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Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Vorschriften mag. Sie sind weiter an der Sache drangeblieben, obwohl Sie offiziell vom Dienst suspendiert waren, oder nicht?«
    Ich sah wieder Rufus Arceneaux’ Gesicht vor mir, als er sich über den Sitz von Julias Wagen gebeugt und mich mit seinen grünen Augen, die vor Ehrgeiz und lang angestauter Erbitterung funkelten, angeschaut hatte.
    »Sie verschweigen mir doch etwas, Sheriff.«
    »Ich konnte Sie nicht mehr decken, Dave. Ich habe denen erzählt, daß Sie und Purcel Sweet Peas Caddy präpariert und sich einen Durchsuchungsbefehl erschlichen haben.«
    »Bin ich gefeuert?«
    »Sie dürfen von sich aus die Kündigung einreichen. Ich muß sie bis fünf auf meinem Schreibtisch liegen haben.«
    Ich schlug mir die Hände auf die Schenkel.
    »Von wegen einen Durchsuchungsbefehl erschlichen«, sagte ich. »Ich bin darauf gekommen, daß das Alteisen, mit dem die Wasserleiche beschwert war, von dem Schrotthaufen neben Sweet Peas Haus stammen könnte. Was ist dabei rausgekommen?«
    »Ich fürchte, das geht Sie nichts mehr an.«
    Draußen ging ein scharfer Wind, und ich sah, wie die Flagge an dem Eisenmast wehte und knatterte, ohne daß man einen Ton hörte.
    »Ich pack noch mein Zeug ein«, sagte ich.
    »Diese Sache hier tut mir sehr leid«, sagte er.
    Ich nickte und öffnete die Tür.
    »Krieg ich von Ihnen diesen Schrieb vorgelegt?« fragte er.
    »Ich glaube nicht«, sagte ich.
    Ich ging zu meinem Büro, holte unterwegs die Post und persönlichen Benachrichtigungen für mich ab, suchte mir in einer Rumpelkammer am Flur einen Pappkarton, schloß mein Büro auf und trat ein.
    Es ging alles ganz schnell, so als ob ein Zug an mir vorbeigerauscht wäre, der eben noch donnernd über die Schwellen gerumpelt ist, seine ganze Hitze auf den Schienenstrang überträgt, einen Tunnel aus Tönen und Energie erzeugt, die so intensiv ist, daß sich die Gleise wie bronzene Lakritze unter den Rädern zu biegen scheinen – dann jähe Stille, so als lege einem jemand die Hand über die Ohren, eine weite, grasbewachsene Ebene, die nach Staub und Holzteer riecht, ein hellerleuchteter Salonwagen, der in der Prärie verschwindet.
    Oder einfach ein Mann, der mit einem Karton auf der Schulter durch die Glastür auf den sonnenüberfluteten Parkplatz geht, ohne daß jemand besondere Notiz von ihm nimmt.
    An diesem Nachmittag zog ein Gewitter über New Iberia hinweg. Ich schickte Batist heim, machte den Bootsverleih dicht, schaltete den Fernseher ein, der auf einer Kühlbox für Sodawasser und Grillfleisch im Laden stand, und stellte einen Nachrichtensender ein. Ein Lastwagen mit drei weißen Männern war in eins der schwarzen Wohngebiete in Südafrika eingedrungen und von irgendeiner schwarzen Miliz unter Beschuß genommen worden. Die Aufnahmen waren atemberaubend. Einer der Weißen war schon tot; zusammengesackt und mit seltsam schiefer Miene, weil die Hupe an sein Gesicht drückte, hing er über dem Lenkrad. Die beiden anderen lagen auf dem Asphalt. Einer lehnte rücklings an einem Autoreifen und hatte die Hände erhoben, doch er sagte kein Wort. Der andere lag auf dem Bauch und brachte nur mühsam den Kopf hoch, als er die Soldaten ansprach, die um ihn herumstanden. Es war ein großer Mann mit wildem rotem Bart, breiter Nase und wie gegerbt wirkender Haut, und er konnte seinen Zorn kaum bezähmen.
    »Könnt ihr vielleicht einen Scheißkrankenwagen rufen?« sagte er mit britischem Akzent. »Mein Freund ist verletzt. Habt ihr gehört? Wir brauchen einen Krankenwagen, verflucht noch mal. Wie soll ich euch das bloß klarmachen? Ruft in dem verfluchten Krankenhaus an und bestellt einen Krankenwagen ... Ach, das habt ihr schon gemacht, ja? Na dann, besten
Dank
. Meinen allerbesten Dank, verfluchte Scheiße noch mal.«
    Die Milizionäre erschossen ihn und seinen Freund. Der Beitrag wurde später wiederholt, aber die Szene, als der bärtige Mann seine Henker verhöhnte, wurde nicht mehr gezeigt. Statt dessen sagte der Nachrichtensprecher, die Opfer hätten um ihr Leben gebettelt. Dieser Satz wurde den ganzen Nachmittag über ein ums andere Mal wiedergekäut. Ich wartete ständig auf eine Berichtigung. Aber es kam keine, meines Wissens jedenfalls nicht. Da war ein Mann tapfer in den Tod gegangen, und im nachhinein wurde es, entweder der Einfachheit halber oder um der Dramatik willen, so hingestellt, als sei er jämmerlich und elend gestorben. Die Wahrheit war dabei nur allzufrüh auf der Strecke geblieben.
    Was das sollte?
    Ich wußte es selbst

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