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Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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ein Stück die Straße runter ließ jemand einen elektrischen Unkrautjäter laufen, der so nervenzerreißend schrill wie ein Zahnarztbohrer klang. Patsy Dapolito ist in New Iberia, und keiner hat mir Bescheid gesagt, dachte ich. Aber warum auch? Wir machten das doch ständig. Wir setzten Sittenstrolche, Pädophile und Mörder gegen eine selbst ihrer Einschätzung nach geringe Kaution wieder auf freien Fuß und verständigten nur selten die Opfer oder die Zeugen ihrer Tat.
    Man braucht nur jemanden zu fragen, der es schon mal mitgemacht hat. Oder noch besser, man frage die Opfer beziehungsweise die Überlebenden, wie ihnen zumute ist, wenn sie denjenigen, die ihnen soviel Leid angetan haben, auf der Straße begegnen, an der frischen Luft, mitten im üblichen Verkehrsstrom, im Alltag, und ihnen klar wird, wie ernst es die Gesellschaft im Umgang mit ihrem ganz speziellen Elend meint. Es ist ein Augenblick, den niemand so leicht vergißt.
    Ich wälzte bittere und sinnlose Gedanken.
    Aber mir war auch klar, woher meine Grübelei rührte. Das Wort
verunstaltet
wollte mir nicht mehr aus dem Kopf gehen. Ich versuchte mir vorzustellen, welche Gedanken Patsy Dap wälzte, wenn er sein Gesicht im Spiegel sah.
    Ich half Batist, die Bier- und Colaflaschen in die Kühlboxen zu packen und die Asche aus dem Grill zu schaufeln. Dann setzte ich mich mit einem Glas Eistee an einen der Kabelrollentische im Schatten und dachte über Cletes Angebot nach.

19
    Am nächsten Morgen fuhr ich hinaus zur Bertrandschen Plantage, um mit Ruthie Jean zu reden, doch sie war nicht daheim. Ich ging zum Nachbarhaus und klopfte an Berties Fliegengittertür.
    Als sich niemand meldete, ging ich zur Rückseite und sah gerade noch, wie sie schwerfällig von der Verandakante aufstand. Ihr Bauch quoll zwischen der lila Stretchhose und dem überdimensionalen weißen T-Shirt heraus. Sie zog eine Sichel aus dem Boden und fing an, die dürren Blätter an der Bananenstaude abzuhacken, die dick und fett an der Hauswand wucherte.
    Doch ich hatte den Eindruck, daß sie mit etwas anderem beschäftigt gewesen war, ehe sie mich gesehen hatte.
    »Ich mach mir Sorgen um Ruthie Jean, Bertie«, sagte ich. »Ich glaube, sie hat einen Mann namens Jack verarztet, der in dem Wohnwagen hinter der Kneipe gestorben ist. Womöglich hat sie dort etwas gehört oder gesehen, über das sie nach Ansicht anderer Leute lieber nicht reden sollte.«
    »Ham Sie ihr das schon gesagt?«
    »Sie will nicht hören.«
    »Man kann sich über zweierlei aufregen. Über das, was
vielleicht
passiert, und über das, was
tatsächlich
passiert is. Ihr Weißen macht euch immer Sorgen über das, was vielleicht passieren könnte. Das is nicht bei jedem so, nein.«
    »Da komm ich nicht mit.«
    »Es is nicht schwer«, sagte sie. Sie riß ein Büschel brauner Blätter ab und schlug dann einen Strunk glatt mittendurch. Aus dem Schnitt quoll grünes Wasser.
    Auf dem Holzboden der Veranda sah ich ein viereckiges rotes Flanelltuch liegen, mitten darauf ein Wurzelstück und eine Handvoll Erde. Ich bemerkte, daß mich Bertie aus den Augenwinkeln beobachtete, als ich näher zu dem Flanelltuch ging.
    Unter die Erdkrumen waren Haarsträhnen gemischt, dazu offenbar ein Hemdknopf und eine glänzende Nadel voller Blut.
    »Ich will mal raten – Erde aus einem Grab, die Wurzel vom Giftbaum und die Nadel für Leid und Elend«, sagte ich.
    Sie hackte auf die toten Strünke ein und warf das dürre Kraut hinter sich.
    »Haben Sie Moleens Haare und den Hemdknopf aus dem Schuppen hinter den Bäumen?« fragte ich.
    »Ich will ja nicht rumkritteln. Aber Sie kommen hier raus und führn sich dumm auf. Sie tun so, als ob Sie Bescheid wissen, dabei albern Sie bloß rum. Für uns is das kein Spaß.«
    »Meinen Sie etwa, daß Ihr Problem gelöst ist, wenn Sie Moleen mit einem Gris-Gris belegen?«
    »Ihn trifft’s bloß deswegen, weil sie nix hier draußen gelassen hat, damit ich sie damit belegen kann.«
    »Wer?«
    »Julia Bertrand.« Sie spie den Namen förmlich aus. »Die is heut früh schon mal dagewesen. Mit dem Mann, der ein paar Türen neben Ihnen sitzt. Ruthie Jean hat aus ihrem Haus rausgemußt. Wie finden Sie das?«
    Ich atmete laut aus.
    »Das hab ich nicht gewußt«, sagte ich.
    Sie schmiß die Sichel in das Blumenbeet.
    »Genau das mein ich«, sagte sie und ging ins Haus.
    Ein paar Minuten später, fast so, als habe Bertie vorgehabt, mir eine Lehrstunde über das wahre Leben auf einer Familienplantage zu erteilen, sah ich

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