Gegend ein Gewitterschauer niedergegangen, und die Luft war grau und feucht, und von den Dächern stieg der Dampf auf wie Rauch im Winter. Clete kurbelte das Fenster herunter und musterte blinzelnd die Umgebung – die kaffeebraunen, verwitterten Häuser, die fast alle gleich aussahen, einen baufälligen, von Bananenstauden überwucherten und mit einem Blechdach gedeckten Tanzschuppen an der Ecke, einen älteren Schwarzen in einem abgerissenen Anzug, mit Turnschuhen und einer Baseballkappe, der auf einem Fahrrad mit platten Reifen ziellos die Straße auf und ab fuhr. Ich konnte Licht und Schatten auf Cletes Gesicht sehen, wie Spiegelungen in einem zugefrorenen Fenster.
    »Es heißt, wenn man am Samstag abend einmal schwarz gewesen ist, will man nie wieder weiß werden«, sagte er.
    »Normalerweise hörst du das aber nur von Weißen, wenn sie mal wieder den Gärtner übers Ohr gehauen haben«, sagte ich.
    »Unser Haus war eine Straße weiter drüben.«
    Ich wartete, daß er fortfuhr, aber es kam nichts.
    »Willst du mit reingehen?« fragte ich.
    »Nein, das ist deine Sache. Ich besorg mir eine Tasse Kaffee.«
    »Macht dir irgendwas zu schaffen?«
    Er lachte laut und herzhaft, rieb sich mit dem Fingerknöchel die Nase. »Mein alter Herr hat mir mal die Hucke voll gehaun, weil ich vor dem Tanzschuppen da seinen Bierkrug fallen gelassen habe. Das war vielleicht ein Typ. Für Nostalgie hab ich noch nie viel übrig gehabt, Streak.«
    Ich schaute ihm nach, als er auf den Uferdamm zuging, den Porkpie-Hut schief auf dem Kopf, das Gesicht in den Wind gereckt, der vom Fluß her wehte, seine Gefühle fest im Griff – abgeschottet an einem sicheren Ort tief innen, zu dem ich noch nie vorgedrungen war.
    Ruthie Jean wohnte in einem einstöckigen Haus mit einer Feuerleiter, die als Aufgang zum Obergeschoß diente, einer Veranda, auf der Wäsche zum Trocknen hing, und einem mit Rosen umrankten Torbogen, von dem die Farbe abblätterte.
    Ein Streifenwagen mit dem Halbmondemblem des New Orleans Police Department auf der Tür und einem weißen Cop mit einem blauen Hemd am Steuer rollte vorbei, als ich meinen Pickup abschloß.
    »Kann ich Ihnen helfen?« fragte der Polizist.
    Ich klappte das Etui mit meiner Dienstmarke auf.
    »Bin im Dienst«, sagte ich und lächelte.
    »Legen Sie sich ’ne dunklere Hautfarbe zu, wenn Sie nach Einbruch der Dunkelheit hierherkommen«, sagte er.
    »Danke«, sagte ich, kam mir vor, als ob ich einer verschworenen Gemeinschaft angehörte, und schämte mich zugleich wegen meiner Reaktion.
    Einen Augenblick später öffnete Ruthie Jean die Tür am Kopf der Feuerleiter. Sie trug neue Bluejeans mit einem silberbeschlagenen Westerngürtel, weiße Tennisschuhe, eine dunkelorange Bluse und goldene Ohrreifen. Diesmal wirkte ihre Miene weder wütend noch ungehalten – ich hatte vielmehr das Gefühl, daß sie mich erwartete.
    »Ich muß mit Ihnen über Moleen reden«, sagte ich.
    »Sie geben aber auch nie auf.«
    »Sie müssen nicht mit mir reden, Ruthie Jean.«
    »Das weiß

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