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Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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die Zierschwerter und verschnörkelten Flintenschlösser hatten allesamt Menschen gehört, die irgendwo in der Karibik von ihrem Schicksal ereilt worden waren.
    Ein, zwei Generationen später würden die Ufer des Spanish Lake und des Bayou Teche von Plantagen gesäumt sein und die Menschen von goldenen Tellern speisen, deren Herkunft nur mehr der Reiz des Absonderlichen umgab. Die Sklaven, die in den Sägewerken, auf den Zuckerrohrfeldern und den Salzhalden draußen in den Marschen arbeiteten, beherrschten die Landessprache und hatten sich die Namen ihrer Besitzer zugelegt. Und nur noch in der mündlichen Überlieferung, durchsetzt mit biblischen Geschichten und allerlei christlichen Allegorien, sollte von dem Tag die Rede sein, da auf einem Fluß in Westafrika, inmitten grüner Hügel und Tausender Vögel, ein großes Schiff mit weißen Segeln auftauchte. Bis man ihn schließlich ganz vergaß.
    Ich glaubte an diesen Traum. Ich erinnerte mich an die Eichen unterhalb des alten Voorhies-Anwesens, aus deren Borke die mit mächtigen Nägeln an den Stämmen festgehauenen Muringketten wucherten wie kalkverkrustete rostige Schlangen. Im Lauf der Jahre waren die Ketten immer tiefer in die Stämme eingewachsen, wie orange Zysten inmitten von lebendem Gewebe – wie uneingestandene, unverziehene Sünden.
    Beim Frühstück am Samstag morgen sagte Bootsie: »Oh, hab ich ganz vergessen, Dave. Julia Bertrand hat gestern abend angerufen. Sie hat uns für nächsten Samstag in ihr Camp draußen auf Pecan Island eingeladen.«
    Das Küchenfenster stand offen, und der Himmel war voller weißer Wolken.
    »Was hast du gesagt?« fragte ich.
    »Ich fand die Idee ganz nett. Wir sehen uns nicht allzuoft.«
    »Hast du ihnen zugesagt?«
    »Nein, hab ich nicht. Ich hab gesagt, ich muß mich erst erkundigen, ob du irgendwas vorhast.«
    »Wie wär’s, wenn wir’s sausenließen?«
    »Das sind nette Leute, Dave.«
    »Irgend etwas ist da draußen auf Moleens Plantage nicht in Ordnung.«
    »Na schön, ich ruf sie zurück.« Sie versuchte sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen.
    »Vielleicht liegt es bloß an mir, Bootsie. Mit deren Welt bin ich noch nie recht klargekommen.«
    »Deren
Welt?«
    »Sie glauben, daß sie niemandem Rechenschaft schulden. Moleen macht meiner Meinung nach immer den Eindruck, als ob er in höheren Sphären schwebt.«
    »Was willst du damit sagen?«
    »Gar nichts. Ruf Julia an, und sag ihr, daß wir rauskommen.«
    »Dave«
, sagte sie, und ihre Stimme wurde einen Ton schärfer.
    »Glaub mir, es gehört einfach dazu. Also probieren wir’s aus.«
    »Ich glaub, ich arbeite heut morgen lieber ein bißchen im Garten«, sagte sie.
    In dieser Nacht regnete es heftig, und kurz vor dem Einschlafen meinte ich ein Motorboot zu hören, das am Bootssteg vorbeifuhr. Als der Regen aufhörte, war die Luft feucht und drückend, und eine Nebelschicht hing dick wie Watte über dem Bayou. Kurz nach Mitternacht klingelte das Telefon. Ich schloß die Schlafzimmertür hinter mir und meldete mich von dem Apparat im Wohnzimmer aus. Im Haus war es kühl und dunkel, und das Wasser tröpfelte vom Blechdach auf die Veranda.
    »Mister Robicheaux?« meldete sich eine Männerstimme.
    »Ja. Wer spricht da?«
    »Jack.«
    »Jack?«
    »Sie haben eine Hundemarke gefunden. Wir haben versucht, Ihren Freund rauszuholen. Wollen Sie was drüber hören?« Er sprach völlig akzentfrei, ohne jede Gefühlsregung.
    »Was wollen Sie, Partner?«
    »Ein paar Sachen erklären, die Sie wahrscheinlich nicht begreifen.«
    »Kommen Sie am Montag ins Büro. Und rufen Sie mich nicht noch mal zu Hause an.«
    »Schaun Sie mal vorne aus Ihrem Fenster raus.«
    Ich zog den Vorhang auf und starrte in die Dunkelheit. Ich sah lediglich den Dunst, der auf dem Bayou lag, und ein verwaschenes rotes Glühen draußen im Sumpf, wo eine Ölförderstelle das Gas abfackelte. Dann schaltete unten am Bootssteg ein großer, knochiger Mann mit Regenmantel und Hut eine Taschenlampe ein und richtete sie auf sein Gesicht. Er hatte ein Funktelefon am Ohr, und sein Gesicht wirkte weiß und von tiefen Furchen durchzogen, wie Pappmaché, das jeden Moment bricht. Dann schaltete er das Licht aus. Ich nahm den Hörer wieder in die Hand.
    »Sie halten sich unbefugt auf meinem Anwesen auf. Ich möchte, daß Sie gehen«, sagte ich.
    »Kommen Sie runter zum Bootssteg.«
    Laß dich nicht drauf ein
, dachte ich.
    »Richten Sie die Lampe auf Ihr Gesicht und halten Sie die Arme vom Körper weg«, sagte

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